Dass vorübergehende Subventionen zur Förderung neuer Technologie sinnvoll sein können, ist in der VWL meines Wissens anerkannt. Der Staat kann da einen längeren Atem haben als private Akteure und auch mal ein paar Jahre überbrücken, bis die Nutzung auch ohne Subvention wirtschaftlich wird - durch Economies of Scale bei der Produktion oder technische Optimierung. Photovoltaik-Förderung ist da eigentlich ein gutes Beispiel - die ersten Jahre über zumindest. Wenn man das Abschmelzen der Subvention noch etwas länger gestreckt hätte, hätte das ein Erfolgsmodell bleiben können.
Ich gebe dir Recht darin, dass es möglich ist neue Technologien schneller auf den Markt kommen können, wenn sie gefördert werden. Das allerdings immer einhergehend mit den bereits genannten Risiken und Nachteilen. Also das Risiko dass man die neue Technologie damit ungewollt langfristig hemmt, bzw. in andere Länder verschiebt, Geld in sinnlosen Projekten versenkt usw. Und wenn die Technologie eben wirklich zukunftsfähig ist, dann wird sie sich in jedem Fall durchsetzen, auch ohne Subvention. Wie chrigu81 schon sagt, vielleicht etwas später, dafür aber auch besser zum tatsächlichen Markt passend; ich stimme ihm/ihr daher zu.
Und die PV-Industrie zeigt ja gerade das Problem auf: Die Politik kann und will auch häufig den Markt nicht richtig einschätzen und fördern (wenn z.B. in der Zwischenzeit ein Regierungswechsel erfolgt und eine neue Regierung plötzlich andere Interessen und Strategien verfolgt). Sie kann wohl kaum die zukünftige Entwicklung besser abschätzen als jemand der sich wirklich mit einer Technologie auseinandersetzt, weil er sie entwickelt und auch mit eigener Verantwortung dahinter steht. Und der Drang eine wirklich überlegene Technologie zu entwickeln, sowie die eigene Verantwortung dafür, wird einem doch mit jeder Subvention zumindest ein Stück weit genommen.
Wo meinst du wären wir bei den COVID19 Impfstoffen ohne Förderung/Subventionierung? Und hier geht es ja nicht nur um den aktuellen Impfstoff sondern um die gesamte mRNA Thematik.
Schwierige Frage, bzw. Antwort! Ich denke aber, dass wir auf einem ähnlich, wenn auch langsamerem Weg wären wie jetzt. Wie schon geschrieben, dauert Forschung und Entwicklung ohne Subvention natürlich länger. Allerdings könnte man die Idee ja auch weiterspinnen (also allgemein weniger Staat und mehr eigene Verantwortung): Wenn der Staat hier nicht subventionieren würde, hätte er ja auch geringeren Finanzbedarf und die Steuerlast wäre für Unternehmen und Bürger geringer (man spart sich sogar noch einen riesigen Verwaltungsaufwand). Es ist in diesem Szenario wahrscheinlich, dass Unternehmen und Privatpersonen stärker als Investoren in diesem Bereich Forschung und Entwicklung auftreten. Ich gebe aber auch zu, dass wir uns in Europa und gerade Deutschland mit diesen Gedanken schwerer tun. Aber auch bei uns will die Mehrheit möglichst schnell eine Impfung und auch Unternehmen haben größtes Interesse daran. Wir sehen hier aber dann in erster Linie den Staat dafür in der Verantwortung, wohl auch weil es irgendwie unserer "Gewohnheit" entspricht und wir es uns anders gar nicht vorstellen können. Zudem ist ja auch ein nicht unerheblicher Teil dieser Subventionen schon ein Kauf der eigentlich Impfdosen, bzw. zumindest eine Sicherung der Rechte an diesem Kauf.
Ich will in diesem konkreten Beispiel aber auch gar nicht bewerten, was besser funktioniert. Eine Pandemie ist in der Tat eine ziemliche Ausnahmesituation und welche Strategien da gut funktionieren wird man abschließend erst hinterher betrachten können. Dennoch ist es wohl auch nicht verkehrt intensiv über andere mögliche Strategien und entsprechende Vor- und Nachteil nachzudenken. Ich will daher auch gar nicht ausschließen, dass der Weg über Subvention in diesem Fall besser funktionieren kann. Auf die meisten anderen Technologien trifft dieses sehr akute Szenario allerdings nicht zu (auch wenn bestimmte politische Strömungen das in bestimmten Punkten anders sehen). Und in diesen Fällen ist das Ergebnis ja auch viel unklarer. Im Fall der Pandemie wissen wir dass unser einziges Ziel ein funktionierender Impfstoff ist. Das ist doch schon recht spezifisch. Bei neuen Technologien allgemein wissen wir ja noch gar nicht welches der beste Weg ist. In beiden Fällen tritt aber ein und dasselbe Problem zutage (im Pandemiebeispiel weniger schwerwiegend, aber dennoch): Dem Unternehmen werden gewisse Anreize genommen erfolgreich zu sein, weil sie es nicht so sehr müssen. Wird mein Unternehmen ergebnisunabhängig für die Entwicklung eines Impfstoffes subventioniert, habe ich weniger Druck einen möglichst gut funktionierenden Impfstoff zu entwickeln, weil ich das Geld ja sowieso bekomme. Und dieses Problem tritt im Beispiel Auto ja noch viel stärker zutage, weil das tatsächliche Ziel viel ungenauer definiert ist...