44/2. Tag; 5. Winterreise 2017/18
Auch der Endanflug auf Astana, immer wieder ein Erlebnis, man staunt wie die Stadt wächst und wächst – das ‚Raumschiff’ im Vordergrund ist übrigens der Bahnhof.
Astana??? Da wollen wegen des rauen Klimas ja schon die Einheimischen nicht hin. Was bringt einen als Touristen dorthin?
Es ist das Einzigartige dieser Stadt, etwas dass nur in einer absoluten Diktatur möglich ist: man erschafft eine neue Hauptstadt aus dem (fast) Nichts, Widerrede oder Einsprüche wegen Ökosystemen, der Ausrottung ein seltenen Froschart o.ä. gibt es nicht.
Es wird einfach gebaut, um sich ein Denkmal zu setzen, und das an einen Ort mit extremem Klima (zweitkälteste Hauptstadt der Welt, bis minus 50 Grad im Winter, bis plus 40 im Sommer) – und alle müssen, wohl oder übel, mitziehen.
Offiziell wurde die Hauptstadt natürlich aus anderen Gründen verlegt, einmal wegen der Erdbebengefahr in Almaty, aber auch um separatistische Tendenzen zu unterbinden.
Bei Verlegung der Hauptstadt hieß ‚Astana’ übrigens noch nicht ‚Astana’ – sondern ‚Aqmola’, was übersetzt ‚Weißes Grab’ bedeutet, ziemlich unpassend für eine stolze Hauptstadt eines noch stolzeren Landes. Und so benannte man die Hauptstadt bereits im Mai 1998 in ‚Astana’ um, was – sehr einfallsreich – ‚Hauptstadt’ bedeutet.
Die Stadt ist stark gegliedert, in Zentrum, Regierungsviertel, bessere Wohnviertel und die ärmeren Gebiete, welche bereits zu Sowjetzeiten entstanden. Zum Ende der Sowjetunion hatte Zelinograd weniger als 300'000 Einwohner, mittlerweile sind es ca. 1 Million.
Wir landeten am Flughafen Astana,
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natürlich nach dem Präsidenten benannt (andere haben wenigstens noch genügend Stil damit bis nach dem Tode zu warten).
Ich war bereits zwei Mal in Astana, das erste Mal vor 10 Jahren, das zweite Mal vor 7 Jahren – nur war es an der Zeit Valentyna dieses Symbol des Größenwahns, des Gigantismus, des schlechten Geschmacks zu zeigen:
Sehr schnell waren wir aus dem Flugzeug in der Ankunftshalle, das Gepäck kam zügig, wir gingen Landside, wo ein Mitarbeiter einer lokalen Mietwagenfirma (es gibt in Astana keine internationalem Mietwagenfirmen) auf uns warten sollte. Sollte, denn wir standen noch herum als bereits die letzten unserer Mitfluggäste das alte Terminal 2 verlassen hatten. Aber schließlich kam auch unser Fahrer, wir übernahmen unseren geflickten Toyota Corolla
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Nun ging es über eine gut ausgebaute Straße, beiderseits Bauzäune in Richtung Stadt,
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wo man besser alle Verkehrsregeln genauestens beachtet, denn an fast jeder Straßenlaterne hängen mindestens 3 Kameras, dazu stationäre Radarkontrollen – über Mikrophone zum Belauschen würden wir uns nicht wundern.
Weiter in die Innenstadt
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wo sich unser Hotel, das Marriott Astana
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am Ende Hauptstraße befand.
Unser Zimmer war natürlich noch nicht bezugsbereit, wir gaben unser Gepäck ab und fuhren ins 15. Stockwerk, nahmen einen Kaffee in der Club Lounge ein (Danke, Marriott-SPG-Merger),
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bewunderten den Ausblick auf den ‚Khan Shatyr’ (königliches Zelt; Architekt: Norman Foster), das bei Fertigstellung größte Zelt der Welt aus sonnendurchlässigem Kunststoff.
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Der ‚Khan Shatyr’, eingeweiht zum 70. Geburtstag des Präsidenten (Baukosten ca. 260 Million US$) ist ein Einkaufs- und Vergnügungszentrum mit Geschäften, Restaurants, Drop-Tower, Kinos, Wellness-Spa, Wildwasserbahn und Monorail.
Auf der anderen Seite blickten wir in Richtung neue Innenstadt, die Achse der Dostyk Avenue entlang.
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Gut zu erkennen der 155 Meter hohe ‚Transport-Tower’ (links), Sitz zweier Ministerien, eröffnet im Jahre 2003 durch den? Genau, Präsidenten. Rechts, mit der 40 Meter hohen goldenen Kuppel und den 63 Meter hohen Minaretten, die Nur-Astana-Moschee (größte Moschee Zentralasiens), welche nach 3 Jahren Bauzeit im Jahre 2005 von wem eröffnet wurde? Richtig, dem Präsidenten.
Mit Kaffee gestärkt schwangen wir uns wieder ins Auto, fuhren die Dostyk Avenue nach Osten bis zum ‚Haus der Ministerien’,
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einem langgezogenen, gewölbten Bau, welcher mit seinen riesigen Torbogen den typischen Stalinbauten nachempfunden wurde. Nichts finde ich so grauenvoll wie rückwärtsgewandte Architektur von Neubauten, egal ob römisch, griechisch, ägyptisch oder sowjetisch.
Von hier wieder nach Westen, das Auto abgestellt und durch den Park zum Wahrzeichen Astanas, dem ‚Bayterek Tower’.
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Vom Platz hat man einen schönen Blick den Water-Green-Boulevard hinauf in Richtung Westen, im Hintergrund wieder der ‚Khan Shatyr’.
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Der 105 Meter hohe Bayterek Tower wurde von einem kasachischen Architekten entworfen, soll den Lebensbaum darstellen, mit einem Ei in der Baumkrone.
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In dem ‚Ei’ befindet sich auf 97 Metern Höhe eine Aussichtsplattform mit dem vergoldeten Handabdruck von wem? Genau, des Präsidenten.
Noch ein kurzer Blick vom Platz den Water-Green-Boulevard hinunter in Richtung Osten,
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mit dem ‚Ak-Orda-Präsidentenpalast’ an dessen Ende (oder Anfang), eingeweiht Ende 2004. Von wem muss ich wohl nicht mehr erwähnen.
Wir fuhren nach Osten, hatten so den gesamten Water-Green-Boulevard vor uns, mit Bayterek Tower und Khan Shatyr im Hintergrund.
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Noch kurz in Richtung Präsidentenpalast gelaufen,
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Erkannt wie miserabel die gesamte Bauqualität der Stadt ist. Überall lösen sich die Bodenplatten, auch die (billige) Wandverkleidung der Gebäude ist oft bereits lose. Das ist eben das Problem wenn man eine solche Stadt auf die Schnelle hochziehen möchte – die Qualität bleibt auf der Strecke, lange hält das nicht. Auch sieht man oft unter den durchsichtigen Wandverkleidungen den nackten Beton der Grundstruktur durch – nicht besonders schön auf den zweiten Blick.
Aber dies ist bei weitem nicht das größte Problem der Stadt. Dadurch, dass Astana in der topfebenen kasachischen Steppe liegt ist es sehr windig, was ‚kalt’ noch ‚kälter’ macht. Nun hat man aber die Stadt Schachbrettartig angelegt und die hohen Gebäude kanalisieren den Wind noch zusätzlich, sehr, sehr unangenehm!
Also verkrochen wir uns schnell wieder ins warme Auto (viele lassen den Motor einfach laufen wenn sie z.B. in ein Restaurant gehen), fuhren über den Fluss zum ‚Präsidenten Park’. Auch hier stellten wir das Fahrzeug ab, Valentyna war nur sehr widerwillig in die eisige Kälte zu bekommen.
Zuerst sieht man natürlich die Pyramide des Friedens und der Eintracht,
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ein 77 Meter hohes Bauwerk entworfen von Norman Foster, in Auftrag gegeben vom Präsidenten Kasachstans höchstpersönlich.
Das Gebäude symbolisiert die verschiedenen Religionen der Welt, beherbergt zudem eine Oper mit 1'500 Sitzplätzen und ein Zentrum der verschiedenen Volksgruppen des Landes.