Und darüber hinaus spricht auch niemand über die reale Klimawirksamkeit der Maßnahmen, die Deutschland einsam, dafür aber mit politischer Brachialgewalt durchführt.
Denn die Frage lautet hier, wie Deutschland mit einem Anteil von real 1,5 Prozent an den CO2-Emissionen der Welt den Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur auf 1,5 oder 2 Grad begrenzen kann, wenn allein der jährliche Zuwachs in China größer ist, als die Gesamtemission Deutschlands.
Achtung Spoiler: Gar nicht.
Natürlich kann Deutschland nicht alleine den Klimawandel aufhalten. Aber dein Schluss scheint daraus zu sein, dass man gar nix tun sollte. Das ist natürlich falsch - jedes Land und jede Industrie hat einen entsprechenden Beitrag zu leisten. Ich maße mir jetzt nicht an, zu bewerten, ob die "alten" Industrieländer mehr beizutragen haben als neuere Industrieländer wie China.
China baut momentan die Atomkraft aus (2024 waren 41 Reaktoren geplant, die bis 2039 in Betriebe gehen sollen), dito für die Kohle (alleine im ersten Halbjahr 2024 wurden 14 neue Kohlekraftwerke bewilligt - bis wann die in Betrieb gehen können, weiß ich aber nicht). Aber gleichzeitig baut China auch mehr erneuerbare Energie aus
als alle anderen Länder der Welt zusammen. Haben das auch die deutschen Grünen bei Xi Jinping durchgesetzt? Biden hat im Rahmen des "Inflation Reduction Acts" mehr als 3 Billionen (die deutsche Zahl, nicht die amerikanische, da wären es "trillions") für die klimafreundliche Transformation locker gemacht, plus 11 Billionen für Umbauten der Infrastruktur, um klimafreundlicher zu werden. Mir ist schon klar, dass der orangene Mann das zurückdrehen will. Aber es gibt doch jetzt schon große Proteste auch aus den Reihen der Republikaner in den US-Staaten, weil langsam begriffen wird, wie sehr man von diesen Subventionen profitiert.
Ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen, dass Deutschland vor 20 Jahren Weltmarktführer bei erneuerbarer Energie war. Die politisch interessierten werden sich auch daran erinnern, dass Merkel am Anfang als "Klimakanzlerin" bezeichnet wurde. Deutschland war bei Windenergie und PV die No. 1, bis China die deutschen Hersteller ruiniert hat. Gegenwehr der CSU- und FDP-Wirtschaftsminister (Glos, zu Guttenberg, Brüderle, Rösler)? Gleich N-U-L-L, weil man den Markt für nicht besonders wichtig gehalten hat. Also hat man einen absoluten Zukunftsmarkt mehr oder weniger aufgegeben. Und das gleiche steht uns jetzt auch wieder bevor, wenn der vermutlich nächste Kanzler Fritze Merz das Verbrenneraus rückgängig machen will. Erde an Merz: Das bringt nix, denn die Welt hat dem Verbrenner längt verabschiedet: China (als wichtigster Auslandsmarkt für deutsche Automobilhersteller - dort wird fast soviel abgesetzt wie in Deutschland selbst) hat das Verbrenneraus für 2040 beschlossen, Belgien für 2030, Dänemark für 2030, Frankreich für 2030, Indien für 2030, Japan für 2030, Kalifornien für 2035. Die Welt gib einen Sch**** auf die Vorliebe der FDP und Union für den Verbrenner.
DAS ist der Grund, warum die deutsche Industrie zugrunde gehen wird. Und nicht, dass der Umbau der Stromnetze ein großes Problem wäre. Denn das ist er technisch in einem integrierten europäischen Strommarkt nicht. Es ist einzig und allein ein politisches Problem. Alleine die Weigerung der CSU, Überlandleitungen bauen zu lassen, weil dies das schöne Land der Bayern verschandeln würde, kostet 20 Milliarden Euro extra. Plus höherer Wartungskosten, weil verbuddelte Kabel natürlich teurer im Unterhalt sind als Überlandleitungen.
Last but not least: Der Atomkonsens war 2000 und 2011 jeweils von einer klaren Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen worden: Die Anti-Atombewegung war in Deutschland schon seit den 1970ern sehr stark, die Zustimmungswerte für den Ausstieg lagen bei >60%. Dieser Wert fiel dann bis zum Wiedereinstieg durch die schwarz-gelbe Regierung (Laufzeitverlängerung 2010) leicht ab, es gibt auch einige (von der Atomindustrie in Auftrag gegebene Umfragen), die 2007ff einen Gleichstand abbilden. Die Zustimmung zum Ausstieg war dann 2011 nach dem Fukushima-Unglück aber wieder bei ca. 2 Dritteln. Manch einer mag sich auch noch an die großen Demos VOR Fukushima erinnern, mit 50.000 Teilnehmenden im September 2009 (Berlin) oder 120.000 Teilnehmende an einer Menschenkette (Krümmel nach Brunsbüttel) in 2010. Am 12. März 2011 (d. h. einen Tag nach Fukushima) ebenfalls eine Menschenkette von Neckarwestheim nach Stuttgart mit 60.000 Teilnehmenden.
Und jetzt bin ich mal gespannt, welche Kleinigkeit sich die Atom-Schwurbler hier herauspicken, um weiter zu diskutieren. Denn gegen die Fülle an Argumenten habt ihr eh keine Chance.
Aber schreibt ruhig. Ich bin krank zuhause und habe heute nix besseres zu tun als gelangweilt im Internet zu surfen. Auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob die Beteiligung an diesem Thread gut für meine Erholung ist.