Laut den
Auslegungs-Leitlinien der Verordnung hätte LH übrigens
umfassend die Vorschriften prüfen sollen, um eine ungerechtfertigte Nichtbeförderung zu verhindern:
"Werden Fluggäste jedoch wegen eines Irrtums nicht befördert, der dem Bodenpersonal bei der Kontrolle der Reisedokumente (einschließlich Visa) unterlaufen ist, so stellt dies eine Nichtbeförderung im Sinne von Artikel 2 Buchstabe j dar. Dies gilt allerdings nicht, wenn im Einklang mit Artikel 2 Buchstabe j das Luftfahrtunternehmen und sein Personal die Beförderung wegen Sicherheitsbedenken aus vertretbaren Gründen verweigern. Die Luftfahrtunternehmen sollten umfassend in der IATA-Datenbank Timatic oder durch Anfrage bei den öffentlichen Behörden (Botschaften und Außenministerien) der betreffenden Länder die Vorschriften der Bestimmungsländer für Reisedokumente und (Einreise-)Visa überprüfen, um die ungerechtfertigte Nichtbeförderung von Fluggästen zu verhindern. Die Mitgliedstaaten sollten sicherstellen, dass sie IATA/Timatic umfassende, aktuelle Informationen zu den Reiseunterlagen und vor allem zur Visapflicht oder Visabefreiung übermitteln."
Was natürlich für den vorliegenden Fall keine abschließende Bewertung bezüglich der Ungerechtfertigkeit beinhaltet, aber ggf. die geschilderte Praxis der "Auslagerung an unterbezahlte Contract Agents" in Frage stellt..
In diesem Zitat wird impliziert, dass die Prüfung mittels Timatic erforderlich, aber auch ausreichend ist.
Timatic funktioniert so, dass man die Daten eingibt und Timatic dann sagt, was Sache ist. Timatic sagte beim vorliegenden Fall eindeutig: Kein Boarding.
Das Zitat wäre also schlecht für den Prozess aus Sicht der Passagierin.
Unabhängig davon hat sich das Bodenpersonal beim Ergebnis der Entscheidung nicht geirrt. Es gab ganz sicher vertretbare Gründe für das IDB:
- Ticket nach SIN, aber kein Erfüllen der Einreisevoraussetzungen für SIN
- Weiterflug nach China, aber kein Erfüllen der klassischen Transitbedingungen für China und kein Erfüllen der Einreisebedingungen nach China
Ob die Einreise-/Transitbedingungen nach dem Boarding noch hätten erfüllt werden können, ist unerheblich. Auch ein nicht vorgelegter Reisepass könnte sich noch während des Flugs anfinden. Oder ein erforderliches Visa könnte noch während des Flugs online erteilt werden.
Natürlich kann die Airline das Risiko einer Beförderung eingehen, wenn sie das will. Hätte die Passagierin die Flüge auf einem Ticket gebucht, hätte LH das sehr wahrscheinlich auch getan. Denn dann wäre der Flug deutlich teurer gewesen und das Risiko damit eingepreist.
Der Passagierin war es noch nicht einmal die Ausgabe von EUR 22,- wert, die die ganze Reise hätten absichern können.