16 Jahre CSU-Bundesverkehrsminister haben halt Bayern gut versorgt, aber nicht den Rest der Republik.
Wobei man hier aber erwähnen muss, dass man sich praktisch ausschließlich auf Straßen konzentriert hat und ein paar extrem teure Prestigeprojekte wie den unsinnigen 2. Stammstreckentunnel in München. Die Bahn ist in der Breite praktisch leer ausgegangen und fährt den Autos hinterher. CSU-Politik vom feinsten.
Dazu passt ein Auftritt vom bayrischen Verkehrsminister Bernreiter in der BR-Sendung "Münchner Runde" am vergangenen Mittwoch. Auf den Vorwurf warum Gelder nur in den Straßenbau geflossen sind kommt er damit dass die Busse ja auch eine gute Straße brauchen.
Wer sich diesen Bullshit anhören will findet diese Sache ungefähr bei Minute 46:
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Entschuldige, VAE, aber ich habe den Eindruck, dass du nicht weißt, was in der größten Metropolregion Deutschlands verkehrstechnisch abgeht. Hier sind nicht einzelne Strecken überlastet, hier ist die komplette Verkehrsinfrastruktur, egal welcher Verkehrsträger, der nicht fliegen kann, seit Jahren weit über Limit. Wir haben das dichteste Bahnnetz Deutschlands, und trotzdem klappt es nicht. Wir haben daneben das dichteste Autobahnnetz Deutschlands, und trotzdem die höchste Staudichte. In den Städten kommen Busse nicht durch den Verkehr, weil Pendler nicht mit der Bahn fahren, weil zu unzuverlässig, die Autobahn verlassen und durch Städte fahren, weil die Autobahnen schlicht dicht sind, und und und.
In NRW wurde kein Verkehrsträger bevorzugt, weil auf Bundesebene Lokalpolitik für Bayern betrieben wurde.
Den ersten Teil unterstreiche ich uneingeschränkt. Dass hier aber was "für Bayern" gemacht wurde bezieht sich aber auch nur auf teure Straßenprojekte (Tunnelbau bei Garmisch, A94-Verlängerung) oder eben die unsinnige teure 2. Röhre für die S-Bahn München. Reine Lobbypolitik ohne Rücksicht auf die Bevölkerung oder Verkehrsplanung.
Die zweite Stammstreckenröhre in München ist genau ein Beispiel wie man sinnlos Gelder verbrennt. Statt in München dieses elendige zentralisierte Verkehrssystem mal zu entzerren und eher ein Netz mit Querverbindungen zwischen den Speichen aufzubauen (vor allem Nord- und Südring) um das chronisch überlastete Zentrum zu entlasten bohrt man teuer in extremer Tiefe eine weitere Röhre um noch mehr Leute ins Zentrum zu bringen und Fahrgäste weiterhin unnötige Umwege über das Zentrum fahren zu lassen.
Das hat nichts mit sinnvoller Verkehrsplanung zu tun, sondern ist vermutlich dem Lobbyismus der Bauunternehmen die an so teuren Großprojekten gut verdienen zu verdanken und auch dem Lobbyismus der teuren Geschäfte im Stadtzentrum die möglichst viele Fahrgäste abbekommen wollen. Die Fahrgäste selber haben dadurch nur Nachteile.
Und dass man auf dem Land nichts auf die Reihe bekommt liegt an der Lokalpolitik wo Planung an Gemeindegrenzen und allenfalls Landkreisgrenzen endet. Fahrgäste interessieren diese Grenzen allerdings nicht, die wollen von A nach B kommen ohne sich mit Verkehrsnetzsysteme auseinanderzusetzen die rein aus kommunalen Strukturen bestehen.
Ich war heute auch unterwegs und bin statt mit dem Auto mit dem ÖPNV zu meinen Eltern gefahren. Ohne dem Ticket wäre locker allein für die Fahrt das doppelte an Kosten angefallen, so hat das Ticket gerade mal soviel gekostet wie das Benzin für die Strecke. Einziger Nachteil ist die fast doppelte Fahrzeit, Vorteil ich war sehr entspannt, weil ich mich nicht mit den ganzen Irren im Straßenverkehr auseinandersetzen musste. Auf der Hinfahrt war alles pünktlich auf die Minute, auf der Rückfahrt ging es mit 15 Minuten Verspätung los. Aber dank ausreichender Übergangszeiten und Backuplösungen bin ich dennoch pünktlich am Ziel gewesen.
Positiv aufgefallen ist mir, dass viele Menschen gut gelaunt waren und wenig bis gar kein Gezanke oder Geschrei vorgekommen ist. Ich habe mehrmals mitbekommen, dass älteren Mitmenschen sowie einer Schwangeren freiwillig ein Sitzplatz angeboten wurde, obwohl der Ausstieg erst in >20 Minuten geplant war. Es wurden Koffer nach Absprache umgeschichtet oder Kinder von einem Sitzplatz auf den Schoß der Mutter/Vater gesetzt, um doch noch einen Sitzplatz freizumachen.
Das ist mir auch aufgefallen, dass die Leute sehr entspannt waren und unglaublich freundlich. In der S-Bahn habe ich Omi und Opi (echte Ureinwohner vom Land) mit vier Enkelkinder erlebt die eine Station gefahren sind damit die Kinder ihren Freude an der Fahrt hatten. Fand ich total lustig wie die sich gefreut haben.
Im anderen Zug hat einer einen 4er-Sitz einer Familie mit Kinder von sich aus freigemacht. Ein anderer Fahrgast hat nach der automatischen Durchsage bzgl. FFP-Masken sogar sofort seine Maske rausgeholt und aufgesetzt. Auch die Radfahrergruppe ist friedlich in den Zug gekommen obwohl wir Verspätung hatten und die S-Bahnfahrer hat noch für einen heraneilenden Fahrgast die Türe wieder freigegeben trotz 5 Minuten Verspätung. Insgesamt eine sehr angenehme Stimmung und das obwohl man vorher nur vor Chaos und Weltuntergang gewarnt hat.
Wer die Autobahnen zwischen dem Ruhrgebiet und Antwerpen/Rotterdam befährt, sieht nur unendliche Kolonnen Container die in beide Richtungen per LKW befördert werden. Die zugehörigen Rheinbrücken sind inzwischen einsturzgefährdet und müssen neu gebaut werden.
Das gleiche Problem am Brenner. Tirol würde gern die Maut für LKWs dort erhöhen damit die nicht alle über den Brenner fahren (teils sogar mit Umwegen weil der Brenner so günstig ist). Aber allen voran Deutschland verhindern über die EU höhere Mautgebühren. Normal wird immer gefordert dass der Markt das regelt. Will man mal das Angebot verteuern weil die Nachfrage so hoch ist ist auf einmal die Marktwirtschaft nicht in Ordnung...
Mitte Mai war ich auf einem Berg im Wipptal (das Tal von Innsbruck hoch zum Brenner) und hatte einen Blick auf die Brennerautobahn:
Nein, das ist kein Güterzug. Das ist eine in Schrittgeschwindigkeit fahrende LKW-Kolonne über zwei der drei Spuren der Brennerautobahn. Völlig pervers.
Der Zulauf für den Brenner-Basistunnel, der Zulauf zur neuen Gotthart-Route: Beides noch im rudimentären Stadium obwohl die Tunnel inzwischen (fast) fertig gebaut sind. D verhindert die Verlagerung von Gütern auf die Schiene in der EU massiv.
Im Inntal hat Österreich den Zulauf zum Brenner-Basistunnel praktisch fertig. Große Teile der Strecke sind unterirdisch. Vor Kufstein endet das, weil man auf deutscher Seite sich noch nicht geeinigt hat wo die Trasse mal verlaufen soll. Man hat zwar jetzt im Raum Rosenheim eine favorisierte Trasse, aber die Bürgerinitiativen gehen schon gegen alles vor... Das wird noch lange dauern, ganz wie es die CSU-Verkehrsminister schon immer wollten und machen sollten.
Während man bei Garmisch am Ende der A95 Milliarden für mehrere Straßentunnel verbaut schleicht man auf der Bahnstrecke in 80 Minuten nach München. Auf der A95 kann man dagegen mit fast Lichtgeschwindigkeit jeden Geschwindigkeitsrekord einstellen. Und damit das noch schneller geht braucht man ja die Tunnel. Für die Bahn reicht es nicht einmal für ein zweites Gleis...