Peinlich finde ich allenfalls die arrogante Form der Ignoranz, mit der aus reiner Unkenntnis heraus damit umgegangen wird.
Es ist genau die Arroganz der Linken, der Besser- und Gutmenschen, die ihr seelischen Gleichgewicht viel besser hätten tarieren können, wenn Deutschland an Brasilien, besser noch an Frankreich gescheitert wäre. Man gänge in Sack und Asche und feierte einen Triumph des Gegners überschwenglicher, als den offiziellen Empfang der deutschen Verlierer.
So zumindest die Sicht des
Tagesspiegel Berlin, der linksradikalen
taz, wo man zur Disposition stellt, ob Deutsche "SO feiern dürfen".
Damit sind wir beim Punkt von altlinken Publizisten unter Abwesenheit historischer Bezüge zur Schimäre erkorenen Brauchtums:
Wann darf ein Deutscher klatschen, wann darf ein Deutscher jubeln; wie froh darf man sein, wenn sich alle anderen Kontrahenten schlußendlich unterlegen präsentieren? Muß mit unterstellter Rechtsgesinnung rechnen, wer zur WM eine deutsche Fahne aus dem Fenster hängt, ist jede mit schwarz-rot-gold bespannte Motorhaube im Besitz eines vermeintlichen Neonazis?
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Sicher ist doch:
Spätestens seit der WM 2006 hat sich ein neues, deutsches "Wir" Gefühl aus dem Mäandertum der ewig kritisch und mahnend Daherkommenden, die den Krieg höchstens noch als Kleinkinder erlebt haben, entwickelt. Es sind eben die 16-36jährigen, die sich an der Fanmeile und anderswo treffen, nicht die selbstverliebten "taz-Tanten", nicht die alternden, von Skrupeln geplagten Bedenkenträger vom Tagesspiegel.
Die Letztgenannten sollten jedoch überlegen, mit welchem Recht sie über die Befindlichkeiten insbesondere der Jugend richten, ergo über Menschen, die weder die deutsche Teilung erlebt haben, noch innerfamiliären Bezug zu den Verbrechen der Nazis besitzen. Denn junge Menschen sind progressiv und verdienen in keiner Weise, in ihren natürlich Empfindungen durch moralische Dispositionen ewiggestriger Bedenkenträger künstlich ausgebremst zu werden.
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Die wahren Spießer sitzen doch in den Redaktionen Kreuzbergs und anderswo, in der gewaltausübenden autonomen Szene, in den bis zur Selbstverleugnung agierenden Gremien der linken Lokalpolitik. Die Frage ist deshalb:
Was genau haben Jahrgänge ab 1980 und jünger, denen man den gesinnungskorrekten Jubel am Liebsten vorschreiben möchte, mit dieser Gemengelage zu tun?
