Wenig Erbauliches von Radio Luxemburg (
Rs. C-191/19 v. 30.4.2020):
Gebucht war XRY-MAD-FRA mit einem längeren Layover in MAD. Die Fluggesellschaft buchte die Passagierin gegen deren Willen um auf einen späteren Zubringer nach MAD; der Flug nach FRA blieb wie gebucht und wurde pünktlich ausgeführt.
Für mich wäre das bis eben ein Fünfzeiler wegen IDB gewesen. Der EuGH aber macht nun so richtig ernst mit der "Gesamtheit der Flüge" bei Umsteigeverbindungen und sagt: Die Klägerin ist pünktlich angekommen, also gibt es keine Entschädigung.
Besonders hässlich ist daran, dass der EuGH - im Unterschied zum vorlegenden LG Frankfurt - offenbar davon ausgeht, dass eine Entschädigung wegen IDB nur in Betracht kommt, wenn der Passagier sich rechtzeitig zur Abfertigung einfindet. Das sieht der BGH bekanntlich anders (
X ZR 34/14 v. 17.3.2015: "vorweggenommene Beförderungsverweigerung"), weil er es völlig zurecht für unzumutbar hält, am Flughafen aufzulaufen, nur um sich ein "haha, nee" abzuholen. Erst vor kurzem habe ich mit diesem Ansatz noch einen Prozess gewonnen und frage mich, ob ich mit dem Urteil nun ein Stück Rechtsgeschichte in den Händen halte.
Klar, wer den Vergleich mit der Annullierung des Zubringers zieht, wird sagen: Dafür gibt es ebenfalls keine Entschädigung, wenn die Ankunft am Endziel in den Grenzen des Art. 5 bleibt. Aber die IDB-Entschädigung hatte für mich immer auch einen Strafcharakter. Gleichwohl wage ich die Prognose, dass wir uns darauf werden einstellen müssen, die Voraussetzungen für eine IDB-Entschädigung unter den weiteren Voraussetzungen der Art. 5 und 7 zu prüfen.
Etwas Positives findet sich vielleicht noch zur "Gesamtheit" der Flüge: Der EuGH nimmt sie in dem neuesten Urteil "für die Zwecke des in der Verordnung Nr. 261/2004 vorgesehenen Ausgleichsanspruchs von Fluggästen" an (Rn. 26). Hoffen wir, dass für die Anwendbarkeit der VO auch weiterhin der Abflug oder die Ankunft eines Teilfluges im Gebiet der EU genügt und dass nicht z.B. TLV-FRA-JFK aus der VO rausfliegt wie ein Nonstop-Flug.