Was soll denn daran "armselig" sein, eine First Class Lounge oder eine F-Kabine mit Krawatte zu betreten oder ein geringfügig nach Klassen abgestuftes Kleidungskonzept zu pflegen? Es mag vielleicht nicht zu deiner Modellvorstellung eines 29-Jährigen zu passen, aber ich trage grundsätzlich in der Freizeit, sobald ich das Haus verlasse, selbst wenn ich nur in den Supermarkt gehe oder den Müll zum Container trage, immer lange schwarze Hosen und ein ordentliches Hemd. In meinem Kleiderschrank finden sich ca. 40-60 Hemden (abhängig davon, wie viele gerade bei der Textilreinigung verweilen), die meisten in Langarmausführung, und 5 T-Shirts. Diese wurden nicht selbst gekauft, sondern bei Sport-Events erhalten und werden nur bei sportlicher Betätigung eingesetzt. T-Shirt ist ansonsten für mich ein No Go. Das ist mein Stil und zu respektieren. Da ich mich beim Betreten eines Flugzeugs (egal ob Ryanair oder QR) nicht schlechter kleide als im Supermarkt, gibt es logischerweise nur begrenzte Optimierungsmöglichkeiten für die Premium-Kabinen. So gerne ich bei entsprechenden dienstlichen Anlässen oder bei der Nutzung gehobener kultureller Einrichtungen Anzüge trage, so unpraktisch sind diese im Handgepäck bei Privatreisen. Mein Handgepäck ist grundsätzlich klein (Notebook-Rucksack + Kameratasche). 1-2 Krawatten passen allerdings fein säuberlich zusammengerollt auch in das wie beschrieben dimensionierte Handgepäck. Bei entsprechendem Anlass wird die Krawatte nach der Siko angelegt. Selbst, wenn sie nur in der Lounge und im Flieger bis zum Essen getragen wird, ist das mein sichtbarer Ausdruck der Wertschätzung für ein besonderes Produkt, sei es die Lounge oder das Onboard-Produkt. Ich betrachte eine gute Lounge wie ein gutes Restaurant, übrigens auch mit mindestens der gleichen Vorfreude. Auch beim Restaurant wird schließlich differenziert. Zum Subway (= Y oder allgemeiner Terminal-Bereich) kann ich mit schwarzer Hose und Kurz- oder Langarmhemd gehen ohne mich underdressed zu fühlen, im gut bürgerlichen Mittelklasserestaurant (= C oder halbwegs akzeptable Lounge) wäre die Kurzarmvariante unangebracht und im Edelrestaurant (= F oder besonders renommierte Lounge) ist die Krawatte für mich Mindeststandard. Eine F oder F-Lounge mit Jogging-Anzug, Flip Flops, T-Shirt etc. zu betreten, halte ich für völlig unangebracht. Wenngleich ich es zu respektieren / ignorieren habe, dokumentiert dies eine Attitüde gegenüber dem gebotenen Produkt und Service, die ich inadäquat finde. Ich werte das für mich jedenfalls als ähnlich respektlos als mit der identischen Kleidung in die Oper oder ein gehobenes Restaurant zu gehen und habe es daher in meinem Beitrag zum gegenseitigen respektvollen Umgang in den Premium-Klassen bewusst aufgenommen. Sowohl in der Oper als auch im gehobenen Restaurant als auch in der First Class (Lounge) hätte ich Verständnis, wenn durch den Kleidungsstil dokumentierte Respektlosigkeit gegenüber dem Produkt entsprechend quittiert wird. Von mir aus kann man die Kleiderordnung für non rev Kunden gerne für alle in den Premium-Klassen und Lounges verpflichtend machen. Allerdings verfolge ich mit Interesse, wie im „First Class macht aggressiv“ Thread und der referenzierten Presse die Krawatte zum Hassobjekt und Statussymbol der bösen Großverdiener stilisiert wird.
Eine noch indifferente Haltung nehme ich zu den offiziellen Airline Pyjamas und deren Verwendung auf Privatreisen ein. Während sie in der F-Lounge nur in Private Rooms akzeptabel sein können, ertappe ich mich doch dabei, sie an Bord einzusetzen. Meine Eltern empfanden die Schilderung, im offiziellen QR Missoni Pyjama (aber nicht in den Slippers, sondern adäquatem Schuhwerk) kurz die Bar im A380 aufgesucht zu haben, während mein Bett bereitet wurde, als völlig inadäquat und dem Produkt gegenüber deplatziert. Wahrscheinlich war es das auch und wird zukünftig unterlassen, wenngleich ich keinen schlechteren Service deswegen konstatieren konnte.
Zum Wein: Natürlich gibt es bei QR und durchaus auch anderen Airlines exzellente Weine und Schaumweine, wenngleich man in der C gewisse Verschlechterungen über die letzten 2 Jahre feststellen muss. Im Rahmen der Möglichkeiten einer Flugkabine haben sie jedenfalls meine Bedürfnisse oft hinreichend bedient. Natürlich bestelle ich den besten Champagner (falls möglich) grundsätzlich vor dem Start, aber auch in der Luft wurde ich selten enttäuscht, wenngleich selbst der Krug auf Reiseflughöhe von seiner Einzigartigkeit einbüßt. Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals einen ungenügenden Wein bei QR getrunken zu haben. Auch bei anderen Airlines würden mir nur wenige Negativbeispiele einfallen, TAP C hat z. B. meinen persönlichen Geschmack (auf Reiseflughöhe) nicht befriedigen können, aber das ist ohnehin Kreisklasse im Vergleich zu QR. Wenn der Wein keine Rolle spielen würde, gäbe es hier nicht (quer durch alle Airlines, v. a. aber immer wieder prominent über die LH First zu vernehmen) Hunderte Seiten, in denen Weinkarten, Champagner und sonstige Getränkeangebote evaluiert oder eher seziert werden. Wenn es genereller Konsens wäre, dass es keine relevanten und auf Reiseflughöhe erkennbaren Qualitätsunterschiede gäbe (und wo es Qualitätsunterschiede gibt, kann es auch ein „exzellentes“ Spitzenspektrum geben), wären diese Threads inexistent oder beitragsarm. Mehr noch, die Airlines hätten schon lange den Ausschank hochwertiger Weine eingestellt, wenn keine Nachfrage bestünde.
Es ging mir in meinen Ausführungen auch viel mehr darum, dass man guten Service oder z. B. auch ein ordentliches kulinarisches Produkt auch einmal mit Lob und Dank gegenüber dem Personal würdigen kann, als Zeichen des Respekts. Das sollte für alle Altersklassen (bei Genuss einer ordentlichen Erziehung) Standard sein.