Und diese Aussage ist auch richtig. Man muss sie einfach richtig verstehen. Auch die Ultras stehen natürlich in der Erwartungshaltung, dass "ihr" Verein erfolgreich spielt und nach Möglichkeit nicht absteigt (man erinnere sich z.B. an sehr unschöne Bilder aus Frankfurt aus 2004, als es dann doch mal passierte). Diese Erwartungshaltung meine ich, wenn ich sage, dass auch die Ultras natürlich dadurch an der Kostenschraube drehen. Natürlich nicht direkt.
Eine Loge zu haben hat klare Gründe. Diese liegen natürlich irgendwo in einem gewissen Unterhaltungswert, aber in erster Linie liegen sie in ganz anderen Bereichen. B2B ist hier das Zauberwort. Und aus meiner Sicht kann man auch festhalten, dass die Einnahmen für einen Bundesligaverein aus den Business Bereichen und den Logen auch dazu beitragen, dass im Stadion ansonsten die Ticketpreise in einem erträglichen Niveau bleiben.
Aber so ist halt jeder Blickwinkel immer geprägt von subjektiven Empfindungen. Ich stelle mich einfach grundsätzlich auf den Standpunkt, dass ich mich an Regeln halte und dass ich mein Gegenüber respektiere. Und genau hier sehe ich eben Entwicklungspotential bei den Ultras.
Nope - Thema verfehlt
Zunächst einmal halte ich es da komplett mit dem Standpunkt der - zu Unrecht - viel gescholtenen Ultras. In einer Zeit, in der von allen Teilen der Gesellschaft Einschränkungen hingenommen werden müssen, ist es nur schwer zu vermitteln, weshalb der Fußball (seit 14 Jahren bin auch ich mit einer Dauerkarte unterwegs) an dieser Stelle besondere Kapazitäten zur Verfügung gestellt bekommen soll.
Wenn wir über den Wirtschaftsaspekt sprechen - und von den vielen Arbeitsplätzen, die davon abhängen - dann können durch die Durchführung der Geisterspiele auch erstmal nur die Arbeitsplätze gehalten werden, die direkt mit der Durchführung der Spiele zusammenhängen. Andere Arbeitsplätze und Einnahmequellen, die im Rahmen eines Fußballspiels anfallen - Sicherheitspersonal am Stadion/Umfeld, Fahrpersonal, Polizei, Catering etc., aber genauso auch die Gastronomen in der Region der jeweiligen Vereine, haben in der aktuellen Situation dennoch NULL Komma NICHTS von diesen Spielen. Darüber hinaus ist das "Produkt", wie wir den Fußball in diesem Falle betrachten können, ebenso viel unattraktiver, da die Emotionen, von denen das Spiel dann doch lebt (Vgl. das Geisterspiel Gladbach vs. Köln mit einem Spiel Saarbrücken vs. Düsseldorf im Pokal-Viertelfinale), einen nicht unerheblichen Teil dieses Gesamtprodukts ausmacht. Stattdessen besteht beim Fußball eher das Risiko, dass sich einige Unverbesserliche dann doch im Stadionumfeld bemerkbar machen wollen und somit evtl. am Stadion singen o.Ä.. (siehe Vorkommnisse bei Gladbach vs. Köln oder PSG vs. BVB) - genauso sollte man auch nicht vergessen, dass jegliche Formen evtl. möglicher Public Viewings o.Ä. dasselbe Risiko einer Virusverbreitung hervorrufen wie in Bergamo geschehen (beim CL-Rückspiel).
Wenn wir nun also sagen, dass wir die Fortführung der Fußball-Bundesliga auf Teufel komm Raus durchpeitschen wollen, wäre dies genau so ein Hohn für alle Handball-/Basketball-/Eishockey-Fans. Das Produkt (die jeweiligen Spiele) könnten auch in diesen Ligen unter gleichwertigen Bedingungen (sogar mit einem kleineren Testaufwand, da weniger Kaderspieler + saisonbedingt weniger verbliebene Mannschaften) fortgesetzt und beendet werden.
Sprechen wir über die Rolle der Ultras im Fußball. Da lese ich hier Zitate wie "Die Ultras sind für mich unten durch" oder "sie idealisieren eine Zeit ohne sie zu kennen" und frage mich, wer hat sich wirklich mit der Materie der Ultras neutral auseinander gesetzt? Zugegeben, Ultras sind oftmals nicht die hellsten Kerzen auf der Torte, wenn es darum geht, sich medial positiv darzustellen. Dies liegt aber auch daran, dass die Ultras medial auf das Negative runtergebrachten werden. Wenn man sich die Umfelder verschiedener Vereine - und gerade jetzt auch in der Corona-Zeit anschaut, dann sieht man, dass die Ultras einen wesentlichen Fokus und Stolz auf ihre eigenen Heimatstädte haben und sie nicht selten auch in karitativen Initiativen aktiv sind (siehe die verschiedenen Banner, die relativ zu Beginn der Lockdown-Phase in den jeweiligen Spielorten zugunsten der Alltagshelden aufgehangen worden sind).
Genauso aber auch sehen sich die Ultras als kritische Stimme der Stadiongänger (wenn man sich den Anteil der Ultras unter den regelmäßigen Stadionbesuchern anschaut, dann ist dieser Anspruch auch irgendwo gerechtfertigt) und sprechen somit Themen an, die kritisch zu betrachten sind (Zerstückelung der Spieltage, 50 + 1, Abschaffung Stehplätze etc.) - aber auch hier erfolgt, an den meisten Standorten, ein Diskurs mit den Dachverbänden der weiteren Fanclubs, um einen halbwegs gemeinsamen Standpunkt zu definieren. (Auch wenn die Kommunikation dieser Standpunkte nicht immer glücklich verläuft - siehe den Protest zu Kollektivstrafen, die sich zu sehr an der Person D.Hopp festhalten. Beispiele wie 12:12 im Jahr 2012 oder verschiedene organisierte Stimmungsboykotte zeigen, dass die Ultras auch organisiert durchdacht agieren können).
Und ich kann definitiv versichern - kein Ultra in Deutschland geht mit der Erwartungshaltung ins Stadion, dass man top unterhalten wird - sondern stattdessen haben die Ultras den Anspruch an ihren Verein, dass diese ihre eigenen Farben würdig repräsentieren - genau wie die Ultras an sich den Anspruch haben, ihre Stadt und ihre Vereinsfarben würdig und mit den "entsprechenden Werten" zu repräsentieren. Genauso gibt es auch keinen Ultra, der dafür Millionenausgaben fordert - Beispiele wie Freiburg aktuell oder der VfB Stuttgart in den Jahren 2000-2009 zeigen ja, dass es mit einer guten Nachwuchsarbeit auch möglich ist, attraktiven Fußball zu spielen ohne mit Geld um sich zu schmeißen - und mit ebensolchen Spielern aus der eigenen Jugend oder denselben Werten können sich Ultras zudem auch besser identifizieren (siehe L. Podolski, K. Großkreutz oder auch S. Kehl in Dortmund).
Daher bin ich - auch wenn mir der Fußball persönlich genauso fehlt wie das Reisen - definitiv beim Standpunkt der Ultras und sehe auch keinen Grund an der Stellungnahme irgendetwas verwerfliches zu finden. (Wer suchet, der findet natürlich - aber dann würde ich davor auch das ganze Spektrum betrachten. Und nochmals - Ultras sind aus meiner Sicht keine Heiligen oder Vollkommenen. Es gibt nicht Wenige, die die Weisheit nicht mit Löffeln gegessen haben. Aber viele der angeführten Standpunkte haben ihre Richtigkeit und auch wenn sie bisweilen nicht immer die schlauesten Formen der Kommunikation ihrer Standpunkte haben, bereichern sie das Stadionerlebnis eines normalen Fans dann doch auch ungemein.)