45. Tag, 31.03.2015; Napier
Der heutige Tag stand voll im Zeichen des Art Deco.
Manchmal kann es auch zu viel Art Deco sein, wie z.B. im Badezimmer unseres Hotelzimmers. Mit getrennten Wasserhähnen für kaltes und warmes Wasser am Waschbecken, einem ‚Rundum-Duschvorhang’ um die wirklich alte Badewanne etc.
Auch die Sauberkeit lässt im ‚The County Hotel’ für immerhin NZ$ 245/Nacht zu wünschen übrig, Staub wohin man blickt.
Augen zu und durch, runter zum Frühstück – das Foto im Aufzug sieht sehr einladend aus. Leider wesentlich einladender als die Realität, denn das Continentale Buffet war eher ein Witz: zum Beispiel war der Weichkäse bereits aufgeschnitten – allerdings hatte man nur die Rinde aufgetischt. Der Rest war lieblos präsentiert, der Fruchtsalat nur sehr grob geschnitten – einfachster Standard.
Zum Glück konnten wir auch ein ‚gekochtes Frühstück’ wählen – was wir dann auch taten.
Das ‚The Country Country Frühstück’ war okay – auch wenn es sich bei den Hash Browns um ein Convenience Produkte handelte.
Satt waren wir wenigstens und so zogen wir zur i-site an der Strandpromenade, um uns mit einer Karte für den Art Deco Self-Guided Walk einzudecken.
Ehrlich gesagt sind NZ$ 7.90 schon heftig für eine solche Broschüre, wenigstens ohne jede Werbung. Aber – und das muss ich ehrlich gestehen – ist sie sehr informativ und erfüllt ihren Zweck.
So setzten wir uns zuerst in ein Café und ich versuchte meiner +1 die Geschichte Napiers und des Art Decos näher zu bringen – nicht so einfach auf Russisch.
Und schon zogen wir los, vom Art Deco Center, dem Ausgangspunkt,
in Richtung unseres Hotels.
Wieder die Strandpromenade entlang bis zum ‚The Dome’ (dem Wahrzeichen Napiers, in welchem ich bei meinem letzten Aufenthalt genächtigt hatte),
hinunter die Emerson Street in die Hastings Street mit einem Abstecher in eine Art Deco Bank.
Nun war es an der Zeit mir einen Haarschnitt verpassen zu lassen, um wieder unter den zivilisierten Menschen abseits der Südinsel verweilen zu können. Dazu wählte ich einen sehr hübschen Salon, der im Inneren wieder komplett im stilgerecht restauriert war.
Weiter Richtung Westen über die Hastings Street
bis zur ‚Parkers Chambers’, einem wunderschönen Gebäude, welches heute eine Weinhandlung ist, man es damit auch von Innen betrachten kann.
Überhaupt, die Menschen in Napier waren sehr freundlich. Häufig, wenn man sah, dass wir das Gebäude betrachteten, wurden wir eingeladen ins Innere zu kommen – egal ab Geschäft oder Rechtsanwaltskanzlei.
Nun war es Zeit für einen kleinen Mittagssnack. Wir besorgten uns etwas Kleines, genossen es auf einer Bank an der Strandpromenade.
Als nächstes stand das ehemalige Regierungsgebäude auf dem Programm, im Stil der Regierungsgebäude Washington D.C.’s der 30er Jahre (auch hier kann man einfach hineingehen, heute sind dort verschiedene Büros untergebracht),
(man beachte die Lampe im Vordergrund)
und im Anschluss die St. John’s Cathedral. Ob man einen solchen modernen Sakralbau hübsch findet ist eine völlig andere Frage – nur spiegelt er hervorragend die klaren Linien und die Farbgestaltung dieser Zeit wider.
Zurück über die Hastings Street zur Tennyson Street
und hinunter in Richtung Clive Square. Dort befindet sich ein Schnellrestaurant, komplett im Art Deco Stil. Hübsch – aber das Essen soll nicht gut sein.
Vom Park über die Emerson Street, vorbei am Rotlichtviertel Napiers (Dalton Street), zum Hotel, wo wir nach 5 Stunden Rundgang (inkl. Mittagspause und Friseurbesuch) wieder ankamen.
Meine +1 hat jetzt erst mal genug vom Art Deco, denn sie hatte es irgendwann satt, dass ich in jedes offene Treppenhaus ging, die Geländer, Lampen etc. bewunderte.
Dafür, dass meine +1 heute so tapfer das Art Deco Programm durchgestanden hatte, ging es in ein legeres ‚Fine Dining Restaurant’ mit kreativer Küche.
Das ‚Pacifica Kaimoana’ liegt an der Marine Parade, keine 5 Minuten von unserem Hotel entfernt.
Das Interieur ist schlicht aber sehr stilvoll, vor allem die Tische und die Küchenverkleidung haben es mir angetan.
Zudem gefällt es mir wenn die Küche offen gestaltet ist, man den Köchen ein bisschen zuschauen kann.
Die Auswahl ist sehr einfach – entweder das Set Menü mit Fleisch oder das Set Menü mit Fisch, jeweils 5 Gänge zu NZ$ 50 oder mit dem passenden Wein zum Gericht zu NZ$ 110.
Um die volle Vielfalt zu erhalten, bestellten wir ein fisch- und ein fleischlastiges Menü.
Für meine +1 gab es einen trockenen Apfel-Cidre (welcher sehr fein moussierte),
für mich ein lokales Ginger-Beer in einer sehr ansprechenden Flasche.
Da alle Gerichte frisch zubereitet wurden, nahm das gesamte Essen 2.5 Stunden in Anspruch. Ich finde ein solches Essen immer wieder schön, da man sich mit seinem Partner unterhalten kann – ohne Smartphone und andere Ablenkungen.
Als Amuse Gueule wurde uns ein Kartoffel-Zwiebelsüppchen serviert, bestäubt mit einem Pulver vom Steinpilz. Dazu hausgemachtes Foccacia (das auf der Oberseite zu salzig war) und Butter mit Knoblauchpulver.
Die Vorspeisen waren bei beiden Menüs identisch. Zuerst gab es kurz gedämpfte Grünlippen-Muscheln, gefüllt mit einer Farce von der Jacobsmuschel, an Erbsenmayonnaise mit einem Schaum vom Fischrogen.
Während mir das Gericht ausgesprochen gut schmeckte, war es meiner +1 etwas zu ‚fischig’ – vor allem da man es wirklich kauen musste.
Gefolgt wurde diese Komposition von der zweiten Vorspeise, einem cremigen Pilzragout an einem Rosenkohlpüree (ich liebe Rosenkohl!) mit einem getrüffelten Parmesan-Chip.
Das Pilzragout war lecker – wurde aber von dem sehr intensiven Rosenkohlpüree überdeckt. Der Parmesan-Chip war eine optische Beigabe, von Trüffel nichts zu spüren. Mir hätte aber schon eine Schüssel von dem sehr leckeren Rosenkohlpüree gereicht.
Nun bekam meine +1 einen kurz angebratenen Blue-Fin Tunfisch und Tempura Krevetten mit Gänsestopfleber-Crumble.
Sehr lecker, sehr geschmacksintensiv – auch wenn man von der Gänsestopfleber nichts mitbekommen hat.
Mir wurde hingegen eine köstliche, in Panko-Mehl kurz frittierte Rolle serviert, gefüllt mit einer Lamm-Blutwurst-Farce, dazu einen mit einer Maismousse gefüllten Tortellini an einer Gänselebersauce mit feingehackten Mandeln.
Nachdem ich etwas mit Salz nachgeholfen hatte: köstlich, vor allem die Lamm-Blutwurst-Frace in der crunchigen Hülle.
Weiter ging es bei meiner Lebensgefährtin mit einer etwas gewagten Komposition, einem in Sesam gewendeten Schwertfisch, welcher in einer Reduktion vom Kalmar & Elefantenrüsselmuschel schwamm, abgeschmeckt mit Ingwer und Koriander.
Ich hingegen erhielt 3 kurzfrittierte Bällchen von der Ochsenbacke und Ochsenzunge, auf einem Rote-Beete-Püree, dazu Tempura vom Lamm-Bries und ein bisschen Japanische Zucchini.
Und Rote Beete ist nicht so mein Ding. Ich kann es essen, muss es aber nicht. Zum Glück schmecke meiner +1 ihr Hauptgericht nicht, wieder sehr fischig im Geschmack, wie ich es liebe.
Und so tauschten wir die Gerichte und waren beide glücklich.
Als Dessert gab es sogar eine Auswahl: Käse oder Süßspeise. Um nichts zu verpassen bestellten wir dies und das.
Der Käse war köstlich, vor allem mit dem hervorragenden Naturhonig, welcher in der Wabe serviert wurde. Auch die marinierten Apfelspalten – ein Traum.
Obwohl ich Süßes liebe, war das Soufflé mit einer Mousse von weißer Schokolade gar nicht meines. Das Blaubeer-Soufflé war zwar perfekt in der Konsistenz – jedoch mit irgendeinem Tee geschmacklich angereichert. Und solange meine Körpertemperatur unter 40 Grad beträgt trinke ich keinen Tee! Zum Glück liebt meine +1, wie alle Russen/Ukrainer, Tee – und sie verputze es komplett.
Inklusive unserer Getränke und NZ$ 10 Trinkgeld kam die Rechnung auf NZ$ 126, ein sehr gutes Preis-/Leistungsverhältnis für einen gelungenen Abend.