Bayern ist mittlerweile EE-Ausbausieger, allerdings:
Gemessen an der Anzahl der Windräder hält Bayern die rote Laterne der Energiewende. Trotzdem führt das Bundesland jetzt überraschend das neue Ökostrom-Ranking der Bundesnetzagentur an. Es profitiert besonders von einem beispiellosen Boom. Der Erfolg hat aber auch eine Kehrseite.
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Speicher bräuchte Bayern halt, um die Sonnenenergie zumindest für die Nachtstunden festzuhalten. Auch hier gibt es zwar bemerkenswerte Erfolge – doch auch die sehen nur auf dem Papier gut aus. „Von der breiten Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt, gibt es in Bayern in den letzten Jahren einen regelrechten Ausbauboom bei den Batteriespeichern“, teilte zu Wochenbeginn der Verband der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW) mit.
Weil immer mehr Solardach-Besitzer eine Kellerbatterie dazukaufen, zähle Bayern inzwischen
230.000 stationäre Stromspeicher mit einer Leistung von 1,6 Gigawatt. „Das entspricht der Leistung eines großen Kernkraftwerks“, kommentiert VBEW-Chef Detlef Fischer den „erfreulichen Speicherboom“.
Allerdings: Den Wermutstropfen schenkt Fischer auch gleich mit aus.
Dass die bayerischen Ökostrom-Speicher nun mehr Leistung haben als das vor Jahresfrist abgeschaltete Atomkraftwerk Isar 2, sollte demnach niemanden in falscher Sicherheit wiegen.
Denn die Grünstromspeicher können mit 1,6 Gigawatt Leistung nur 2,5 Gigawattstunden einlagern, „und stehen damit im Unterschied zu einem Kraftwerk nur für eine sehr kurze Zeit zur Deckung des Strombedarfs zur Verfügung“, mahnt der VBEW-Chef: „Bei einem angenommenen durchschnittlichen Tagesstrombedarf von etwa 215 GWh reicht die Batteriekapazität rein rechnerisch derzeit für etwa 17 Minuten.“
Eine sogenannte „kalte Dunkelflaute“ ohne nennenswerten Sonnenschein und Wind bei tiefen Temperaturen kann mehrere Tage, auch Wochen anhalten.
Knapp eine Million Lithium-Ionen-Speicher in Bayerns Kellern reichen jedoch noch nicht einmal, um den Strombedarfs des Freistaats auch nur für eine halbe Stunde zu decken. Selbst wenn man alle Stauseen in den bayerischen Bergen als „Pumpspeicher“ hinzunimmt, reicht Bayerns Speicherkapazität nur für knapp 40 Minuten.
Speicherplatz bleibt also trotz enormer Zubauzahlen knapp. Die Bundesregierung will deshalb nun das „bidirektionale Laden“ von Autobatterien ermöglichen und damit weitere Ökostrom-Speicher schaffen. Die Idee: E-Mobile, die an Wallboxen oder Ladesäulen angeschlossen sind, könnten auch mal Strom ins Netz zurückgeben, wenn Mangel herrscht.
Doch auch der Griff des Netzbetreibers unter die Motorhaube hilft bei der Bewältigung einer womöglich tagelangen Dunkelflaute nur begrenzt weiter, stellt Fischer fest: „
Würden sich alle in Bayern vorhandenen Elektroautos durch bidirektionales Laden an der Deckung des Strombedarfs beteiligen, wäre dies gedanklich für etwa eine Stunde möglich.“
An diesen Zahlen werde deutlich, „dass Bayern trotz aller Ausbaudynamik beim Speichern von Strom über längere Zeit noch am Anfang steht“, mahnt der VBEW-Chef: „Eine Dunkelflaute über mehrere Tage kann derzeit nicht einmal ansatzweise mit Batteriespeichern bewältigt werden.“ Bayern habe „zumindest in der Stromversorgung das Prädikat ‚Paradies‘ längst verloren“, sagt der Branchensprecher: „
Mit ‚Zappelstrom‘ aus Photovoltaikanlagen im Sommer stellen wir keine Stromversorgung im Winter sicher.“
Nun müsse nicht nur Bayern „schleunigst aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und wieder zu einer eigenen,
möglichst bedarfsgerechten Stromerzeugung in allen Jahreszeiten zurückkehren“, so der Bayerische Verbandssprecher. Aus Berlin verlautete allerdings zur gleichen Zeit, dass sich die Spitzen der Ampelkoalition weiterhin nicht auf eine „Kraftwerksstrategie“ zur Finanzierung einer steuerbaren Stromreserve einigen konnten.
Die Rückkehr der KK ist in Bayern de facto (gedanklich) beschlossen, da wette ich drauf.