Ich habe eine Frage zum Vorgehen bei folgendem Fall:
Geplant war ein Wochenendtrip
Fr: LIS-PDL mit S4
So: PDL-TER mit SP (Intra-Island Flug sponsored by EU)
So: TER-LIS mit FR
Nun hatte FR meinen Rückflug gecancelt. Mangels vernünftiger Rückflugalternativen habe ich diesen erstatten lassen und entschieden die Reise nicht anzutreten.
Einige Tage später hat S4 aber auch meinen Hinflug gestrichen und gleichzeitig einen Alternativflug unter anderer Flugnummer (!) 20 Minuten später angeboten. Mein OTA (Kiss & Fly) verweigert nun die Erstattung des Hinflugs gemäß EU 261, da es sich um eine Änderung der Flugzeiten und nicht um eine Annulierung handele.
Aufgrund der geänderten Flugnummer müsste es sich meiner Ansicht nach um eine Annulierung handeln. Liege ich da richtig?
Wie kann ich ggf. noch vorgehen? Rechtsweg bestreiten macht wegen ca. 30 € und Gerichtsstand Portugal keinen Sinn. Wäre eine Umsatzreklamation unter Verweis auf die Annulierung des gebuchten Fluges ggf. zielführend?
Direkt an S4 habe ich bereits gewandt, erhalte hier aber keine Antwort (und wenn ich eine bekomme, wird es vermutlich heißen "Wenden Sie sich an Ihr Reisebüro..").
Als erstes einmal: Etwaige Ansprüche auf Grundlage der EU VO 261/2004, der sog. Fluggastrechteverordnung sind in der Tat nicht gegen Reisebüros oder -veranstalter zu richten, sondern gegen die jeweils betreffende Luftfahrtgesellschaft. Damit wäre mit Blick auf Frage 2 Anspruchsgegnerin die SATA Air Acores.
Zur Frage 2 im Übrigen: Aus Art. 5 (1) (a) EU VO 261/2004 ergibt sich, dass die Airline bei Annullierung eines Fluges den betroffenen Passagieren die Unterstützungsleistungen gemäß Artikel 8 EU VO 261/2004 anbieten muss, somit nach Art. 8 (1) (a) EU VO 261/2004 und auf entsprechenden Wunsch des Flugreisenden die vollständige Erstattung des Flugscheins binnen sieben Tagen zu leisten hat. Entscheidend ist somit, ob hier tatsächlich ein Fall der Annullierung im Sinne der Verordnung vorliegt: Hier hilft Art. 2 lit. j) EU VO 261/2004, wonach eine Annullierung
"die Nichtdurchführung eines geplanten Fluges, für den zumindest ein Platz reserviert war". Dem EuGH zufolge ist das der Fall, wenn die Planung des ursprünglichen Fluges aufgegeben wird und die Passagiere dieses Fluges zu den Fluggästen eines anderen, ebenso geplanten Fluges stoßen. Ein Flug wird aber nicht nur durch seine Abflug- und Ankunftszeit bestimmt, sondern ganz wesentlich auch durch die in einem veröffentlichen Flugplan bezeichnete Flugroute. Für den EuGH ist maßgeblich die Frage, ob der gegenständliche Flug
"entsprechend der ursprünglichen Flugplanung des Luftfahrunternehmens durchgeführt wird". Allerdings wird in der Rechtsprechung überwiegend angenommen, dass das Ausstellen eines neuen Tickets oder einer neuen Bordkarte, die Vergabe einer neuen Flugnummer, nochmaliges Einchecken oder die Beförderung anderer oder zusätzlicher Passagiere auf dem Flug die Annahme einer Annullierung begründen. Wenn eine Airline ihren Kunden eine Umbuchung anbietet, so kommt diesem Angebot dem Landgericht Berlin (20.8.2009 - 57 S 44/07) zufolge eine Indizwirkung für eine vollständige Aufgabe der Flugdurchführung zu. Anderes gelte nur, wenn das Luftfahrtunternehmen lediglich eine Umbuchungsmöglichkeit anbietet, ohne zwingend auf diese zu verweisen. Ähnlich sieht es auch das Landgericht Köln (19.3.2008 - 10 S 391/06). Anders wäre es, wenn im Kern derselbe Flug stattfände, dessen Abflugzeit sich - wie hier - geringfügig veränderte und dies sogleich mit einer Änderung der Flugnummer einher ginge, ohne dass es sich - untechnisch gesprochen - um einen "anderen" Flug anstelle des gebuchten handelte.