So...
ich hatte ja versprochen meine Erzählung über meine Vergangenheit mit der Lufthansa zu Ende zu bringen und es gab einige, die das interessierte und freundlich nachgefragt haben.
Zunächst habe ich meinen Text aus dem vergangenen Dezember noch einmal ein wenig redigiert und optimiert - vor allem habe ich Fehler rausgenommen.
Stelle ich jetzt ein als "Was bisher geschah", Aus technischen Gründen in 2 Teilen, weil zu lang. Dann geht es mit Neuem weiter. Einige Folgen wird es noch geben.
Was bisher geschah Teil 1
Ich habe einen Freund verloren. Lange war die Lufthansa in meinem Leben ein guter Freund. Wir mochten uns und unsere Beziehung war mehr als nur Business. Es war wirkliche Freundschaft, gegenseitige Bereicherung und gegenseitiger Nutzen. Das was Freundschaft eben ausmacht so wie im richtigen Leben. Doch die letzten Jahre waren schwierig und die Zeiten haben sich geändert. Mein Freund Lufthansa ist aus Hamburg weggezogen und wir haben uns kaum noch gesehen. Auch hatte er in den letzten Jahren kaum noch Interesse an mir.
Gemeinsame Erlebnisse gab es immer weniger. Zwar hat Lufthansa mehrfach gesagt, ich könne mich ja auch öfter einmal mit German Wings treffen, aber das missratene Kind gefiel mir nicht. „Nein Danke“, es hat sich nicht so entwickelt. So zerfiel meine Freundschaft mit Lufthansa. Nun gucke ich in den Spiegel und stelle fest, es ist vorbei.
Es ist wie im richtigen Leben, man spürt schon, wenn das Gegenüber das Interesse verloren hat. Wenn eine Freundschaft nicht gepflegt wird, zerbricht sie. So ist es eben. Aber ich werde der Reihe nach erzählen. Alles hat ein Anfang und ein Ende.
Vielleicht fange ich mit allermeinem ersten Flug an, auch wenn es noch nicht unser Kennenlernen war. In den fünfziger Jahren war meine Familie bitterarm. Erst mit großer Verspätung traf bei uns ein klein wenig vom deutschen Wirtschaftswunder ein. Im Sommer 1962 schenkte mein Vater meiner Mutter und mir eine Reise nach Berlin. Mit einer Vickers Viscount der British European Airways, einem kleinen Flugzeug mit vier Propellern und fünfundsechzig Sitzen, flogen wir nach Tempelhof. Die Sieger brachten uns in Hitlers Reichshauptstadt. Nur die Alliierten durften die Luftkorridore nach Berlin benutzen. In einer langen Stadtrundfahrt besuchten wir die geschichtsträchtigen Bauten deutscher Vergangenheit, die Siegessäule, das Brandenburger Tor, die Gedächtniskirche und das Kaufhaus des Westens. Auch die ein Jahr zuvor gebaute Mauer und das sowjetische Kriegsdenkmal sahen wir, dazu die Stacheldrahtgrenze und das allgegenwärtige Militär. Amerikanische, französische und russische. Hitlers Hauptstadt blieb mir fremd. Für einen kleinen zwölfjährigen Jungen war es eine unverständliche Welt. Aber ich fand das Fliegen spannend und mein lebenslanges Interesse für Luftfahrt war geweckt.
Unser Kennenlernen
Im Herbst 1978 sollte meine Freundschaft mit der Lufthansa beginnen. Ich hatte mein erstes Studium erfolgreich hinter mich gebracht. Nun hing mit meiner Doktorarbeit an der Uni herum. Ich hatte einige gut bezahlte Jobs erbeutet, die wenig Zeit erforderten, aber relativ viel Geld und Entertainment einbrachten. Ich lebte komfortabel in meiner Nische. Eines Tages klingelte das Telefon und mein Professor fragte, ob ich für ihn nach Nepal zu einem Workshop nach Nepal fliegen könnte. Er sei verhindert. Wow. Sofort sagte ich ja.
Für einen Jungen aus einem Hamburger Armutsstadtteil, der bisher nur einige Länder Europas mit Interrail gesehen hatte, eine gigantische Reise, wie ein Lottogewinn. Es folgte ein Anruf aus einer Behörde in der damaligen Hauptstadt Bonn und ich durfte im Stadtbüro der Lufthansa am Dammtor das hinterlegte Flugticket abholen. Es war wie das Betreten von heiligen Hallen, wie ein heiliger Akt. Fliegen war damals – 1978 – noch immer etwas ganz besonderes. Sicherlich nicht mehr so elitär wie zehn Jahre vorher, aber ein Transkontinentalflug hatte für viele Normalsterbliche Seltenheitswert. Und es war teuer. Von dem Geld, das mein Ticket kostete, hätte ich Ende der Siebziger drei Monate leben können.
Hamburg – Frankfurt – Delhi – Kathmandu und genau so zurück das für mich einbuchte Routing. Einige Tage vor der Abreise ging ich zu einer Fete, die in einer Wohngemeinschaft über dem Abaton Kino an der Hamburger Uni stattfand. Dort lernte ich ein Mädchen kennen, die in einem Reisebüro arbeitete. Sie erzählte mir davon, dass in jedem Ticket ein größeres Potential von Extrameilen für Umwege eingebaut sei, falls man nur mit Umsteigen dahin komme. Und von den Regeln, die dem zugrunde lagen, und von hochstrategischen wie etwa den Imaginary Fair Construction Points.
Die Nutzung eines Imaginary Fair Construction Point bedeutete damals, dass man rechnerisch ein Ticket zu fiktiven Orten kaufen konnte, mit viel Meilenpotential und dann zu den Orten fliegen würde, wo man wirklich hin wollte. Paris, London, Amsterdam. Dieser Weg war sehr viel günstiger, als Tickets zu den Orten zu kaufen, zu denen man eigentlich hin wollte. Und es war legal wie Schachspielen.
Ich verstand schnell, was sie meinte, dass ich mit meinem von anderen bezahlten Ticket eine großartige Reise mit vielen Umwegen und Stopovers machen könnte. Das Mädchen interessierte mich weniger, zugegebenermaßen. Später hat sie bei KLM am HAM Airport gearbeitet und wir haben uns aus den Augen verloren. Doch mit dem Umschreiben und Optimieren von Tickets sollte ich mich lange beschäftigen. Es war das Wissen um möglichst viel Fliegen für möglichst wenig Geld.
Imaginary Fair Construction Point bedeutete, dass man gar ein Ticket zu fiktiven Orten kaufen konnte, mit viel Meilenpotential und dann zu den Orten fliegen würde, wo man wirklich hin wollte. Paris, London, Amsterdam. Dieser Weg war sehr viel günstiger, als Tickets zu den Orten zu kaufen, zu denen man eigentlich hin wollte. Und es war legal wie Schachspielen. Später sollte ich mehrere Tickets nach Bergamo nutzen, obwohl ich nie dort war. Es war wohl in Mitteleuropa einer der Orte mit dem höchsten Meilenpotential.
Am Montag nach der Fete ging ich wieder ins das Lufthansa Stadtbüro. Dort guckten mich die braunen Rehaugen einer freundlichen Lady in blauer Unform an und waren sehr wohlwollend gegenüber meinen Wünschen. Wahrscheinlich wirkte ich völlig naiv und unerfahren wie ein großes studentisches Kind, das ich wohl damals auch war. Das Rehauge nahm mich an die Hand und so wurde aus dem Ticket das Routing KTM DEL BOM ZRH LHR HAM. Und es sollte nicht nur Flüge mit Lufthansa geben, sondern auch mit Indian Airlines (die es damals noch gab) und der Swissair, lange vor der großen Pleite, als sie noch einen legendären Ruf hatte. Am liebsten wäre ich jeden Tag ins Stadtbüro gegangen um mein Ticket um weitere Städte zu ändern, was wohl auch von der inkludierten Mileage her noch gegangen wäre. Aber ich war noch nicht so konsequent wie später.
Einige Tage später ging es endlich los, obwohl mein Vater höchst misstrauisch war, für wen ich denn da unterwegs war. Wahrscheinlich rechnete er damit, dass ich nicht lebend zurückkommen würde. Mit der Lufthansa und dem damals erst kurze Zeit vorher eingeführten A 300 ging es von HAM nach FRA. Zu der Zeit war der erste Airbus eine revolutionäre Neuentwicklung. Ein Großraumflugzeug mit nur 2 Triebwerken und fast 300 Passagieren bei zwei Gängen. Und in Europa gebaut. Für Normalsterbliche wie Science-Fiction.
Für lange Zeit sollte der A 300 mein Lieblingsflugzeug werden.
Spät abends t ging es dann weiter von FRA nach DEL in der DC 10. Ich saß in der Y, daneben gab es nur einige Sitze in der F. Business Class war noch nicht erfunden. Auch nur von einem Sitz in der Föörst zu träumen, wäre jenseits von Gut und Böse gewesen. Ich habe mich nicht einmal getraut hinter den Vorhang zu gucken.
Mein Job war ein zweiwöchiger Workshop der Vereinten Nationen im Rahmen deutscher Außenpolitik und Entwicklungshilfe, bei dem ich als Mitglied der deutschen Delegation dabei sein durfte. Doch es entwickelte sich unglücklich - meinetwegen. Ich hatte keine Ahnung von der 3. Welt und mein Englisch war - sehr wohlwollend gesagt - begrenzt. Mit den vielen fremden Kulturen, den vielen neuen Eindrücken und den politischen Hintergründen unseres Tuns war ich überfordert. Dazu lief ein unseliger Professor aus Pakistan im Workshop umher und hetzte alle gegen Deutschland als Veranstalter auf, es sei alles „zu westlich“- heute würde man sagen, er war ein feindseliger Islamist. Ich hatte doch nur als erster „hier“ geschrien um die Reise machen zu können. Aber trotz einiger peinlicher Momente konnte ich das Ganze überstehen und bekam nach einiger Zeit sogar die vereinbarten 2000 DM Honorar für meine sicherlich wenig erfolgreiche Mitwirkung.
Die ganze Reise habe ich als aufregend und schön in Erinnerung. Von DEL nach KTM ging es mit der Royal Nepalese Airlines, die zwei schon damals uralt wirkende und mittlerweile wahrscheinlich längst verschrottete 727 betrieb, aus der Serie 100, also der ersten Modellreihe, noch mit offenen Gepäckablagen. Kleine gelbe Männer in Fantasieuniformen betraten das Cockpit und flogen uns, offenbar die Piloten. Zwischen Delhi und Bombay saß ich wieder in einer A 300. Bei den Abstechern auf der Rückreise entdeckte ich, wie viel Spaß es bringen kann unterwegs, on the road zu sein. Schließlich lagen für mich als Nachkriegskind die Erfahrungen der tristen Nachkriegsjahre noch nicht so zurück. Und als Deutscher im Ausland zu sein war immer noch etwas komisches und befangenes, zumindest für mich.
Schon einige Jahre vorher, mit sechzehn, auf meiner ersten Reise mit einem Schulfreund nach Schweden, wurde mir klar, dass Auslandsreisen für uns Nachkriegskinder auch immer Momente der Befangenheit mit sich brachten. Gerne habe ich nie gesagt, aus welchem Land ich komme. Deutschland eben. Was für ein beschissenes Vaterland, ich gehörte zu den Verbrechern. Tief saß diese Konditionierung in mir. Es dauerte Jahrzehnte, bis ich im Ausland fast ebenso selbstverständlich aussprechen konnte „Ich bin Deutscher“, wie andere sagen konnten „Ich bin Franzose“. Völlig unbefangen bin ich bis heute nicht. Automatisch spreche ich lieber Englisch als Deutsch.
Meine Jugendfreundin Christine bevorzugt im Ausland Spanisch, wenn sie mit ihrem Mann unterwegs ist. Erst nach Jahrzehnten habe ich begriffen, dass viele meiner Generation ähnlich befangen waren wie ich. Auch sie konnten nicht sagen, ich bin Deutscher, ohne sich seltsam oder mies zu fühlen. Nie war auszuschließen, dass ein Gegenüber abweisend und feindselig reagiert oder aggressiv „Heil Hitler“ schreit und der rechte Arm zum deutschen Gruß herausschießt. Lange Zeit dachte ich wie selbstverständlich, dies sei mein persönliches Problem, mit mir stimme etwas nicht. Obwohl sechs Jahre nach Kriegsende geboren, habe ich lange Zeit für Nationalsozialismus und Zweiten Weltkrieg ein diffuses Schuldgefühl mit mir herumgetragen. Scham und Last unserer Eltern hatten mich infiziert, diese Melange aus unbestimmbarer Befangenheit und Minderwertigkeit hatte mich geprägt. Wenn jemand „deutsch“ sagte, ging es mir schlecht. Später kam dann die Zeit, wo ich im Ausland nach der Birne gefragt wurde. Helmut Kohl, was ist dass denn für einer?
Aber ich schweife beim erzählen ab. Mit dieser ersten und dann gleich großen Reise begann meine Freundschaft mit der Lufthansa. Sie war die Verbindung zur Heimat in der großen weiten Welt, wie ein Freund der mich begleitete und unterstützte.
Einige Monate später, im November, bewarb ich mich an einem Forschungsinstitut in München. An sich wollte ich weiterhin mit meinem Zweitstudium eine angenehme Zeit an der Uni verbringen, aber ich war auch neugierig. Mit dem Liegewagen der Bahn fuhr ich an die Isar und ging zum Vorstellungstermin, ohne Sakko, weißes Hemd und Schlips. Ich trug einen alten Anorak und einen Pulli. Dazu war ich unrasiert. Zu meiner Entschuldigung muss ich noch einmal darauf hinweisen, es war 1978, also andere Zeiten, wie den Lesern aus den Folgen mit Ekel Alfred bekannt sein wird.
Ich traf zunächst den Abteilungsleiter, dann den Big Boss, einen Adeligen. Ich erzählte unbefangen wer ich bin und wie ich die Welt sehe. Über Mittag ging ein Mitglied des Vorstands mit mir essen. Wahrscheinlich wollte er den Kohl-Merkel Test mit mir machen, also prüfen, ob ich mit Messer und Gabel essen kann. Wenn ich die Presseartikel über Kohls Memoiren richtig verstanden habe, ist Mutti anfangs dabei durchgefallen. Am Nachmittag soll ich noch einen anderen Häuptling treffen.
In der Wartepause spreche ich mit einem Freak, der in Frankfurt studiert hatte und auch erst vor einigen Monaten hier angefangen hat. Er verrät, mir, dass hier alle Dienstreisen die weiter entfernt als Augsburg sind, mit dem Flugzeug gemacht werden. Also ging ich zu der scharfen Sekretärin, und fragte nach einem Heimflug. Erfolgreich. Nach dem letzten Gespräch wird mir mitgeteilt, in München Riem sei ein Ticket für den Abendflug nach Hamburg für mich hinterlegt. Die Erfindung von Internet und Smartphone oder papierlosen Tickets sollte noch einige Jahrzehnte in der Zukunft liegen. Auf dem Papierticket lese ich den Preis von 297 DM, das Doppelte meiner damaligen Monatsmiete. Abends fing es heftig an zu schneien und eine halbleere 727 brachte mich nach dem Enteisen nach Hamburg. Für mich war ein Flug MUC HAM ein Abenteuer. Ein nettes Mädchen in LH Uniform überreicht mir ein großes Tablett mit dem Abendessen und eine Cola. Ohne der Diskriminierung verdächtigt zu werden, darf ich sie Stewardess nennen. Und ja, es gab einmal ein richtiges Essen auf einem Inlandsflug, das sogar schmeckte, es waren wirklich noch andere Zeiten.
Unterwegs hing meinen Gedanken nach. In der Welt der Erwachsenen könnte es mir gefallen. Eine Woche später hatte ich einen Arbeitsvertrag zum nächsten Ersten in München unterschrieben. Von nun an sollten Reisen mit dem Flugzeug zu meinem Alltag gehören. Und es sollte nun meine wahre Freundschaft mit der Lufthansa beginnen. Bis heute habe ich vielleicht 3000 Legs im Flugzeug zurückgelegt. Da ich über die Jahre meine Aufzeichnungen nicht immer sorgfältig geführt habe, kann ich nur schätzen. Etwa 2400 Flüge werden mit der Lufthansa gewesen sein. Bevor der Leser fragt, ich habe vor kurzem meinen 60. Geburtstag gefeiert.
Im Sommer 1973 war ich Student im 3. Semester und arbeitete ich als Student in den Ferien in einer Spedition am Flughafen Hamburg, genauer gesagt in einer kleinen Speditionsfirma in der Abfertigung von Luftfracht. Schnell weckten der Geruch des Kerosins und die Flughafen-Atmosphäre mein Interesse an Luftfahrt und am Fliegen. Am Flughafen zu arbeiten war aufregend. Mit einem geschenkten Ticket konnte ich sogar einen kurzen Wochenendtrip mit KLM nach Amsterdam machen, denn ich als aufregend und spannend erinnere, doch der Beginn meiner Vielfliegerkarriere sollte noch bis zu der schon geschilderten großen Reise 1978 nach Kathmandu warten müssen.
Nachdem im Februar 1979 mein Job in München begann, sollte ich für die nächsten Jahrzehnte Flugzeuge benutzen wie andere Menschen die U Bahn. Fast ausschließlich flog ich mit Lufthansa, weil Flüge innerdeutsch oder „Europa im Nahbereich“ waren. Ich wäre auch gar nicht auf die Idee gekommen, nicht mit dem Kranich zu fliegen. Es war die Zeit als die 737-100 durch die 737-200, ersetzt wurde, ein Sprung in die Moderne, wie der Kranich verkündete. Erkennbar daran, dass die Gepäckablage nun nicht mehr offen war.Nur auf den Strecken nach Berlin, wo LH nicht fliegen durfte, saß ich in PanAm Clippern, wie diese Gesellschaft euphorisch ihre Flugzeuge nannte. Tatsächlich waren es meist fürchterlich abgerockte und abgewarzte 727, die auf den Transitstrecken hin- und herflogen. Später nutzte ich auch die gemeinsame Tochter von LH und AF mit dem schönen Namen Euroberlin. Sonst war ich meinem Freund Lufthansa treu. Die allermeisten Reisen ergaben sich aus dem Job. Später lebte ich wieder in Hamburg und hatte zeitweise meinen Arbeitsplatz in anderen Städten. Das Gehalt war so, dass ich es mir leisten konnte, mehr oder weniger per Flugzeug zu pendeln.
Ich mochte es, unterwegs zu sein, und immer stärker wurden Flughäfen, Flugzeuge und das Gefühl „on the road zu sein“ wichtige Elemente meines Lebens. „Wichtig“ ist eigentlich nicht wirklich das zutreffende Wort, ich war „gerne“ unterwegs. Eine Stunde am einem Flughafen herumzusitzen fand ich inspirierend, nicht lästig. Vielleicht lag es auch daran, dass ich nicht an ein Haus oder Kinder gebunden war. Besonders wichtig war mein Job nicht, aber ich hatte „zu koordinieren und zu leiten“ und da war es immer gut, „seine Leute“ und Projekte persönlich zu sehen. Willy Wichtig oder ein kapitalistischer Bonze war ich nicht. Es waren ja auch andere Zeiten. Zur Kommunikation gab es damals nur Briefe mit der Post und das Telefon, außerhalb der Ortgespräche und ins Ausland ziemlich teuer, wie im Notfall das Telegramm. Selbst Telefax-Geräte, diese heute so altmodisch wirkenden Kisten mit Thermopapier, aus der Zeit vor der E-mail, gab es in den ersten Jahren meiner Berufslaufbahn noch nicht.
Ende der Siebziger und Anfang der Achtziger war das Fliegen längst dabei, einem Massenverkehrsmittel zu werden und zugegebenermaßen schon lange nicht mehr so exklusiv wie in den 1950er und 1960er Jahren, doch es weckte immer noch Anerkennung, wenn ich Sonnabendmittags aus München einflog, um nachmittags in Hamburg mit meinen Kumpeln auf einer Wiese im Stadtpark Fußball zu spielen.
Auch muss gesagt werden, dass der Luftverkehr im vergangenen Jahrhundert sehr (!) viel angenehmer war als heute. Zum Einchecken gab es immer ausreichend offene Schalter, ohne die heutigen, so kundenverachtend wirkenden langen Schlangen in Viehgattern. Die so zweifelhaften körperlichen Durchsuchungen und Schikanen waren noch nicht eingeführt. Selbst wenn man nur wenige Minuten vor Abflug ankam, hatte man eine gute Chance seinen Flug noch zu bekommen. Im Flugzeug konnte man bequem sitzen, ohne die so menschenunwürdigen Sitzabstandsverdichtungen. In der Regel blieb auch meist der Platz neben einem leer. Abgesehen von den ganz kurzen 35 Minuten-Legs wie Stuttgart-Frankfurt wurde ein Tablett mit einem richtigen Essen serviert, das in der Regel einer vollen Mahlzeit entsprach, nicht die heutigen Müllsäcke, aus denen ein süßer oder saurer Snack hervorgekramt wird. Mir hat es meist geschmeckt, vor allem nach dem ich entdeckt hatte, dass ich für viele meiner Strecken „vegetarisch“ als Special Meal bestellen konnte.
Ich genoss es, viel unterwegs zu sein. Auch die Stewardessen interessierten mich. Sie galten zwar nicht mehr als die Schönheiten des Landes, die in der Super Constellation oder Convair auf einen Ehemann warteten, weil es für das Gymnasium oder den Beruf der Krankenschwester nicht reichte, sondern freundliche Mädels wie diejenigen, die ich an anderen Orten kennenlernte und mit denen ich mich traf. Manchmal haben sie mich interessiert und es kam auchzu einigen Dates wie man heute sagen würde. Vielleicht auch, weil einige sehr nette Ladies dabei waren, die sich mit dem S-Job und Geist der großen weiten Welt gut eingerichtet hatten.
Auf einem meiner Rückflüge von MUC nach HAM musste ich einmal nebelbedingt lange warten. KAT 3 und die heutigen elektronischen Landehilfen waren noch nicht erfunden. So kaufte mir am Kiosk in Riem ein Buch mit dem Titel „Honkong“ von Rudolf Braunburg, einem Lufthansa Jumbokapitän. Tatsächlich flog er die DC 10, doch damals wurden umgangssprachlich alle großen Maschinen als „Jumbo“ bezeichnet, also 747, DC 10 und Tristar. „Hongkong“ war eine seiner vielen Erzählungen aus dem Milieu der Luftfahrt, die ich später alle interessiert gelesen habe. Noch später hat Braunburg das Magazin der Zivilluftfahrt Aero gegründet. Als ich seine Bücher entdeckte, brach mein Interesse an der Luftfahrt endgültig aus.
Anfangs waren Flugtickets immer flexibel und konnten leicht umgeschrieben werden. Der heutige unsagbare Beschiss aus Steuern, Gebühren und anderer Abzocke war noch nicht eingeführt. Mit dem Insiderwissen um die Optimierung war ich immer gut vertraut. Mehrfach habe ich meine Tickets von MUC nach HAM auf MUC-DUS-HAM umgeschrieben, weil auf dem ersten Leg immer eine DC 10 flog, und ich gerne noch einmal in dem Riesenvogel sitzen wollte. Auch auf das Routing HAM-FRA-MUC habe ich einmal umgebucht, um die letzte 707 kennenzulernen, die morgens immer den 7 Uhr Flug nach Frankfurt durchführte.
Manchmal habe ich mir auch kleine Wochenendtrips aus der inkludierten Extramileage oder den Tricksereien mit den schon erwähnten „Imaginary fare construction points“ zusammengebastelt. Warum sollte ich direkt von Paris nach Hamburg fliegen, wenn ich ohne oder mit nur geringen Extrakosten auch über London, Brüssel oder Amsterdam fliegen konnte. Und sei es nur um einen Kaffee zu trinken, den Menschen nachzugucken und ein wenig das dortige Lebensgefühl aufzusaugen.
Bevor ich die LeserInnen irritiere und mich morgen die Gutmenschen-Polizei mit einem Hausbesuch beehrt und ich gar denn ein Umerziehungslagern in Bautzen oder Guantanamo zugeführt werde, möchte ich darauf hinweisen, dass dies ein „historischer“ Tripreport ist. Sprache und Inhalt entsprechen dem vergangenen Jahrhundert und werden nur aus schriftstellerischen Gründen verwendet.
Selbstverständlich weiß ich, dass ich eine Frau Professor mit „Professorix“ anzureden habe, dass der Angriff mit Zivilflugzeugen am 11.9. 2001 nichts mit einer aggressiven und unterdrückenden Religion zu tun hatte, ein wirklich widerliches Gerücht, Frauen gerne freiwillig ihre Burka anziehen und Claude Juncker nun seine segensreiche Arbeit zur Steuerminimierung amerikanischer Konzerne an der Spitze der EU fortsetzen kann. Auch Negerküsse habe ich schon lange nicht mehr gegessen. Aus meiner Bibel habe ich die Weihnachtsgeschichte herausgerissen, weil sie politisch nicht ganz korrekt ist. Das musste ich sagen und kann jetzt unbelastet weiter von meiner jahrelangen Freundschaft mit der Lufthansa erzählen.
Mein Kopf ist voller Erinnerungen aus unserer gemeinsamen Zeit. Wer viel fliegt, kann viel erleben. Meine wohl gefährlichste Situation unterwegs sollte ich schon 1979 erleben. Auf einem meiner Abendflüge von MUC nach HAM war die 727 gerade aus Riem herausgeklettert und wohl gut 20 Minuten unterwegs, als der Pilot (er war wirklich männlich, Pilotinnen sollten bei der LH erst Jahre später eingeführt werden), dass er ein Triebwerk abgeschaltet habe und wir umgehend in Frankfurt landen würden. Worte wie Notlandung oder Emergency vermied er. Das Triebwerk sei überhitzt gewesen. Nach dem Aussteigen, als wir an den Treppen auf den Bustransfer warten mussten, sahen wir deutlich Rauch- und Schmauchspuren einer Engine. Es muss ganz schön gekokelt haben, aber der eingebaute Feuerlöscher hatte offenbar funktioniert. Einige Paxe waren ziemlich aufgeregt und riefen nach Alkohol. It’s a Man’s world. Ich fand es eher interessant, Angst erinnere ich nicht. Eine Ersatzmaschine brachte uns dann weiter nach Hamburg. Den AvHerald gab es damals noch nicht, sonst hätte ich nachlesen können, was ich genau erlebt habe.
Einmal erlebte ich in HAM ein heftiges Durchstarten, wohl 50 Meter über der Langenhorner Chaussee, da wo Helmut Schmidt wohnt. Die Maschine vor uns war wohl nicht schnell genug abgerollt. Nichts passiert, aber es war fast ein richtiger „touch and go“.
Ein anderes Mal war ich an einem sonnigen Herbsttag unterwegs nach London. Als wir genau gerade Amsterdam passierten, erlitt ein Pax einen Herzinfarkt. Alle Passagiere wurden in den hinteren Flugzeugbereich geschickt und unsere Maschine bekam Priority. Wie vom Lineal gezogen rauschten wir in knapp 20 Minuten durch den Luftraum auf der Ideallinie nach LHR, während man sonst ab Amsterdam meistens noch eine Stunde unterwegs ist und durch Südost-England kurvt. Hat leider nichts genützt, der Pax ist noch an Bord verstorben. RIP.
Ein anderes Mal, es muss Anfang dieses Jahrhunderts gewesen sein, war ich an einem trüben Winterabend unterwegs von HAM über MUC nach BEG um Freunde zu besuchen und Medikamente hinzubringen. Es war kurz nach Ende der Balkan-Kriege. Wir hatten gerade den Steigflug verlassen, als uns der Pilot mitteilte, wir würden umgehend aus „operationellen Gründen“ in Berlin-Tegel landen. Dort stände es eine Ersatzmaschine. Mehr Erklärungen hörten wir nicht. Nicht einmal meine Insider bei Lufthansa konnten mit diesem Ausdruck „operationelle Gründe“ so richtig etwas anfangen. Möglicherweise war ein Gepäckstück an Bord, das da nicht hingehörte. Da in München der letzte Anschluss nach BEG nicht mehr zu erreichen war, habe ich meine Reise in Berlin abgebrochen werden musste. Ohne Probleme gab mir LH einen Übernachtungsgutschein, die Bahnrückfahrt nach Hamburg und das Geld für mein Ticket zurück.
In den achtziger Jahren hatte sich mein Wissen über Flugtickets schnell ausgeweitet. Ein Forschungsprojekt, in das ich neben meinem Hauptjob involviert war, führte mich mehrmals in die Stadtverwaltung Londons. Dazu nahm ich häufiger an Workshops in England teil und reiste mit meiner damaligen Freundin gerne noch regelmäßig bei jeder Gelegenheit nach London. Wir liebten das englische Lebensgefühl und haben uns gerne dort aufgehalten, zum Shopping von Büchern, Schallplatten und Jeans sowie für Theater und Kultur. Zwar war und ist Hamburg eine großartige Stadt, aber mit der Größe, der Geschichte und dem Lebensgefühl in London kann sie nicht mithalten. Schnell hatte ich herausgefunden, dass man in einigen Reisebüros Hamburgs Tickets für Dan Air, einer britische Charterfluggesellschaft, die zwischen Hamburg und Gatwick flog als auch für die Lufthansa nach Heathrow kaufen konnte. Solche Tickets hießen damals Graumarkttickets. Sie waren nicht umbuchbar und man erhielt vom Reisebüro zu jedem Ticket einen fiktiven Voucher für eine Hotelübernachtung. Man sollte ihn vorzeigen, falls man kontrolliert werden würde. Allerdings wurde ich nie kontrolliert. Auch konnte man in Hamburg Tickets zu einem sogenannten Reederei-Tarif kaufen, die eigentlich nur für Mitarbeiter von Schifffahrtsgesellschaften gedacht waren.
Schnell lernte ich auch, dass Flugtickets in unterschiedlichen Ländern höchst unterschiedliche Preise haben. London - Hamburg kostete in England zeitweise nur 50% dessen, was ich in Deutschland dafür zahlen sollte. Besonders ab Athen und Lissabon lohnte es sich, dort Tickets zu erwerben und heftige Umwege einzubauen. In das Ticket Athen-Hamburg-Athen habe ich mehrfach den Abstecher von Hamburg nach Dublin via London und zurück eingebaut, die kostenfrei waren, wen man bei der Lufthansa jemand fand, der wohlwollend am Ticket herumrechnete. Dazu bin ich immer in Zeiten, wo nichts los war zum Flughafen gefahren und zu einem Schalter gegangen, an dem das Lufthansa Mädel ein gutes Karma ausstrahlte, also freundlich und entspannt wirkte. Mit einigen charmanten Bemerkungen habe ich mein Gegenüber eigentlich immer anstiften können, ein wenig zu rechnen. So bin ich unter anderem zu meinen zwei schönen Wochenendausflügen nach Dublin gekommen und konnte bis auf den Ostblock alle Länder Europas kennenlernen. Ob man ein Ticket in der Reihenfolge der Coupons abflog, wurde damals nicht kontrolliert, zumindest ist es mir nie passiert. Es waren ja Papiertickets und man konnte die Coupons, die man verwenden wollte, auch herausreißen und beim Check-In abgeben.
Besonders ab Athen und Lissabon habe ich häufiger auch Tickets der ersten Klasse erworben. Auf Inland- und Europastrecken hatte die Lufthansa bis in die Neunziger Jahre nur zwei Klassen. Vorne gab es die First, meist zwei Reihen mit vier fetten First sitzen. Hinter einer Trennwand saßen dann die anderen, egal wie viel sie für das Ticket gezahlt hatten. In der First Class gab es auf allen Strecken ein warmes Essen, sogar morgens um sieben von Hamburg nach Frankfurt.
Gut erinnere ich mich an meine Flüge in First mit der für eine Europastrecke riesigen A 300-600 von Athen nach Frankfurt. Hier bekamen die Paxe in der First Class als Vorspeise immer Kaviar, der aus einem großen silbernen Eimer vom Wagen serviert wurde. Dann kam das eigentliche Essen. Die Sitze waren breit und fett. In Europa in First zu reisen war in den Achtzigern und Neunzigern ein tolles Erlebnis, bis die First dann abgeschafft wurde.
Alle meine A 300 Flüge fand ich großartig, allein schon in so einem Riesenvogel unterwegs zu sein war erhebend.
Das Wissen um Tickets und ihre Optimierung mag in meiner Kurzdarstellung sehr nach Maximierung klingen, aber ich sage schon einmal vorab, dass ich in meinem bisherigen Lebens viel Geld als treuer Kunde in die Lufthansakasse gespült habe, auch zu Zeiten, als ich viele Reisen günstiger mit anderen Gesellschaften hätte machen können. Insofern habe ich kein schlechtes Gewissen für die kleinen Tricks und vielen späteren Vergünstigen als FTL und Senator. Freundschaft ist immer geben und nehmen.
Einige Reisen sind mir ganz besonders im Gedächtnis geblieben. Wenige Tage vor Heiligabend 1989 musste ich zu meinem wohl kürzesten Besuch nach London. Ich arbeitete damals projektweise in einer Fernsehproduktion. Am Vormittag erfuhren wir, dass ein dringend benötigtes Ersatzteil für den Textgenerator der Schnittanlage noch nicht unterwegs war, sondern noch beim Hersteller in der Nähe Londons herumlag. Da kostspielige Produktionsverzögerungen drohten und es so aussah, als ob der Lieferant wenig Lust hatte, das Teil noch vor Weihnachten zu verschicken, tobte einer der Inhaber in mein Zimmer und forderte mich auf, umgehen „den Scheiß aus England“ zu holen. Nur Minuten später war ich nach Fuhlsbüttel unterwegs zum Flughafen. In London nahm ich eines der schwarzen Taxis und fuhr die gut 80 km zum Hersteller. Unser Teil lag in der Ecke und die Mitarbeiter dort hatten angefangen sich zu besaufen, wegen Feierabend oder Weihnachten oder beidem. Wahrscheinlich hätten wir das elektronische Teil wirklich erst im neuen Jahr erhalten. Mit dem Taxi ging es zurück nach Heathrow. Für den Fahrer war meine Fahrt wohl die Hälfte seines Xmas-Umsatzes.
Der Karton war ziemlich groß, etwa 120 x 40 x 40, vielleicht sogar noch etwas mehr, aber nicht schwer. Von einer wohlwollenden Lufthansa-Lady bekam ich die Zusage, dass ich nebst Karton mitgenommen werde, wenn ich ein First Ticket kaufen würde. Gesagt getan. Dann ging ich in die Senator Lounge. Sie war zu jener Zeit ein kleiner verschwiegener Raum, mit vielleicht 20 fetten Ledersitzen und einem Kühlschrank voller Champagnerflaschen. An das Happy-Happy erinnere ich mich nicht mehr genau, wahrscheinlich gab es noch warmes Essen auf Porzellan. Als ich in der Lounge mit der Champagner-Betankung anfing, wurde mitgeteilt, dass unser Flug 2 Stunden Verspätung hatte. Das konnte ja eine lustige Nacht werden, auch wegen des Nachtflugverbots in Hamburg.
In der Lounge lernte ich Tucumba und Uwe kennen. Auch sie saßen herum und wollten nach Hamburg. Tumcumba war ein freundliches Mädchen, so alt wie ich, die ihr Geld als Kunst-Beraterin verdiente und im vornehmen Stadtteil Rotherbaum wohnte. Der seltsame Name war ihr Spitzname, den sie bekommen hatte, als sie sich zwei Jahre in Schwarzafrika aufgehalten hatte. Uwe war ein Geschäftsmann mit seltsamen Einstellungen und Manieren, aber nicht unsympathisch. Er war so alt wie Bob Dylan, also zehn Jahre älter als ich. Um die Zeit totzuschlagen redeten wir viel und betranken wir uns. Später haben wir uns noch einige Male zu dritt getroffen und jeder hat einmal für die anderen gekocht. Der Kontakt zu Tucumba ist dann irgendwann abgerissen, auch weil Uwe ein Auge auf sie geworfen hatte und sie sich aber nicht auf die Ottomane zwingen lassen wollte. Uwe dagegen sollte bis zu seinem Tod im Jahr 2006 zu einem meiner allerengsten Freunde werden.
Dann kam endlich das verspätete Aeroplan nach Hamburg. Tucumba, Uwe und ich bevölkerten die Erste Klasse, auf einem leeren Sitz war mein Riesenkarton festgeschnallt. Gegen halb zwei nachts landeten wir in HAM. Offenbar hatte Lufthansa eine der seltenen Ausnahmegenehmigungen für eine Landung in der verbotenen Zeit erhalten. Ich war so betrunken, dass ich den Karton auf einen Gepäckwagen legte, meinen Mantel darüber ausbreitete und freundlich grüßend am müden Zöllner vorbei zum Taxi ging.
Durch meine Freundschaft mit Uwe erhielt ich Zugang zu Information über die „Welt der Lufthansa“ und zu den mit einem Status verbundenen Vorteilen. Er hatte eine Senator-Karte und war ein HON, was in Ende der 1980er wohl identisch war (anders als heute). Da ich die Tickets meiner vielen Reisen mit LH im wahrsten Sinne des Wortes in aller Welt zusammengekauft gekauft hatte, auch für die vielen beruflichen Flüge, schickte ich einen großen Schuhkarton mit Tickets und Boardingpass-Schnippseln an das Lufthansa Stadtbüro in die Dammtorstraße. Kurze Zeit später war ich stolzer Besitzer einer FTL Karte.
Auf einer meiner Reisen, es war ein privater Trip nach Lulea mit dem schönen Routing Köln-Berlin-Stockholm-Lulea- Göteborg- Düsseldorf lieh mir Uwe seine Senator-Karte und so konnte ich auf den LH Legs die Annehmlichkeiten von Lounge, VIP Treatment und Upgradings auf den Lufthansa Strecken selbst ausprobieren. Damals war innereuropäisch ein upgrade in die First für einen Senator selbstverständlich.
Mein Trip nach Lulua war eine schöne Reise: im Sommer 1992, verstrickt in Geld und Karriere, verbissen in die Sanierung eines maroden Unternehmens, bin ich mit meinem Schulfreund Bernd für drei Tage in Richtung Polarkreis geflogen, in die nordschwedische Stadt Luleå. Dort spielte Bob Dylan zur Mittsommernacht auf dem Volksfest Sjöslaget. Es blieb hell, die meisten Menschen waren mehr oder weniger betrunken. Eine schöne Sommernacht, es war warm, die Stimmung freundlich und entspannt. Nach dem achten Song, passenderweise Love Minus Zero / No Limit, stand ein Mädchen vor mir. Blond und lächelnd. Sie sagte, meine Brille sei witzig und küsste mich lange. Ich war für sie der Reiz des Fremden. Sie lebte in Umeå und stammte aus Gällivare oder umgekehrt. Ihren Namen habe ich vergessen, mit Schweden war ich versöhnt. Auf dem Rückweg flogen wir dann mit Lynjeflug (oder so ähnlich) bei einem Zwischenstopp in Sundsvall nach Göteborg zu einem 2. Konzert. Dienstag morgen saß ich wieder am Schreibtisch und drehte das Hamsterrad.