Wofür ein Drehkreuz? Damit alle Flüge aus Richtung USA noch ne Stunde länger dauern als die Verbindungen nach FRA?
Flugzeiten mit CO:
TXL-EWR
9h 5min
FRA-EWR
8h 40min
Wir reden also nicht über eine Stunde, sondern
25 min längere Flugzeit. Verschmerzbar?
Weil Berlin so schön am östlichen Rand der Republik liegt und damit weit weg von einem zentralen Punkt? Weil alle möglichen Leute aus Übersee nach Berlin wollen? Sicher nicht.
Sicher doch.
Die Berliner Flughäfen lagen 2009 das siebte Mal in Folge
besser als alle anderen deutschen Flughäfen, das Passagieraufkommen steigt Jahr für Jahr, die Zahl der Interkont-Ziele ebenfalls. 1990 wurden in TXL gute 6 Mio Paxe abgefertigt, heute sind es 15 Millionen!
Im übrigen spielt die zentrale Lage innerhalb eines Landes mit der in Europa üblichen Flächenausdehnung eine untergeordnete Rolle, siehe LHR. Daß FRA und nicht BER zum Drehkreuz wurde, ist eher eine Folge des Krieges und der Teilung der Stadt Berlin. Lufthansa ernannte Rhein-Main erst 1970 zum Heimatflughafen, so klar war die Angelegenheit also lange Zeit nicht.
Von den 21 Millionen Berliner Pax gehen knapp 7 Millionen nach Schönefeld, die meisten davon Easyjet, Ryanair, Condor oder Germanwings. Dafür braucht es kein Drehkreuz. Und in Tegel ist ein Großteil innerdeutsch und gerade nicht Zubringer zu irgendwelchen Langstrecken.
Das ist ein Widerspruch in sich.
Der Berliner ist bis auf wenige Ausnahmen bekanntlich gezwungen, über ein Drehkreuz in die große, weite Welt zu fliegen, wobei der Hub nicht unbedingt FRA oder MUC heißen muß, sondern gleichermaßen LHR, CDG oder ZRH - siehe auch
kryptas Beitrag weiter oben. Hätten wir also ein Drehkreuz oder würden einfach nur wesentlich mehr Direktflüge ex BER angeboten, stiege der Bedarf automatisch - Air Berlin macht es ja gerade vor.
LH agiert hier deutlich zu zögerlich:
Die tägliche, gut gebuchte Verbindung nach NYC bedienen CO und AB, die nach BKK AB, die in den Mittleren Osten QR und demnächst AB. Das Lufthansa-Management übt sich seit Jahren in Bedenkenträgerei, Ausflüchten und Abwarten. Schade nur, daß die Mitwettbewerber den Kuchen ungestört unter sich aufteilen dürfen.
In Berlin gibts keine Banken, keine wirkliche Industrie und jede Menge Verwaltung.
Diese Kriterien dürften so ungefähr auf jede europäische Hauptstadt zutreffen.

Aber mal im Ernst: es gibt immer mehr seriöse Studien, die Berlin bessere Aussichten auf wirtschaftliches Wachstum, als vielen anderen Städten Deutschlands prophezeien. Wir spüren den verspäteten Effekt des Regierungsumzugs vor 20 Jahren - immer mehr Organisationen, Verbände etc. siedeln sich an, weil die politischen Entscheidungsprozesse eben nicht mehr im Langen Eugen am Rhein besprochen werden. In der Folge stirbt der klassische, verarmte Insulaner mehr und mehr aus - nicht nur der Prenzlauer Berg befindet sich inzwischen fest in gutsituierter, schwäbischer Hand...
Don't get me wrong, ich lebe die Hälfte der Woche in Berlin. Aber für einen Riesenflughafen und erst recht für ein Drehkreuz gibts keinen Bedarf. Für die meisten Kunden in Tegel wird Schönefeld eine Serviceverschlechterung sein, zumal der vernünftige Bahnanschluß ja wohl auch erst "irgendwann" mal fertig werden wird.
BBI ist keine Liebesheirat der Berliner.
West-Berliner schätzen Tegel, Ost-Berliner TXL und SXF gleichermaßen. Selbstverständlich besteht viel berechtigte Skepsis, und so richtig Lust hat kaum jemand auf die Fahrt nach Schönefeld, aber was solls, wir haben nun einmal keine Alternativen. Warten wir einmal ab, ob man nicht 4-5 Jahre nach Eröffnung die (optionale) Kapazitätserweiterung auf 45 Mio. Passagiere in Angriff nimmt...ob Lufthansa dann endlich kommt?
