72. Tag; 11.04.2016; Peking
Da wir heute einiges anschauen wollten, standen wir recht früh auf, begaben uns bereits um 8 Uhr zum Frühstück im Hauptrestaurant des W Hotels
– nur um festzustellen, dass dies im Keller, ohne Tageslicht, liegt. Ich weis nicht wie es Euch geht, aber ohne Tageslicht, gerade am Morgen, geht gar nicht – da verfallen wir beide wieder in den Schlafmodus.
Immerhin macht das Buffet optisch etwas her, bietet eine gute Auswahl.
(Eis zum Frühstück...)
Die Qualität des Gebotenen konnte allerdings mit der Optik nicht mithalten, das Müsli war schleimig-klebrig, Bacon, Hash-Browns und Würstchen kalt und latschig, die Köche verstanden kaum Englisch so dass man statt ‚sunny side up’ die Variante ‚over’ aufgetischt bekam. Also zurück zur Eierstation und dem Koch mal beigebracht wie man die perfekten Spiegeleier zubereitet – ich glaube das war das erste Mal dass ein Gast am Herd stand.
Kurz vor die Türe, wo gerade Dreharbeiten zu irgendwas stattfanden,
und einen Schreck bekommen, es war eiskalt, gerade mal 5 Grad um kurz nach 9. Dummerweise haben wir für solche Temperaturen keine Kleidung dabei. So verzogen wir uns aufs Zimmer und ruhten nochmal etwas aus, warteten bis die Temperaturen wenigstens zweistellig wurden.
Um kurz nach 11 zeigte die Wetter-App 10 Grad und wir nahmen ein Taxi zum Himmelstempel. Stau und Einbahnstraßen verursachten eine Fahrtdauer von über 30 Minuten – immerhin bekamen wir so etwas von den Seitenstraßen Pekings zu sehen und lernten, dass Peking und Moskau sich extrem ähnlich sind. Teilweise, wenn wir uns die Chinesen und die Schriftzeichen weggedacht hätten, hätten wir gemeint in Moskau zu sein.
Am Himmelstempel angekommen gab es erstmal einen kleinen süßen Snack von einem Straßenhändler, wunderbar große Erdbeeren mit Karamellüberzug (US$ 1.50).
So leckere, süße Erdbeeren haben wir noch nie gegessen!
Eintritt bezahlt und hinein in den großen, wunderschönen Park. Zuerst kamen wir am runden Opfertempel an,
in welchem jedes Jahr der Kaiser für eine gute Ernte betete. Der Tempel sah aber schon von außen aus wie alle Tempel – also schenkten wir uns das Hineingehen und liefen auf einem erhöhten, breiten Weg
zum nächsten Tempel, welcher von einer ‚Echomauer’ (spricht man gegen die Wand hört man dies überall an der Mauer) umgeben ist.
Weiter nach Westen an einem weiteren Gebäude vorbei
durch ein Tor
zum Ausgang, wo wir uns ein Taxi zum Platz am Tor des Himmlischen Friedens (Tiananmen-Platz, der mit den Studenten und Panzern) nahmen.
Obwohl ich schon zig mal in Peking war, auf der Straße immer daran vorbeirauschte, hatte ich es noch nie auf den Platz geschafft – was sich heute ändern sollte.
Zuerst durch eine Sicherheitskontrolle und schon standen wir auf einem der größten (oder dem größten) befestigten Plätze der Welt, hinter uns das Mausoleum von Mao
mit vielen riesigen, kraftvollen Skulpturen, welche nur im Kommunismus oder dem 3. Reich so hatten entstehen können. Ich denke wenn Mao den heutigen Verkehr, die vielen großen Luxusschlitten etc. sehen würde, er würde sogar konserviert in seinem Mausoleum rotieren.
Das Nationalmuseum
auf der Westseite hätte so auch von Stalin oder GröFaZ abgesegnet werden können.
Die Präsenz von Polizei und Armee auf dem Platz ist jedenfalls extrem, Kameras beobachten den kleinsten Winkel, vergitterte Polizeiautos überall.
So lag nun das Tor des Himmlischen Friedens und dahinter die verbotene Stadt direkt vor uns,
Ziel Nummer 2 des Tages.
Aber dann erspähten wir die Schlangen am Eingang, schauten uns an und fassten ohne ein Wort zusprechen den Entschluss für heute sein zu lassen. Es war ja eh schon 14 Uhr, V. knurrte der Magen – also Zeit zum Mittagessen.
Zu Fuß
auf die Hauptshoppingmeile Pekings, der Wangfujing Straße,
auf welcher sich Edelboutiquen, Uhrenläden, Street-Food-Stände und Massenware aneinanderreihen. Ziel war das (oder besser ‚ein’) DADONG, ein hochwertiges Restaurant für Peking-Ente und andere chinesische Leckereien (auch unser Freund in Shanghai hatte uns empfohlen dieses Restaurant aufzusuchen).
Durch ein Wunder fanden wir das Restaurant in einer Seitenstraße auf anhieb, nahmen den Aufzug in den 6. Stock und betraten den Enten-Tempel, schick ‚chinesisch’ gemacht.
Die Enten werden öffentlich zubereitet, man hat einen schönen Blick darauf.
Ich bestellten die VIP-Variante,
angeblich ‚besser’ und nur US$ 3 teurer als die Standardvariante – da kann man sich ja mal als VIP fühlen.
Die Ente kam sehr schnell angewatschelt
und wurde professionell zerlegt.
Nur die Art des Zerlegens gefiel mir nicht im Geringsten! Zuerst wurde die Haut inklusive der recht dicken Fettschicht abgenommen und in kleine Streifen geschnitten.
Nun folgte das Abschneiden und Zerteilen des Fleisches von Brust und Keule, welches ebenfalls auf kleine Teller gelegt, auf unserem Tisch platziert wurde. Nun hatten wir also einen Teller mit fettiger Haut in dünnen Streifen und zwei Teller mit Fleisch und Keulen auf dem Tisch, dazu die hauchdünnen ‚Pfannkuchen’, zwei hohle ‚Brötchen’ mit Sesam und zwei Schalen mit Sauce, Gurke, Rettich und anderem Gemüse.
Die Servicekraft erklärte nun, dass man die Ente auf 3 verschiedene Arten Essen würde:
1.) Das Fleisch in die Sauce dippen, auf einen Pfannkuchen geben, Frühlingszwiebeln und Gurke darauf und ‚einwickeln’, dann mit der Hand essen
2.) Die fettigen Hautstreifen mit den Stäbchen in Zucker dippen und essen
3.) ‚Brötchen’ aufbrechen, mit Entenfleisch, Gurke und Rettich füllen, wieder zuklappen und mit der Hand essen.
Es tut mir leid es sagen zu müssen – ich fand es furchtbar! Ich esse ja gerne süß und salzig zusammen, z.B. French Toast mit Ahornsirup und knusprigem Bacon – aber Entenhaut mit dicker Fettschicht und Zucker, nein, das ging nicht. Auch das Entenfleisch im Pfannkuchen brachte nicht viel – denn außer der Sauce hatte nichts Geschmack. Am besten war noch das ‚Brötchen’ – denn hier hatte man immerhin Geschmack von Sauce, Brötchen, Sesam und Rettich, aber davon hatten wir nur eines pro Person bekommen.
Ich kenne Pekingente aus Zhuhai anders:
- man kann zwischen einer normalen und einer würzigen Ente wählen (ja, das ist nicht ‚klassisch’, bringt dem Tier aber Geschmack bei).
- Die Haut wird abgenommen, das Fett abgeschabt, in Quadrate zerteilt und mit den hauchdünnen Pfannkuchen, Frühlingszwiebeln, Gurkenstreifen und Sauce serviert. Das Fleisch geht zurück.
- Das Fleisch wird kleingeschnitten separat serviert, wurde nochmals zusätzlich zubereitet. Man gibt dann etwas Sauce auf ein Kohlblatt, Fleisch darüber und wickelt es zu. Dann isst man es.
- Auf Wunsch gibt es noch eine (fettige) Entensuppe
- Die Zunge der Ente wird als Delikatesse serviert
Ich gebe zu dass ich nicht weis was davon die klassische Art ist – besser schmeckt mir aber Letztere. Die erste Variante (aus dem Dadong) ist jedenfalls so fettig, dass nach einem Stück Haut in Zucker, einem ‚Brötchen’ und vier Pfannküchlein mein Magen rebellierte.
US$ 50 bezahlt und hinaus, ich brauchte dringend frische Luft, ein Rennie und eine Verdauungszigarette. Noch etwas die Schoppingmeile hochgelaufen, dann ein Taxi gesucht. Der erste Fahrer wollte 100 RMB, ca. US$ 15 bis zum Hotel, der zweite noch immer RMB 80. Nee, damit fangen wir erst gar nicht an. Also die Straße hinuntergelaufen und plötzlich standen wir vor dem ‚Peninsula’ Hotel, dem Schuppen, in welchem ich in den Anfängen meiner Peking-Reisen vor knapp 20 Jahren abgestiegen bin.
Ich erinnere mich noch gut wie die Straße damals aussah, Holzhäuser, Schuppen mit chinesischem Essen, Bars, Night-Clubs etc. Heute ist davon nichts mehr zu sehen, nur noch Business-Center, Hotels und Luxus-Shopping.
Wir fanden ein ‚normales’ Taxi, welches uns recht schnell für knapp 20 RMB zum Hotel brachte.
Nach dem Fett der Ente ging es schnurstracks ins Gym, wir wollen ja nicht so viel Fett unter der Haut wie die Ente!
Das Abendessen war spartanisch, wurde in der Club-Lounge im 25. Stock eingenommen, etwas Käse mit Weintrauben, ein kleines Stück Kuchen – und das war es auch schon.
Gefällt uns Peking? Einerseits ‚Ja’, es ist monumental (wie Moskau), sauber. Aber auf der anderen Seite steht auch ein klares ‚Nein’. Die Luft ist schlecht, wir haben dauernd einen ‚Frosch im Hals’ und der Stadt fehlt, im Gegensatz zu jeder indischen Stadt, die Identität.
Das war es auch schon wieder vom heutigen Tag. Es stellt sich – nicht nur Euch – die Frage was wir Morgen nochmal einen vollen Tag in Peking machen.