Der Systembeschreibende Diesel Abschnitt für die technisch interessierten.
Hallo,
nachdem jetzt verschiedentlich Fragen aufkommen bezüglich der versprochenen Updates vom Diesel Gipfel möchte ich dann mal die Zusammenhänge erklären.
Dies in 2 Teilen und damit 2 Beiträgen
1.) Erstens einen etwas theoretischen Teil mit einer Systemerklärung für die die es interessiert.
2.) Eingehend auf die Aktuelle Diskussion mit Nachrüstungen per software und die zu erwartenden Vor und Nachteile.
Hier Teil 1: Der Systembeschreibende Diesel Abschnitt für die technisch interessierten.
Was macht den Diesel attraktiv?
Das ist im wesentlichen die Konstruktion in Verbindung mit dem Kraftstoff. Der Diesel Kraftstoff ist nämlich eingespritzt unter Kompression und auch der dabei erzeugten Temperatur selbstzündend und das auch in kleinsten Mengen. Man spricht beim Diesel daher auch von einer Qualitätsregelung – Das heißt, dass die Gasmenge immer die Gleiche ist und lediglich die Kraftstoffmenge erhöht wird wenn mehr Leistung/ Drehmoment gefordert ist. Dadurch, dass das alles ungedrosselt passiert, hat der Diesel einen Verbrauchsvorteil.
Zum Vergleich:
Beim Ottomotor spricht man dagegen von Quantitätsregelung- mit mehr Leistungsanforderung wird hier mehr Luftmenge und gleichzeitig mehr Kraftstoffmenge zugeführt, entweder durch die Drosselklappe, durch Ventilsteuerung (z.B: BMW Vanos), oder kombiniert. Dies ist bedingt durch den Kraftstoff der im verdichteten Motor auch nur durch eine bewusste Zündung (Zündkerze) verbrennt. ‚Etwas‘ Qualitätsregelung wäre auch beim Ottomotor möglich (z.B. durch Schichtladung) , aber das ist heute kaum verwendet, die meisten Ottomotoren laufen immer im Stöchiometrischen Bereich- gleiche Luftanteile zu Kraftstoffanteilen – etwa 14,7 zu 1 = Lambda 1.
https://de.wikipedia.org/wiki/Verbrennungsluftverhältnis
Zurück zum Diesel und jetzt zur Verbrennung.
Luft besteht bekanntlich im Wesentlichen aus 21% Sauerstoff, 78% Stickstoff und 1% Argon etwas CO2 und anderen kleinen Gasanteilen.
Für die Verbrennung und zur Energieerzeugung ist nur der Sauerstoff interessant.
Die Hauptverbrennungsgleichung lautet :
Kraftstoff + Sauerstoff = Kohlendioxyd + Wasser (für Otto und Diesel)
Chemisch: CxHy + O2 = CO2 + H2O – eine vollständige Chemiegleichung erspare ich mir hier).
Bei der Verbrennung entsteht darüber hinaus als Schadstoff:
HC (unvebrannte Kohlenwasserstoffe aus unvollständig verbranntem Kraftstoff)
CO (Kohlenmonoxyd- aus unvollständig verbranntem Kraftstoff)
NOx (Stickoxide aus dem in der Luft vorhandenem Stickstoff der auch unter hoher Temperatur und viel vorhandener Luft mit dem Sauerstoff reagiert -meist zu NO und NO2).
Partikel: Entstehen eigentlich nur beim Diesel, im Geringen Umfang allerdings auch beim Otto Direkteinspritzer.
Beim Ottomotor werden die Schadstoffe HC, CO und NOX mit dem 3-Wegekat oxidiert (CO und HC), bzw. reduziert (NOx) wenn der Motor stöchiometrisch betrieben wird.
Beim Dieselmotor ist es wegen dem hohen Sauerstoffüberschuss im Bennverlauf schwieriger. Allerdings könne HC und CO mit einem Oxydationskatalsator wie beim Otto Motor ebenfalls zu CO2und H2O oxydiert werden. Jeder Diesel hat also erst mal einen ‚OXY‘ Kat.
Als weiteres hat er (seit Euro 5b nahezu flächendeckend in allen Applikationen) einen Partikel Filter = Rußpartikel Filter. Nun zum Thema Verringerung der Stickoxyde.: Wie gesagt verwntwortlich für die Entstehung ist der hohe Sauerstoffüberschoss in Verbindung mit hohen Temperaturen während der Verbrennung. Salopp gesagt könnte man sagen: weil viel mehr Sauerstoff als Kraftstoffmenge (CxHy) vorhanden ist und die Bedingungen so kuschelig warm sind, verbindet sich der überschüssige Sauerstoff mit dem Stickstoff der Luft zu Stickoxyden ( NOx).
Was verringert das Stickoxyd?: Als erstes gilt es das überschüssige Sauerstoffangebot zu verringern und das geschieht mit der Abgasrückführung (AGR). Man führt also verbranntes Gas aus dem Auslass über ‚Kanäle/ Leitungen und einen Gaskühler sowie ein Steuerventil wieder in den Einlasstrakt des Motors zurück. Die Konstruktion der AGR Systeme wurde im Lauf der Zeit immer aufwändiger, weil mit zunehmenden AGR raten auch Probleme zunahmen, denn in manchen Last und Temperaturbereichen neigt das AGR System zum Verschmutzen/ Bzw. zur Versottung mit dem Ergebnis die Kanäle, sowie das Ventil ‚zugehen‘. Heute wird bei Neukonstruktionen peinlichst darauf geachtet dass das AGR System gute strömungseigenschaften hat und sich im Notfall vernünftig reinigen lässt. Bei älteren Konstruktionen ist das nicht immer der Fall, weil die Stelle wo das AGR System verbaut ist oft nur sehr schwer für die Wartung zugänglich ist. Säubern und eventuell Ventil austauschen ist üblicherweise eine aufwändige (und teure) Angelegenheit.
Alleine mit AGR ließen sich die gesetzlichen Anforderungen an die Stickoxyd Emissionen seit Euro 5 (schwere Fahrzeuge) und erst recht Euro 6 nicht erfüllen. Dazu gibt es zwei Systeme:
1) den NOx Speicherkat: der Speichert die Stickoxyde zwischen und reduziert sie ab und an (alle 10 km?) durch kurzzeitiges anfetten.
Diese Technik eignet sich im Wesentlichen für leichtere Euro 6 Fahrzeuge, so etwa bis zur Golf Klasse, (sagen wir max. 1500kg Normgewicht) um im Testzyklus zu bestehen. Für die späteren RDE Tests (Real Drive Emissions) wird es spätestens ab 2019 nicht mehr ausreichen, sodass spätestens dann fast alle Applikationen die zweite Option verwenden werden.
2.) Der SCR Katalysator mit Harnstoff Einspritzung (Add Blue) wird über Ammoniak Erzeugung aus dem Add Blue NO und NO2 zu H2O und N2 reduziert. Es benötigt einen Add Blue Tank im Fahrzeug, diverse Sensoren und natürlich Software (und Hardwareanschlüsse für die Sensoren) im Motorsteuerungsgerät.
https://de.wikipedia.org/wiki/Selektive_katalytische_Reduktion.
Der SCR Kat ist seit Euro 6 meistens in den Schwereren Fahrzeugen (>1300-1500kg) vorhanden, will sonst die Euro 6 Abgaswerte nur schwer erreichbar sind. Im Zuge der Einführung der RDE (Real Drive Emission) Straßen- und außer Testzyklus Tests werden wohl nahezu alle Diesel Fahrzeuge, auch die leichteren im Laufe des Jahres (genau bis September 2018) auf SCR und Add Blue umgestellt, sonst ist das weite RDE Fahrspektrum kaum (eher nicht) beherrschbar.
So das war mal Technik.
Flyglobal