30.03.2021, Tag 3
Da wir beide am Vorabend hundemüde waren, waren wir für unsere Verhältnisse sehr früh eingeschlafen und dementsprechend am Morgen bereits gegen 07:30 wach. Ich hatte Kopfschmerzen, was bei dem zu weichen Kopfkissen im Sheraton auch nicht verwunderlich ist. Solche Kissen unterstützen den Kopf nicht, so dass man die ganze Nacht mit einem schiefen Hals schläft.
Schnell eine Tablette eingeworfen und ins Bad – und schon fing der Ärger an. Weder Duschgel noch Body Lotion wurde erneuert oder aufgefüllt, die benutzten Handtücher des Vortages nicht durch neue ersetzt. Dies ist ja kein Problem, wenn es, wie in anderen 5*-Hotels zwei Badetücher pro Person gibt. Aber im Sheraton gibt es eben nur ein einziges pro Person.
Ein kurzer Anruf beim Housekeeping, ich wollte die Wartezeit mit einem Espresso überbrücken – wenn man denn die Kapseln aufgefüllt hätte. Also wieder ein Anruf und nach knapp 10 Minuten wurde zwei Kapseln gebracht, wie ich feststellen musste, mit entkoffeiniertem Kaffee…
Also ohne Kaffee ins Bad, bereits gegen 08:30 zum Frühstück ins entfernt liegende Restaurant. Dort das übliche Spiel, Hummus und Baba Ganoush,
heute jedoch noch ein Eiweißomelette, was man nach einem ersten Fehlversuch im zweiten Anlauf auch hinbekam.
Nach 15 Minuten Arbeit im Zimmer gingen wir nach unten, ich bestellte ein UBER Comfort zu den Pyramiden von Gizeh, für schlappe US$ 5.
Wie bereits geschrieben war ich im Januar 1984 mit 13 Jahren bereits dort, kann mich an kaum etwas erinnern, außer dass ich es im jugendlichen Alter nicht besonders spannend fand.
Hinaus aus der Innenstadt in die Randbezirke Kairos, Marina fiel so ganz langsam die Kinnlade herunter. Ich nehme das zurück mit ‚India Light‘, das war schon eher ‚Heavy India‘, auch das Gehupe.
Mehr als die Hälfte der Hochhäuser war nicht fertiggestellt, und trotzdem zum Teil bewohnt. Auch die Dächer der fertiggestellten Häuser waren oft nochmals um eine Etage Holzbaracken erweitert, ich weis aus Erzählungen meines ehemaligen Geschäftspartners, dass hier oft Hühner und Tauben gezüchtet werden.
Nach 40 Minuten Fahrt erreichten wir Gizeh, stiegen an den Pyramiden aus
und wurden sofort von ‚offiziellen Tourguides‘ überfallen. Wir müssten in die andere Richtung (wo natürlich die Pferdekarren warten), wir könnten das alles nicht zu Fuß erledigen, oder hier gäbe es Tickets für 200 Pfund statt der offiziellen 400 (die offiziellen kosten 200).
Freundlich wird man die Herren nicht los, erst als ich langsam aggressiv wurde und auf Russisch einige Dinge in einem bestimmten Ton sagte, ließen die Herrschaften von uns ab, wir konnten ungestört die Straße den Hang zum Ticketoffice hinauflaufen.
Dort entrichteten wir 200 Pfund pro Person, ca. US$ 13,
durften durch die Sicherheitsschleuse weiter zu den Pyramiden.
Hier trafen wir auch schon die ersten Ukrainer an, welche per Autobus aus Scharm zu den Pyramiden gekarrt werden, 8 Stunden Fahrt, 1 ½ Stunden an den Pyramiden – und wieder 8 Stunden zurück. Kein Kommentar.
Und hier fiel mir wieder ein weshalb ich die Pyramiden bereits beim ersten Mal nicht besonders beeindruckend fand: sicher, die Bauleistung ist unglaublich, jeder Quader 2.5 Tonnen schwer, ohne den Einsatz des Rades erbaut – aber es fehlt die Atmosphäre.
Vergleiche ich die Pyramiden von Gizeh mit zum Beispiel Ankor, dann fehlt etwas das einem in Erinnerung hängen bleibt.
Dazu diese extrem nervigen ‚Offiziellen‘, die einem dauernd Kamelritte und Kutschfahrten aufschwatzen wollen.
Ich kann ja verstehen, dass auch diese Menschen ihr Geld verdienen müssen, aber ich wurde so ganz langsam aggressiv. Auch dies zerstört das Erlebnis ‚Pyramiden‘ nachhaltig.
Das lustigste war das Betrachten der anderen Touristen, welche die typischen dämlichen Fotos machten (ich trage die Pyramiden, ich hebe die Pyramiden, ich schiebe die Pyramiden), sich dafür in die richtige Position brachten.
An der Cheops-Pyramide vorbei zur Chephren-Pyramide, welche, obwohl einige Meter niedriger, höher wirkt als die Chepos-Pyramide (denn sie liegt ca. 10 Meter höher auf dem Hügel).
Von hier liefen wir den Hügel wieder hinunter zur Sphinx, umrundeten diese und kamen durch den Eingang zum Aussichtspunkt.
Viel war auch hier nicht los,
ich möchte gar nicht wissen wie es hier ohne Covid aussieht. Und wieder diese lustigen Fotos, ‚ich boxe der Sphinx auf die Nase‘.
Mir war nicht in Erinnerung geblieben, dass der Kopf zum Körper eine dermaßen falsche Proportion hat, viel zu klein ist. Es gibt hierfür unterschiedliche Theorien, eine, dass dies während einer frühen Renovierung passiert ist, eine andere, dass die Sphinx früher einen Löwenkopf hatte, erst ein späterer Herrscher dies in ein menschliches Gesicht umwandeln ließ.
Auf dem Weg zum Ausgang kamen wir noch an einer ganzen Reihe von Ständen mit scheußlichen Souvenirs vorbei,
wurden wieder dauernd angelabert. Wenigstens gab es direkt am Ausgang eine Gelegenheit für ein nettes Foto, Sphinx mit Pyramiden im Hintergrund.
Ich bestellte sehr zum Unwillen der lokalen Taxi-Mafia ein UBER Comfort (zurück etwas teurer, ca. US$ 8), welches auch recht zügig erschien. Zum Glück, denn mir platzte so ganz langsam der Kragen.
Wieder durch die Randbezirke, wieder vorbei an Hochhäusern bei denen man sich fragte ‚sind die im Bau oder im Zerfall ?‘.
Alles sehr spannend, interessant – aber sicher nicht jedermanns Fall.
Im Hotel machten wir uns kurz frisch, nahmen das nächste UBER zum Restaurant ‚Zööba‘, wie das am Vorabend auf der Nilinsel Zamalek gelegen, um modern interpretierte ägyptische Küche in stylischem Ambiente zu genießen.
Neben dem Restaurant begutachteten wir einen lokalen Metzger, oder besser ‚Schlachter‘,
sowie Geschäfte für Süßwaren und Früchte.
Wir betraten das Restaurant, bekamen sofort einen Tisch und die Speisekarte vorgelegt.
Heute sollte es so richtig Ägyptisch werden, ich bestellte eine ganze Auswahl an typischen Gerichten, darunter ‚Ful Alexandria, zwei scharfe ‚Taameya‘, Linsensuppe, Koshari und ein mit Rinderleber, Tomaten und Kräutern gefülltes Sandwich, dazu eine Hibiskus-Limonade.
Das Koshari war nicht nach unserem Geschmack, ein Sattmacher aus Pasta, Hülsenfrüchten, gerösteten Zwiebeln und Sauce. Wenigstens gab es dazu noch eine Flasche mit scharfer Sauce, welche man hervorragend für die anderen Gerichte verwenden konnte.
Lebersandwich und Ful waren hervorragend, auch die ‚Taameya‘ schmeckten sehr gut, vor allem wenn man sie in die scharfe Sauce dippte.
Als Dessert noch ‚Rice Pudding Zööba‘, eine aufgepeppte Variante des herkömmlichen ägyptischen Milchreises.
Nachdem ich die Rechnung in Höhe von ca. US$ 14 beglichen hatte, ging es per UBER wieder zurück zum Hotel, wo wir uns 1 ½ Stunden ausruhten – ich schlief wie ein Stein.
Um 16 Uhr ‚ab ins Gym‘, 75 Minuten Powertraining, um das Mittagessen wieder von den Hüften zu bekommen.
Geht man jeden Tag um circa dieselbe Zeit ins Gym, man bekommt sehr schnell Kontakt mit den anderen Verrückten, welche jeden Tag ‚pumpen‘ gehen. So auch hier, wobei es sich um Locals handelt, welche ein Abonnement im Hotelgym haben. Hier wurde ich vom Nachtleben in Kairo unterrichtet, den angesagten Club, dem ‚Blue Nile‘ und der ‚Asia Bar‘, Lounge Clubs auf Nilschiffen. Interessant ist, dass man seinen Alkohol mitbringen kann, man dann pauschal ca. US$ 50 für Tisch, Service und alle benötigen Softdrinks bezahlt. Voll wären diese Clubs, in welcher Ägyptische- und Internationale Musik aufgelegt wird mittwochs, donnerstags und freitags, von 22 Uhr bis 1 Uhr.
Der Besuch der Club-Lounge (öffnet erst um 16 Uhr) auf Diet Pepsi und Espresso war nicht gerade figurfördernd – denn wir bekamen unaufgefordert eine Etagere mit ägyptischen (unten) und internationalen (oben) Süßspeisen vorgesetzt, von welcher wir die Hälfte verputzten.
Mein persönlicher Hoteltipp: das Sheraton würde ich wegen der Lage nicht mehr buchen, eher das Marriott, welches auf der Nilinsel liegt, in unmittelbarer Nähe stylischer Geschäfte, Cafés und Restaurants, einfach in einer schöneren Gegend. Alternativ das ‚Sofitel Cairo Nile El Gezirah‘, an der Südspitze der Nilinsel. Zum einen gefällt mir das Gebäude, reiner Brutalismus,
zum anderen ist es das wohl einzige Hotel, welches direkt am Nil liegt, ohne Straße zwischen Hotelkomplex mit Pool und Nil.
Nachdem wir uns etwas von den Strapazen erholt hatten, machten wir uns frisch (man duscht hier mindestens 3x am Tag, um den ganzen Stau und Sand abzuwaschen), brezelten uns auf, nahmen für ganze 86 Cent ein UBER zum vielfach ausgezeichneten (Top-10-Restaurants-Afrika) und hochgelobten (Google & TA) Asia-Fusion-Restaurant ‚L’Asiatique‘, welches sich im ‚Le Pacha 1901‘ befindet, einem gedockten Boot an der Zalamek Insel.
Das Boot beherbergt insgesamt 7 Restaurants,
leider befindet sich das L’Asiatique auf der Inselseite, also ohne jeglichen Ausblick auf den Nil.
Als wir um 20:30 eintrafen war das Restaurant noch sehr leer, was sich jedoch, zu unserer großen Verwunderung, innerhalb der nächsten Stunde ändern sollte.
Das Interieur, um es nett zu beschreiben, ist etwas ‚angestaubt‘, etwas 70er, inklusive der schweren, roten Damastservietten.
Ein weiteres Relikt einer vergangenen Zeit: man darf im Restaurant rauchen !!! Das mussten wir ausnutzen, wann habe ich das das letzte Mal erleben dürfen…
Aus der Speisekarte wählte ich ‚Pekingente‘ als Vorspeise, gefolgt von einer Sushiauswahl für 2 Personen – wir waren gespannt des da kommenden.
Die Pekingente musste man wirklich in Anführungszeichen setzen, denn in China hätte man einen Koch dafür erschossen: das Fleisch war, Entschuldigung, so furztrocken, dass es schon grau war, die Haut dafür elastisch wie Gummi. Das Ganze war zudem so lieblos geschnitten, man hätte eher von ‚zerhackt‘ sprechen können.
Da man dieses Gericht wirklich nicht essen konnte (man hätte einen Liter Wasser pro Bissen gebraucht), ließ ich es zurückgehen. Der Restaurantleiter erschien, bestand darauf uns eine neue Portion zubereiten zu lassen – welche sich leider von der ersten nicht unterschied, und deshalb ebenfalls zurückging.
Nun wurde unsere Sushi-Auswahl aufgefahren, mit einem guten Fisch-Reis-Verhältnis – ansonsten absoluter Standard, selbst für Home-Delivery-Sushi.
Als kleine Überraschung servierte uns der Restaurantleiter persönlich den Dritten Versuch Pekingente, sagte er würde nur gerne unsere Meinung hören.
Da das Fleisch schon dermaßen grau war, das Fleisch komplett zerfiel, nur von der elastischen Haut zusammengehalten wurde, legte ich ein Stück auf meinen Teller, übergab ihm diesen und forderte ihn auf es selbst zu probieren.
Tapfer nahm er das Stück Ente in den Mund und fing an zu kauen. Und kaute und kaute und kaute – bis er sich ein Glas Wasser einschenkte und damit das Fleisch endlich runterspülen konnte.
Er schaute mich nur an, nahm kommentarlos die Platte mit der Pekingente und verschwand in Richtung Küche.
Ich wollte gerade nach der Rechnung fragen als der Restaurantleiter mit zwei großen Tellern an unserem Tisch erschien, diese abstellte und verkündete, dass diese beiden Desserts als Entschuldigung aufs Haus gingen,
er würde persönlich veranlassen, dass die Ente von der Speisekarte verschwände.
Und diese beiden Desserts bildeten auch wirklich die Highlights des Abendessens, sowohl die das Parfait, vor allem aber die tarte aux dattes, waren ausgesprochen gut. Ich konnte kaum glauben, dass diese beiden Desserts im gleichen Restaurant wie die Pekingente zubereitet wurden.
Inklusive 2 Coke Zero, Steuern und 12% Service kam die Rechnung auf US$ 42.
Als wir das Schiff in Richtung Straße verließen wunderten wir uns über den Stau – das ganze stylische Kairo war auf dem Weg zu den Clubs auf den Nilboten – mein neuer Bekannter aus dem Gym hatte nicht zu viel versprochen. Die Damen zurechtgemacht, die Autos plötzlich statt alter Peugeots zu modischen SUVs aus Deutscher und Englischer Produktion mutiert.
Wir waren allerdings nach dem vielen Laufen und dem Sport ziemlich fertig, nahmen wieder ein UBER zurück zum Hotel.