*Wenn Sie wie Walter Röhrl ein PS-Monster der Rallye-Gruppe B fahren wollten, aber die Millionen für einen Pikes Peak Quattro nicht haben: Der Hyundai Ioniq 5 N bietet ein fantastisches Preis/Irrsinns-Verhältnis.
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Der Autor hat es wie wir gemacht; ein schnelles BEV (wir: SUV) gekauft, herrlich unvernünftig, umweltfreundlich, staatlich massiv gefördert, günstig im Unterhalt. Reine Notwehr also und trotzdem Spaß dabei.
Auszug:
Hurra! Endlich ein spottbilliges* Elektroauto!
*Wenn Sie wie Walter Röhrl ein PS-Monster der Rallye-Gruppe B fahren wollten, aber die Millionen für einen Pikes Peak Quattro nicht haben: Der Hyundai Ioniq 5 N bietet ein fantastisches Preis/Irrsinns-Verhältnis.
Revvin‘ up your engine, listen to her howlin‘ roar, sang Kenny Loggins im Jahr 1986 in seinem Lied
„Danger Zone“. In den Kinos lief der dazu gehörende Film „Top Gun“, die USA rüsteten den Russen mit Pershing 2 und Tomahawk-Marschflugkörpern zu Tode, und die Väter meiner Schulfreunde machten sich darüber Gedanken, wie man aus einem Motor mit fragwürdigen fünf Zylindern noch fragwürdigere 650 PS herausholte. Denn in jenen Tagen liebte man nicht nur die Gefahr, man hielt auch wenig von Regeln. Besonders wenig Regeln gab es in der sogenannten Gruppe B des Rallyesports. Und deren Ikone war der Audi Quattro, genauer: der kurze Audi Quattro Sport S1 E2 mit Walter Röhrl am Steuer. Dazu gab es den Porsche 969, den Lancia 037, den Renault 5 Turbo: Von 1982 bis 1986 währte dieses Goldene Zeitalter des Rallyesports, bis es zu einer Serie von schweren Unfällen kam. Die Autos waren trotz Allrad und Mittelmotor zu schnell. Die Gruppe B wurde beendet. Die Killer-Autos, die als unbeherrschbar galten, wanderten in die Museen. Seitdem schlichen Rallyefahrzeuge mit 300 PS durch die Gegend. Denn damals sagte man: 650 PS überfordert den normalen Menschen, das ist zu viel.
Sollte man anderer Meinung sein und doch so eine alte Rakete fahren wollen,
ist man ab rund zwei Millionen Euro dabei. Dafür bekommt man ein Auto, das im Alltag völlig untauglich ist. Man braucht zur Abstimmung und Wartung Experten von damals, die in aller Regel inzwischen steinalt sind. Dafür gibt es Überrollbügel und groteske Anbauten, die dem Gefährt den lieblichen Kosenamen „Flügelmonster“ einbrachten. Die Zahl dieser Fahrzeuge war so gering, dass ich damals selbst die zivile, heute unbezahlbare Version nur einmal in die Hand bekam. Es war – eindrucksvoll. Aber wie auch immer, 38 Jahre später gelten Verbrenner als aussterbende Gattung, und unser geliebter Planwirtschaftsminister rechnet uns vor, dass E-Autos ökonomischer und besser für die Umwelt wären. Ich persönlich habe das ja immer für Unsinn gehalten, aber dank des Umstandes, dass sich der Markt für Stromer nicht wie gewünscht entwickelt, müssen die Autofirmen etwas tun, um Kunden zu finden. Der koreanische Konzern Hyundai kam daher, verkürzt gesagt, auf die Idee, die Gruppe B in ihrem letzten, irrsten und mörderischsten Jahr zum Leben zu erwecken und den Untoten für gerade mal spottbillige 75.000 Euro in die Läden zu bringen.
Man bekommt für diese lächerliche Summe mehr PS als bei einem gerade eingestellten Audi R8 V10. Man bekommt mehr Drehmoment. Man erreicht mit den 609 und bei Zuschaltung des Boost-Modus 650 PS nicht das Leistungsgewicht eines R8 und schon gar nicht das eines Quattro Pikes Peak – der war in etwa halb so schwer, wie die 2,2 Tonnen des
Ioniq 5 N – aber die Idee ist die gleiche: Man nimmt eine brave, langweilige Familienkutsche wie den Audi 80
oder den halbwegs erträglichen Ioniq 5 – hier getestet –, und gibt ihn Leuten, die wirklich etwas von Autos verstehen. Und von dem, was Männern und Kunden gefällt, und nicht nur vielleicht dem Controller, der Frau, die einen SUV für die Kinder will, der Antisemitin Greta oder dem Vorstand der Grünen in Berlin-Mitte. Wie viele andere Hersteller erlebt Hyundai gerade einen harten Einbruch beim Verkauf von E-Autos, und der Ioniq 5 N verspricht Fahrspaß, der angeblich einem echten Verbrenner in nichts nachstehen soll. Dazu hat sich wirklich einiges getan.
Neben einer Lackierung in Hellblau und Orange, die an gute, alte Gulf- und Martini-Zeiten erinnert, mit Alkohol und halbnackten Frauen, hat der Wagen 21-Zoll-Felgen mit 275 mm breiten Rennschlappen von Pirelli. Die sollen die unbändige Kraft der Elektromotoren vorn und hinten auf die Straße bringen. An dieser Stelle ein leiser Seufzer, denn früher war es eine echte Kunst, 2,3 Liter Hubraum auf 650 PS zu bringen und mit vier Rädern zu verbinden. Heute bestellt man einfach größere Elektromotoren, fertig. Aber wie auch immer: Hinter den Felgen sind echte Bremsen und große Scheiben. Mit orange lackierten Bremssätteln. Und sie sagen: Dieses Auto ist nicht dafür da, um ökologisch Strom zu rekuperieren. Dieses Auto will Geschwindigkeit und Masse mit glühenden Scheiben abfangen. Damit die Scheiben das überstehen, gibt es auch obszöne Löcher zur Bremsenkühlung in den Seitenschwellern, die den Gesamteindruck einer im Zender-Stil von 1986 getunten Familienkutsche noch mal deutlich verstärken. Unter dem graubraunschwarzenweißen E-Einerlei des mittleren Managements, der Ökomuttis und hochbeförderten, nicht abgeschlossenen Theaterwissenschaftler mit grünem Parteibuch des Graichenclans, die sich an den Ladesäulen treffen: Unter denen fällt man auf, als hätte sich Maximilian Krah mit einer Kiste Champagner auf einen grünen Genderkongress verirrt.
Neben dem TieferBreiterHärter, das die Neuversion ausstrahlt, hat sie für die ewig Jugendlichen von 1986 auch den zuschaltbaren Sound eines Verbrenners, eines Raumschiffs und eines Düsenjägers. Sie hat die zuschaltbare Imitation eines Getriebes mit acht Gängen, Schalthebel am Lenkrad, und unendlich viele Einstellmöglichkeiten auf den Bildschirmen. Von der lahmen Vorversion hat sie leider auch teilweise das Gepiepse übernommen, die schlecht erreichbaren Schaltflächen ohne Druckpunkte, die immer noch zittrige Selbstlenkung und den Fluch, dass man sie ständig neu ausschalten muss. Das Ding piepst ab 2 km/h Geschwindigkeitsübertretung, und man fragt sich warum, wo es doch ohnehin nicht für Eco- und Normal-Modus gekauft wird, sondern nur für Sport. Denn dieses Auto mag vieles sein, aber ökologisch oder ökonomisch ist es – eher begrenzt. Aber, das musste ich schnell zugeben: Es ist ein exzellentes Stadtauto. Speziell für die Verhältnisse in Berlin. Da habe ich es nämlich auch getestet.
Ach ja, Berlin. Da wachsen deutsche Kinder in Lastenrädern auf. Jeden Morgen steht so ein ökoministerieller Neubeamter der frischen Beförderungsgeneration mit abgebrochenem Philosophiestudium und Babboe an der Ampel, um Finn-Tobias in die Kita zu bringen. Und neben ihm steht der gut verdienende Fliesenleger Mustafa mit Hauptschulabschluss im AMG C 43, um Mohammed, Hassan und Ibrahim ebenfalls in die Kíta zu bringen. Mustafa zeigt dem Beamten, was Beschleunigung, Fehlzündung und wahre Kraft in den Händen der neuen Herren sind, und Finn-Tobias wird danach in der Kita gehänselt, und er rächt sich später: Mit 18 wählt er AfD und mit 25 demonstriert er für Braunkohleabbau. Mit dem Ioniq 5 N im Sportmodus anstelle des Babboe muss das nicht sein. Auf 50 ist der in unter zwei Sekunden, da hält kein AMG C 43 mit. Um Mustafa in seiner matt folierten Schleuder noch mehr zu demütigen, würde ich den Ioniq im Stil der 70er mit bunten Prilblumen bekleben: So kann man unterwürfig bei der grünen Vorstandssitzung vorfahren und Mustafa reindrücken, dass sein Verbrenner lahmer als eine Flasche Spülmittel ist. Ernsthaft: Die Beschleunigung ist nicht nur enorm, sie ist, im Gegensatz zu vielen E-Autos, bei aller Brachialität auch gut kontrollierbar. Andere Fahrzeuge, wie auch der originale Ioniq 5 mit Hinterradantrieb, wollen einen beim Beschleunigen und Lenken umbringen wie
Infahrtbringer Robert Habeck die deutsche Wirtschaft, so unausgewogen und überfordert sind sie. Der 5 N hat dagegen Härte, Kontrolle, Kraft und Grip. Abartigen Grip. Und endlich richtige Reifen für Männer.
Und wieder richtige Spiegel statt Kameras mit Rückbildschirmen, in denen man die Kappenträger betrachten kann, die mit ihren GTIs unfair über die Haltelinie an der Ampel fuhren, in der vergeblichen Hoffnung, ihrem Schicksal zu entgehen. Damit der Wagen so läuft, wurde einiges an einem Ort getan, der anderen Herstellern so unwichtig ist wie Meinungsfreiheit der Ampel und den
neuen deutschen Meldestellen: am Fahrwerk. Das ist einstellbar und hat in der Stufe Sport eine angenehme Härte, solide Dämpfung und dennoch einen guten Rest Bodenfreiheit. Der alte Ioniq war, wie viele andere schwere E-SUVs, in den schnellen Kurven so etwas wie ein Brathuhn auf Mayonnaise: zu weich, schwabbelig, sofort an den Grenzen der Möglichkeiten wie Frau Baerbock, wenn sie Englisch reden muss. Gegen dieses gefährliche Aufschwimmen wurde das Chassis zusätzlich verschweißt und verklebt, und das merkt man: Das Fahrzeug ist trotz seines leider weiter drei Meter langen Radstandes stabil und robust. Es ist nicht sonderlich komfortabel, aber das wird einen Käufer ebenso wenig interessieren wie der ganze Elektronik-Klimbim, der sich leider herübergerettet hat. Dafür war mein Modell an anderer Stelle erfreulich spartanisch: Es gibt Sportschalensitze mit richtigem Seitenhalt, die man nur manuell verstellen kann. Es gibt zuschaltbare Rundinstrumente, wahlweise als Tachometer oder virtueller Drehzahlmesser mit optischen Signalen für das drohende Überdrehen. Natürlich passiert das nicht wirklich, aber wenn man die manuelle Schaltung benutzt, ist das zusammen mit den Fehlzündungen und dem Motorengeräusch durch die Lautsprecher eine hübsche Ergänzung.
Falls Sie nun denken, aber bitte, der Vorteil ist doch, dass man im E-Auto so wunderbar ruhig fährt, wer braucht denn so etwas – nun, dann sollten Sie einmal dorthin, wo Gott am siebten Tag die Kurven in den Berg gegossen hat. Auf den Jaufenpass nämlich. Denn all die technischen Möglichkeiten des E-Autos sind auch sein Fluch: Lenkung, Bremsen, Gas, alles wird dort nur simuliert, und führt dazu, dass man teigige Bremsen ohne Druckpunkt, ein gefühlloses, unpräzises Lenkrad, keine Rückmeldung von der Straße und kein Gefühl von der Geschwindigkeit hat. Der 5 N ist da ganz anders: Er hat gut dosierbare, kräftige Bremsen mit einem genauen Druckpunkt, an dem man auch wie Walter Röhrl mit dem linken Fuß spielen kann. Er hat eine Lenkung, für die man Kraft braucht, aber auch Gefühl für die Kräfte des Fahrzeugs, den Halt der Reifen und den Zustand der Straße bekommt. Und er hat eben die Handschaltung mit acht Gängen und Simulation eines Zwei-Liter-Turbomotors in Sachen Klang und Beschleunigung. Kein Mensch braucht so etwas in der Stadt oder auf der Autobahn. Aber auf dem Pass bekommt man damit und dem Drehzahlmesser und Tacho ein gutes Gefühl für das, was man mit 609 PS und Allrad anstellen kann. Man weiß mit fast allen Sinnen, an welchem Rand des Irrsinns man sich befindet. Zumindest bergauf.
Ganz ehrlich: Für 75.000 Euro und das, was es an schierer Kraft, Grip und Bodenhaftung leistet, ist das gute Ding nachgeworfen. Alle reden davon, dass wir E-Autos brauchen, die wirklich günstig sind. Hier ist es. Es hat immer noch einen zu langen Radstand, um ein Kurvenwunder zu sein, und bergab sind die 2,2 Tonnen beim Schieben über die Vorderräder mitunter beängstigend. Der 5 N kann die Gesetze der Physik nicht außer Kraft setzen, und 500 Kilo weniger wären ebenso nett wie ein noch tieferes Fahrwerk, ein riesiger Heckflügel aus Carbon mit der Aufschrift Alpine und politisch unkorrekte Werbung für HB, Jägermeister oder einen fragwürdigen Nachtclub in Wattenscheid. Halt alles, was man sich von einem Auto 1986 als Schüler erträumt hat. Aber so insgesamt, im Sportmodus und mit Allrad, ist es ein grandioses Fahrzeug für Männer mit schnellen Reflexen und Freude am Fahren. Die Kraft ist zwischen den Achsen gut verteilt und verursacht allenfalls eine leichte, aber nicht gefährliche Neigung zum Übersteuern. Generell ist der Wagen so gutmütig, wie man mit der doppelten Kraft eines Ferrari 348 GTS in einem Familienauto eben so sein kann. Also nicht sehr, aber es gibt sehr viel gefährlichere Spielzeuge mit deutlich weniger PS. Das ist das erste E-Auto, bei dem ich ansatzweise das Gefühl hatte: Hier wurde nicht für Eunuchen und Kastraten entworfen. Es hat immer noch zu viel sinnlosen Krempel an Bord, und die Elektronik sollte man mit einem großen Knopf abschalten können. Aber es ist in allen Belangen, auf die es ankommt, gut abgestimmt. Von Menschen, die offensichtlich Erfahrung haben. Es ist nicht nur einfach schnell, sehr schnell, es lässt sich gut und leicht fahren. Der alte Ioniq 5 war den Berg hoch über die holprige Nordrampe ein träger Blauwal mit zu viel PS. Das hier ist ein Killerwal, an dem kein PS zu wenig ist.
Um das beweisen zu können, hat die Straßenmeisterei Sterzing erfreulicherweise den mit Abstand übelsten Teil der Strecke mit all seinen Rissen im Asphalt abgetragen und als Schotterpiste noch viel schlechter gemacht. Wenn man danach die Felsbrocken aus den hinteren Belüftungskiemen kratzt, denkt man sich: Schmutzfänger an den Radläufen fehlen auch noch. Aber auch auf losem Untergrund gibt sich das Auto formidabel. Wer wollte, könnte hier auch noch die Kraftverteilung der Achsen für spektakuläre Rutschmanöver mehr nach hinten verlagern, oder für das echte, brandgefährliche Audi-Quattro-Untersteuern nach vorn. Aber die Standardeinstellung ist gut getroffen. Nach nur 3000 Kilometern weiß ich nicht, wie im Normalbetrieb Radlager, Reifen und Aufhängung unter den immensen Kräften verschleißen, und das enorme Drehmoment hat hoffentlich dafür gesorgt, dass der Fahrstrang die Qualität eines Panzers hat. Aber echte Männer denken bei der Heirat nicht an die Scheidung, und ansonsten macht die Verarbeitung einen mitunter etwas spartanischen, aber guten Eindruck. Man kann auch noch ein Glasdach ordern und anderen Komfort: Ich würde mir eher noch eine entschlackte Variante wünschen: Motoren, Lenkung, Bremsen, zwei Sitze, Heckflügel, alles andere raus. Und 500 Kilo weniger und 40 cm weniger Radstand. Das wird es aber nicht geben.
Denn das Fahrzeug braucht einen größeren Akku im Boden und bietet daher 84 kWh bei 800-Volt-Technologie, womit eine Ladung von zehn auf 80 Prozent in 18 Minuten möglich sein soll. Das klingt so lange gut, bis man auf real existierende Stationen trifft: Über 240 kW habe ich nur einmal geschaftt, dafür waren sieben Ladevorgänge mehr oder weniger defektgeplagt. Das liegt nicht am Auto, auch wenn eine Notrufnummer das unzutreffend behauptet hat, sondern an der Infrastruktur. Die ist nicht vom Jahr 1986 des Audi Quattro, sondern eher von 1886, als Carl Benz seinen Motorwagen zum Patent anmeldete. Zu verschmerzen wäre es, wenn der Hyundai mit dem riesigen Akku tatsächlich, wie versprochen, über 400 Kilometer weit käme. Aber schon beim Ladevorgang sieht man an der Anzeige, dass der Wagen mit Reichweiten um die 300 Kilometer rechnet. Als ich in Affi am Gardasee losgefahren bin, im Ecomodus und im Rahmen des Zulässigen zwischen 80 und 130 km/h, hatte ich 91 Prozent Ladestand. Etwas mehr als zwei Stunden und 203 Kilometer später schaltete das Fahrzeug erste Funktionen ab, weil bei sieben Prozent Ladung die Todeszone beginnt. Mit sechs Prozent war ich dann am Brenner. Dabei war es nicht kalt, und ich habe auf jeden elektrischen Komfort verzichtet. Die 1500 Höhenmeter zum Brenner und die Aerodynamik eines Flugzeugträgers quer zur Fahrtrichtung fordern nun mal zusammen mit den riesigen Motoren ihren Tribut. Wegen drei Ladepausen von Mantua nach Ingolstadt hat die Heimreise auch zwei Stunden länger als mit einem Verbrenner gedauert. 83 Prozent Ladung des Akkus? 243 km Reichweite, höhnt bestenfalls halb ehrlich auch die Anzeige.
Unter 25 kWh/100 km war ich mit meiner normalen Fahrweise nie unterwegs. Eher über 30. Oder anders gesagt: Wer unter den Lesern befürchtete, mit einem E-Auto würden die Polkappen weiterhin vereist und die Winter kalt bleiben – das hier ist Euer Partner für eine Zukunft mit bestem Wetter und Sonnenschein durch menschengemachte Klimaverbesserung. Wenn man es richtig tritt und über 200 km/h bringt, sieht man Verbrauchsanzeigen, die sicher gegen irgendwelche EU-Regeln verstoßen, sei es aus Gründen von Umwelt oder schierer Pornografie. Selbst unter Ausnutzung eines voll geladenen Akkus bekommt man die Reichweite spielend an die magische 100-km-Grenze. Dafür liegt der Wagen aber auch unter Raserbedingungen auf der nächtlichen Autobahn wie ein Brett auf der Straße. Andere E-Fahrzeuge zeigen bei hohen Geschwindigkeiten in Kurven, dass sie dafür nicht gemacht wurden. Der 5 N klebt auch dann noch mit seinen breiten Schlappen auf dem Asphalt. Es ist ein Stück Retrofuturistik: Formal genau das, was sich grüne Politiker erhoffen, wenn sie in der Bundespressekonferenz zum Konsum auffordern, um ihre CO₂-Ziele mit Planwirtschaft zu retten. Praktisch ist es die gute alte Eroberung der Schöpfung ohne jede Rücksicht und mit Freude am Fahren. Das kostet beim Schnellladen deutlich mehr als jeder Benziner bei viel geringerer Reichweite, und bis das grundlegend anders wird, reichen weder CO₂-Zertifikate noch eine Bombardierung der iranischen Ölhäfen. Aber wer den Kamillentee von Aldi unter den E-Autos will, kauft sich eben einen Leapmotor. Der 5 N ist, was er ist: eine spartanische trinker-, raucher- und vollgasfreundliche Gruppe B des elektrischen Zeitalters mit Rallyestreifen und allen Vor- und Nachteilen.
Ein Nachteil ist sicher, dass bald irgendwelche 18-Jährigen diesen Wagen für jene paar hundert Euro im Monat leasen können, für die sie bislang einen AMG C 43 für ein Wochenende in Berlin gemietet haben. Auch als Freund der Freiheit denke ich nicht, dass Anfänger oder gewissenlose Raser so ein Fahrzeug führen sollten. Bei Audi R8 und AMG gibt es immer noch eine schmerzhafte Preishürde. Auch vergleichbar rasante SUVs mit Verbrenner sind deutlich teurer. Hier jedoch steht ein relativ bezahlbares Massenprodukt, das auch durch hirnloses Reintreten sehr, sehr schnell wird und einen teilweise vergessen lässt, welche Kräfte auf 2,2 Tonnen wirklich wirken. Weder gefühlvolle Lenkung noch der famose Druckpunkt der Bremsen können das Hirn ersetzen, das einen Walter Röhrl auszeichnet und so viele andere nicht: Der Hyundai Ioniq 5 N macht etwas für Massen zugänglich, die dafür womöglich nicht bereit sind. Und er stellt jene Unvernunft dar, die Autofeinde auch in Zukunft nach Regulierung und Verboten schreien lässt. Ein Babboe bringt Finn-Tobias schließlich auch zur Kita und niemand braucht ein Auto der Gruppe B im normalen Straßenverkehr. Obwohl er sogar den härtesten Test bestanden hat.
Der härteste Test ist wie immer nicht etwa das Jonglieren des Wagens durch die Innenstadt von Mantua, was möglich ist. Es ist auch nicht die Transportkapazität – es passen vier Rennräder und Einkäufe rein, und man kann die Sitze so umlegen, dass man Platz für sich selbst und ein halbnacktes Boxengirl – äh… Also, was wollte ich, ach so ja: Der härteste Test ist auch nicht die Heimfahrt in der Sintflut über den Zirler Berg – das hat er anstandslos mitgemacht. Der härteste Test ist der mit meiner härtesten Kritikerin, meiner Mutter nämlich. Mit ihr und dem 5 N bin ich nach Bayreuth in die Eremitage zum Tortenessen gefahren, und sie fand es, lautlos hinter der Cinemascope-Scheibe, „wunderschön“. Dazu habe ich den Eco-Modus benutzt, den Ton ausgeschaltet und die Klimaanlage betätigt, wie so ein normaler Komfortfahrer. Sie empfand zwar die Sitze im normalen Ioniq als bequemer, war aber auch mit den Sportsitzen und ihrem weichen Leder sehr zufrieden. Die härtere Abstimmung war auch auf Langstrecke kein Problem. Nachdem meine Mutter aber ansonsten alle Sportwägen der Familie vehement abgelehnt hat – schon das BMW-Coupé meines Vaters war ihr zu schnell – ist die Zufriedenheit mit diesem Auto bemerkenswert. So viel Zuspruch bekommt weder mein Mercedes noch der Porsche meiner Schwester. Man bekommt also Gruppe B, mit der man auch mit der Verwandtschaft zum Essen fahren kann.
Vielleicht, wenn die Grünen vom Wähler demokratisch abgeschafft wurden, werden wir irgendwann ein kleines Atomkraftwerk an jener Stelle haben, wo heute die Wärmepumpe steht. Vielleicht wird der Strom dann nichts mehr kosten, und dann spielt auch die geringe Reichweite des 5 N keine Rolle mehr. Unter den heute gegebenen Umständen der faktischen Rationierung durch politisch gewollte Wucherpreise würde ich dagegen sagen, dass der Wagen eher etwas für eine spitze Zielgruppe ist: Wer ein Auto mit Elektromotoren und Rennsportambitionen auf Asphalt und Schotter sucht, sollte es auf jeden Fall ausprobieren. Es wartet auf den ambitionierten Fahrer deutlich mehr als das anfällige System „Alte Karosse mit zu starken Motoren“, das viele andere betreiben. Hier wurde die Feinabstimmung gemacht, die mir ansonsten bei modernen Autos oft fehlt. Der Wagen ist etwas groß und zu schwer, aber er ist ein Freund des Fahrers und unterstützt, statt ihn zu schaukeln, zu belästigen oder gar in die Botanik des Bergwalds zu schieben. Er ist etwas teurer als voll ausgestattete Komfort-SUVs anderer Hersteller, aber vom Fahrerlebnis um viele Klassen besser. Natürlich ist die Verbrennersimulation nicht perfekt, natürlich hat er keine echten Analoginstrumente, und natürlich fehlt die betörende Unzivilisiertheit des alten, ehrlichen, direkten Fahrgefühls jener mechanischen Autos, die mehr als fahrende Computer waren.
Aber er ist wirklich nicht schlecht. Und um die Sache letztendlich rundzumachen: Im Gegensatz zum alten Ioniq 5 hat der 5 N auch einen Heckscheibenwischer, den man auf Schotter und Staub gut gebrauchen kann. Man sitzt drin und fährt und denkt sich: Warum nicht gleich so? Warum all der hässliche, lahme Schrott mit den teigigen Bremsen und dem Geschwabbel in den Kurven und den sinnlosen Softwareupdates, wenn es auch so geht? Die Reichweite ist schlecht, der Verbrauch ist beim Spaßhaben astronomisch.
Aber der 5 N wäre auch mit 300 PS noch ein gutes Auto, wenn man die Abstimmung so richtig gemacht hätte, wie sie hier ist, und wie es sich seit jeher gehört: von Männern für Männer und nicht von Controllerinnen und Umweltzertifikateausstellerinnen für Memmen. Brummm töfftöfftöff. Sie sehen doch auch, dass da für alles außer Berlin noch ein monströser Heckflügel, sechs Bosch-Zusatzscheinwerfer, eine Werbung für den Nightclub Madame aus Wattenscheid und Bilstein-Aufkleber drauf müssen.
Ich bin mir sicher: Sie werden in Berlin und Brüssel wegen Spaßgrenzwertüberschreitung alles tun, um dieses kleine Schlupfloch aus der sonstigen E-Autotristesse auch noch zu verbieten.