Bin gerade in der deutschen Provinz unterwegs. In Bussen müssen die Passagiere offenbar alle vorne beim Fahrer einsteigen und ihre "Fahrkarte" vorzeigen. Viele haben offenbar ein Deutschlandticket auf dem Handy als Barcode; da zeigen sie beim Einsteigen einen Barcode auf dem Handydisplay dem Fahrer vor. Das war's. Könnte auch der Einkaufscoupon von Rewe sein oder irgend ein Bild aus dem Internet. Das kann der Fahrer ja nicht einschätzen. Bei Chipkarten ist es genauso. Vielleicht kennt der Fahrer noch diejenigen des lokalen Verkehrsverbundes (aber ob sie abgelaufen/gesperrt sind, sieht er natürlich auch nicht), aber ansonsten kann man vermutlich jede beliebige Karte hinhalten. Elektronisch wird da gar nichts geprüft.
Seit Jahren sind die Fahrzeuge vorbereitet. Man hat sich offenbar in Deutschland auf die "VDV-KA" verständigt [nicht mein dienstliches Fachgebiet] und die ist wohl ein massives Dilemma aus dem man jetzt nicht mehr rauskommt.
Wie vielleicht einige von euch wissen, arbeite ich in der Branche. Was hier noch keiner weiß, wenn ich tatsächlich mal ein Wochenende nicht mit dem Vielverreisen beschäftigt bin, Frau MFox mich in der Wochendplanung nicht berücksichtigt und ich einen guten Tag habe - dann sage ich tatsächlich so alle 2-4 Jahre an ungeraden Tagen bei Vollmond unserer Disposition mal einen Fahrdienst als Aushilfe zu.
Vor zwei Wochen war es mal wieder soweit nach einer langen Pause. Als ich noch jung, naiv und voller Tatendrang war habe ich die Sichtprüfung noch ernstgenommen. Mittlerweile kannst du mir einen Kassenbon vorhalten und würde nichts sagen. Zum einen fehlt die technische Prüfungsmöglichkeit zum anderen sind es die Diskussionen nicht wert. Den Stress habe ich nachher (und die Fahrgäste die Ihre Anschlüsse verpassen genauso).
Das letzte mal als ich wirklich noch öfters gefahren bin, waren Handy- und eTickets kaum verbreitet umso größer war für mich als Hobbybusfahrer jetzt der Kontrast. Was mir allerdings aufgefallen ist das die Fahrgastwechselzeiten sich extrem verlängert haben durch die ganzen Handytickets. Früher wurde der Papierfahrschein gezückt, heute wird erstmal eingestiegen, dann das Handy gezückt (...Lag...), die App gestartet (...Lag...), das Ticket ausgewählt (....Lag...) und schlussendlich vorgezeigt. Potenziert sich natürlich wenn der Fahrgast gerade noch telefoniert, sich verdrückt, Musik hört, das Handy gesperrt ist usw. Wenn das einer macht nicht schlimm, aber gefühlt war es jeder zweite. Und dann summiert sich das ordentlich. Die Wenigsten haben wirklich vor den Türflügeln schon das Ticket in einem präsentierbaren Zustand aufgerufen. Nicht alles Schuld der Kunden, teilweise sind die Apps auch einfach scheiße programmiert.
Nichts desto trotz, ganz ohne Beleg in der Hand sollte man natürlich nicht einsteigen und auch bei mir die Minimalhürde zum Zustieg.
Wieso lassen sie die Leute nicht einfach so einsteigen und verzichten auf diese absurde "Sichtprüfung"? Würde die Effizienz des Einstiegsvorgangs etwas erhöhen, wenn nicht alle beim Fahrer vorbeimüssten. Wieso gibt es dieses absurde Ritual?
Und selbst wenn man drauf verzichtet, das kriegt man aus den Leuten nicht mehr so schnell raus. Als ich bei meinem Wochenendabenteuer auf dem Rückweg aus einer Großstadt auf den Weg in die heimatliche Peripherie mit +10 Minuten Verspätung auf einer Landstraße mit 80 angeflogen kam und Bauer Schultes Sohn mitten im Nirgendwo zusteigen wollte hätte ich jenem die Schuhe besohlen können. Fahrschein war mir total egal und erst mit massiven gestikulieren meinerseits war es dem Teenager zu vermitteln das ich jetzt nicht das Ticket sehen will und er jetzt einfach zügig zusteigen soll ...
Und wieso macht man, wenn man es schon möchte, nicht wenigstens richtig, sprich elektronische Prüfung (alles andere ist bei elektronischen Fahrscheinen Humbug)?
Elektronische Prüfung ist auch so ein Ding. Als die Wuppertaler Kollegen vor etwa 10 Jahren die elektronische Prüfung eingeführt haben, wurde auch festgestellt das dadurch der Fahrgastwechsel zeitintensiver wurde was dazu führte das man weitere Pufferzeiten in die Fahrpläne geben musste was schlussendlich zu einem zusätzlichen Fahrzeugbedarf in den Spitzen von um die zehn Fahrzeuge netzweit geführt hat.
Anekdotenquote für diese Woche schon am Montag erfüllt. Check.