EU Fluggastrechte / Annullierung

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pimpcoltd

Erfahrenes Mitglied
03.07.2009
3.316
10
Die Airline hat nur Einfluss auf den Zeitpunkt der Tueroeffnung. Dann ist der Flug abgeschlossen. Weshalb sollte die Airline dafuer geradestehen, wann der Bus kommt und wie lang dessen Fahrt ist? Dann kann man auch gleich darauf abstellen, wann der Passagier die Luftseite verlaesst.

Diese Zurechnungsfrage stellt sich gewiss. Aber man kann der Airline m.E. schon zumuten, entweder die Ankunftzeit so zu bestimmen, dass sie auch eine Busfahrt einschließt, oder dafür einzustehen, dass sie den Passagier nicht in den Finger entlässt. Bis dahin bleibt der Passagier nunmal den Weisungen der Airline unterworfen und kann auch nicht den Fußweg zum Terminal wählen.

Ob die Maschine am Terminal andockt oder draußen auf dem Feld stehenbleibt, liegt zudem nicht nur in der Willkür des Flughafens: Das kann auch eine Kostenentscheidung der Airline sein oder der Versuch, die Turnaround-Zeit zu verkürzen, indem die Airline das eigentlich nötige Taxiing auf den Passagier überwälzt. - All das ist Kern des operativen Geschäfts der Airline und deshalb für meine Begriffe voll zurechenbar.
 

DerSenator

Erfahrenes Mitglied
08.01.2017
7.274
5.513
MUC/INN
Die Airline hat nur Einfluss auf den Zeitpunkt der Tueroeffnung. Dann ist der Flug abgeschlossen. Weshalb sollte die Airline dafuer geradestehen, wann der Bus kommt und wie lang dessen Fahrt ist?

Genau! Ebenso kennen wir alle die Situation, wenn mal wieder ewig kein Bus kommt oder der Fingerfahrer fehlt. Das ist Zb in MUC die Abstellposition für alte FMG Mitarbeiter. Die dürfen dann weiterarbeiten und die Finger bedienen. Die kommen heut oder morgen, haben aber ganz viel Zeit, ois gmiatlich. Und die Airline soll dafür haften?
 

pimpcoltd

Erfahrenes Mitglied
03.07.2009
3.316
10
Genau! Ebenso kennen wir alle die Situation, wenn mal wieder ewig kein Bus kommt oder der Fingerfahrer fehlt. Das ist Zb in MUC die Abstellposition für alte FMG Mitarbeiter. Die dürfen dann weiterarbeiten und die Finger bedienen. Die kommen heut oder morgen, haben aber ganz viel Zeit, ois gmiatlich. Und die Airline soll dafür haften?

Verzeihung, aber wer fordert denn den Bus an? Der Passagier oder die Airline? Bekannte Unzuverlässigkeit als Enthaftungsgrund? EW jubelt schon.
 

H.Bothur

Erfahrenes Mitglied
19.04.2015
921
323
HAM - PRM
Mal ganz davon ab - bin n7n mal kein Jurist und meine kaufmännische Lehre ist auch ein paar Jahrzehnte zurück .. aber müsste in dem Fall nicht der Flughafen als Betreiber des Busverkehres als Erfüllungsgehilfe der Airline gerechnet werden??

Hans
 

DerSenator

Erfahrenes Mitglied
08.01.2017
7.274
5.513
MUC/INN
@pimpcoltd Doofes Argument. Hat die Airline eine Wahl? Bei Busbetreibern vielleicht (FRA ist alles FRAPORT oder), bei den Brückenfahrern idR nein die kommen vom Airport selbst, zB in MUC. Wo ist das der Einflussbereich der Airline wo sie zumindest noch ein Dienstleister-Auswahlermessen hätte? Ziel und Sinn der VO ist nach den Erwägungsgründen der VO jedenfalls nicht, dass der Brückenfahrer auch pünktlich da sein muss. Sicherheit und Pünktlichkeit im Flugverkehr. Der Flug endet mit Blocks On, die Flugzeit der Crew ebenso, der rechtliche Zeitrahmen der Duty Time ebenso. Da wird auch nicht gerechnet bis die Crew im Hotel, Daheim oder im Operations Center ist.

Mal ganz davon ab - bin n7n mal kein Jurist und meine kaufmännische Lehre ist auch ein paar Jahrzehnte zurück .. aber müsste in dem Fall nicht der Flughafen als Betreiber des Busverkehres als Erfüllungsgehilfe der Airline gerechnet werden??

Hans

Nein. Bodenpersonal ist nicht Erfüllungsgehilfe der Airline (LG Frankfurt, Az. 2-24 S 243/09).
Ausserdem sind die Ansprüche aus der VO Ausgleichsansprüche des Passagiers und keine vertraglichen Ansprüche, sodass §278 BGB da systematisch schon nicht passt. Für einen Ausgleichsanspruch bedarf es nichtmal eines Vertrags.
 
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Fighti

Erfahrenes Mitglied
19.08.2014
3.042
1.213
MLA
Genau! Ebenso kennen wir alle die Situation, wenn mal wieder ewig kein Bus kommt oder der Fingerfahrer fehlt. Das ist Zb in MUC die Abstellposition für alte FMG Mitarbeiter. Die dürfen dann weiterarbeiten und die Finger bedienen. Die kommen heut oder morgen, haben aber ganz viel Zeit, ois gmiatlich. Und die Airline soll dafür haften?
Zumindest besteht eine gewisse Ungerechtigkeit zwischen Finger und Bus. Kommt kein Bus ist die Tür schon offen, wenn eine Treppe dran ist. Kommt kein Finger, bleibt die Tür zu.
 
Zuletzt bearbeitet:

pimpcoltd

Erfahrenes Mitglied
03.07.2009
3.316
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@pimpcoltd Doofes Argument. Hat die Airline eine Wahl? Bei Busbetreibern vielleicht (FRA ist alles FRAPORT oder), bei den Brückenfahrern idR nein die kommen vom Airport selbst, zB in MUC. Wo ist das der Einflussbereich der Airline wo sie zumindest noch ein Dienstleister-Auswahlermessen hätte?

Steile These, dass der Besteller (Airline) keine Druckmittel gegen den säumigen Werkverpflichteten (Flughafen, Busbetreiber) habe... umso steiler, wenn die Airline - wie etwa LH in FRA und MUC - Großkunde, Gesellschafter und an der (Des-)Organisation selbst beteiligt ist.

Wenn der Bus oder Finger nicht wie versprochen kommt, wird eben für die dann fällige Entschädigung Regress beim Betreiber genommen. Das ist auch alles gar nicht so weit hergeholt, wenn man auf die Rechtsprechung zu unzureichend geplanter Enteisung hinüberschaut.

Davon abgesehen geht es hier um zwei Fälle:

Einmal der, dass die Airline mit 2:55h Verspätung die Flugzeugtür öffnet und der Passagier nach einer störungsfreien Busfahrt erst über 3h nach der ausgeschriebenen Ankunftzeit das Terminal betreten kann. Da muss man sich schon fragen, wieso die Airline, die den Passagier mit 3:01h Verspätung am Finger freilässt, haftet, während sie ungeschoren davonkommen soll, wenn sie irgendwo auf dem Vorfeld die Tür aufmacht und der Passagier erst 20-30 min später mit dem Bus am Gate ankommt. Wohlgemerkt: Dieser Fall hat nix mit Unzulänglichkeiten des Busbetreibers zu tun, sondern ist allein Folge der planwidrigen Flugdurchführung.

Der zweite Fall ist der, dass bei planmäßiger Busfahrt der Passagier innerhalb des 3h-Rahmens am Terminal abgesetzt worden wäre, es dazu aber nicht gekommen ist, weil der Busbetreiber die Sache vergeigt hat. Dann kann man darüber nachdenken, ob das noch im Verantwortungsbereich der Airline liegt. Aber diesen Fall soll sie erstmal beweisen.
 
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umsteiger

Erfahrenes Mitglied
22.01.2012
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Genau! Ebenso kennen wir alle die Situation, wenn mal wieder ewig kein Bus kommt oder der Fingerfahrer fehlt. Das ist Zb in MUC die Abstellposition für alte FMG Mitarbeiter. Die dürfen dann weiterarbeiten und die Finger bedienen. Die kommen heut oder morgen, haben aber ganz viel Zeit, ois gmiatlich. Und die Airline soll dafür haften?


Dass die Fluggesellschaft dafür "haftet", ist doch schon höchstrichterlich entschieden, da die Tür zum Ausstieg nun mal erst geöffnet wird, wenn der Fingerfahrer seine Arbeit gemacht hat... :)
 

umsteiger

Erfahrenes Mitglied
22.01.2012
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Zumindest besteht eine gewisse Ungerechtigkeit zwischen Finger und Bus. Kommt kein Bus ist die Tür schon offen, wenn eine Treppe dran ist.


Wobei das Öffnen der Türen nicht ausreicht. So muss es den Fluggästen erlaubt sein, die Maschine zu verlassen. Das ist ja regelmäßig erst dann der Fall, wenn der Bus an der Maschine steht. Aber es kommt halt vor, dass der Bus einfach nicht abfährt. Insofern bin ich da bei dir.
 
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Berlin_Lawyer

Erfahrenes Mitglied
10.10.2017
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Berlin
Es fällt auf, wie still die Diskussion zur maßgeblichen Entfernung nach Art. 7 Abs. 1 VO beim verpassten Anschlussflug (Ausgangsfall: DEN – MUC – FRA) geworden ist.

Zur Erinnerung die Reaktionen einiger zu meiner Aussage, dass auf die Gesamt-, nicht die Teilstrecke abzustellen ist, so dass im zur Diskussion gestellten Falle EUR 600,00 (weil DEN – MUC – FRA) und nicht EUR 250,00 (MUC – FRA) fällig wären:


Aber für die 600 dürfte kein Raum sein, auch wenn das schon manchmal so entschiedenwurde.

Ist das wieder so ein zielführendes Zitat wie neulich, wo das LG Köln zur Frage, ob der Fluggast seinen Entschädigungsanspruch an den Arbeitgeber abtreten muss, genau gar nix gesagt hatte? Rechtsprechung ist im Internet überwiegend frei verfügbar, juristische Fachzeitschriften und Kommentare sind das nicht. Also bitte die Rechtsprechung angeben und hier
nicht den Literaturkenner spielen(dazu noch mit unvollständigen Zitaten) - danke.

Hab´ zu der Frage ja schon oft was geschrieben. U.a., dass ich es durchaus für möglich halte, dass der EuGH mal in dem Sinne entscheidet, dass in einer solchen Konstellation die Gesamtdistanz maßgebend ist.
Der Wortlaut scheint mir allerdings relativ klar zu sein. Demnach wird gemessen ab dem Segment, auf dem die Störung auftritt. Und zwar bis zum letzten Segment, auf das sie sich auswirkt, was regelmäßig das Endziel sein wird. Und nur so macht es auch Sinn. Ansonsten würde beispielsweise das vom EuGH aufgestellt Gebot, das alle Fluggäste einer Maschine gleich zu behandeln sind, auf den Kopf gestellt. Denn der Fluggast der von Denver über München nach Frankfurt fliegt ist auf dem Segment MUC-FRA nicht mehr betroffen als jener, der ausschließlich diese Strecke gebucht hat.

Schön für den klagenden Fluggast, wenn Gerichte das mal anders sehen. Aber verlassen würde mich mich darauf nicht. Hier bin ich klar bei der LH.

Welche "Erwägungen" lassen das "nicht vermuten"? Die Erwägungen zu der "Über-Eck-Frage", die mit Segmenten vor dem "über Eck" nix zu tun haben? Vielleicht liest du das Urteil einfach mal (aber bitte gründlicher als des LG Köln), wenn du schon in der Stadtbibliothek sitzt.
P.S.: Hat der Schlesinger nach sechs Semestern Wartezeit endlich einen Studienplatz bekommen?

Es ist halt auffällig, dass du in diesem und anderen Threads wiederholt
streitbare bis abwegige Thesenaufstellst, die du nur mit Schein-Belegenunterfütterst. Es wäre ein Klacks, den EuGH mit Aktenzeichen und Link zu zitieren, aber dann kann halt jeder nachlesen, was du nicht verstanden hast.

So, und weil das Ganze „manchmal“ so entschieden wurde, weil Gerichte „das mal anders sehen“, spiele ich hier wieder „den Literaturkenner“ und erkläre meine „streitbaren bis abwegigen Thesen“ mit weiteren „Schein-Belegen“:

1. Möllring, NJW 2019, S. 6 (8):

„Fraglich ist, welche Entfernung zugrunde gelegt wird, wenn zwar der Zubringerflug pünktlich beim Umsteigeflughafen ankommt, sich aber der Anschlussflug stark verspätet oder annulliert wird. [...] Die Luftfahrtunternehmen sehen regelmäßig nur die letzte Teilstrecke als ausschlaggebend an und bestätigen allenfalls einen geringen Anspruch. In zahlreichen amtsgerichtlichen Entscheidungen wird allerdings auf die Gesamtentfernung und nicht nur auf die letzte Teilstrecke abgestellt.Bei einer einheitlichen Flugbuchung seien selbst bei Unterbrechung des Fluges nicht die einzelnen Teilstrecken für die Berechnung der Ausgleichzahlung relevant. Es sei vielmehr entscheidend, dass der Zielort mit der entsprechenden Verspätung erreicht wird. Ansonsten bestünde auch keine Differenzierung zu Fluggästen, für die die Teilstrecke eine Einzelstrecke darstellt. Jemand, dessen Flug sich aus mehreren Einzelflügen zusammensetzt, soll auch nicht schlechter gestellt sein, als jemand, der einen Direktflug über die gesamte Strecke gebucht hat. Außerdem werden in Erwägungsgrund (2) der Fluggastrechte-VO speziell das Ärgernis und die großen Unannehmlichkeiten von Annullierungen oder großen Verspätungen als Erwägung für die Fluggastrechte-VO genannt. Die erhöhte Belastung, die durch eine längere Reise entsteht, rechtfertigt also einen höheren Ausgleichsanspruch. Für den Fluggast ist es in der Regel unerheblich, auf welchen Einzelflug die Ankunftsverspätung am Endziel zurückzuführen ist. Schließlich verlängert sich die Reise gleichermaßen, womit sich auch die Belastung für den Fluggast erhöht. Diese Entscheidungen überzeugen im Ergebnis auch deshalb, weil der Umsteigeflughafen für den Fluggast lediglich Bestandteil der durch das Luftfahrtunternehmen festgelegten Flugroute ist.An diesem hält er sich nur zum Umsteigen auf, während er zu den Orten des planmäßigen Abflugs und zum Zielort regelmäßig zumindest irgendeine Beziehung aufweist. Daher muss diese Verzögerung erst recht so gewertet werden, dass sie die gesamte Flugreise und nicht nur den letzten Abschnitt verlängert. Im Ergebnis ist also auch bei Verspätung oder Annullierung des Anschlussflugs die Gesamtentfernung für die Bemessung der Ausgleichzahlung maßgeblich.“

2. Staudinger, in: HK-FluggastVO (2016) Art. 2, Rz. 61:

„Um die Höhe des jeweiligen Ausgleichsanspruchs gem. Art. 7 Abs. 1 zu bestimmen, ist nach diesem Ansatz entsprechend die jeweilige Entfernung vom Startflughafen bis zum Endziel maßgeblich und zwar unabhängig davon, wo die Störung der Beförderung genau eintritt. Dem steht auch Art. 7 Abs. 1 Satz 2 nicht entgegen. [...] Da der Ausgangspunkt nach diesem Verständnis des „Fluges“ jedoch immer der des ursprünglichen Startflughafens ist, müsste jener auch als Ausgangspunkt für die Berechnung der Entfernung zugrunde gelegt werden. Die maßgebliche Strecke erst von dem Ort an zu messen, an dem das betroffene Segment annulliert wurde, bedeutete andernfalls, dem Begriff des „Fluges“ im Rahmen des Art. 7 Abs. 1 Satz. 1 eine andere Beurteilung zugrunde zu legen als in Art. 5 bzw. Art. 3.“

3. Steinrötter, in: beckOGK-BGB Reisevertrag (2018), Fluggastrechte-VO Art. 7, Rz. 13:

„Richtigerweise muss es bei einheitlicher Buchung aber unerheblich sein, in welchem Streckenabschnitt die fluggastrechtlich relevante Störung eingetreten ist. Dies ist bei separater Buchung freilich anders.“

4. Eine Auswahl an Rechtsprechung hierzu und die o.g. Ansicht vertretend:

· AG Köln, Urt. v. 23.2.2017 – 118 C 412/16
· AG Erding, Urt. v. 29.3.2017 – 4 C 3715/16
· AG Köln, Urt. v. 10.10.2016 – 113 C 311/16
· AG Hamburg, Urt. v. 28.2.2006 – 18 B 329/05
 
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TobiTobsen

Aktives Mitglied
31.10.2012
231
238
Mal eine kurze Zwischenfrage bei der Diskussion hier ;)

Folgende Situation:

LH515 - CUN nach FRA am 22.01.2019

Geplanter Abflug: 22:40
Tatsächlicher Abflug : 02:19

Geplante Ankunft: 14:45
Tatächliche Ankunft: 18:14

Grund: Technical / Fehlerhaftes Radar im Flugzeug

Anspruch auf Ausgleichszahlung sollte bestehen oder? 300 € ?
Ansprüche über ein LH Formular anmelden oder gibt es da evtl. eine Mail Adresse?

Danke im Voraus
Tobias
 

umsteiger

Erfahrenes Mitglied
22.01.2012
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Berlin
www.kanzlei-woicke.de
Wie schon geschrieben, @Berlin_Lawyer: gibt es diese Auffassung. Und es ist ja nicht ausgeschlossen, dass das auch mal so höchstrichterlich entschieden wird. Ich bleibe aber skeptisch und finde diese Auffassung auch falsch. So sehr sie mich für Fluggäste freuen würde.

Es sollte aus den zitierten Entscheidung aber nicht gefolgert werden, dass in Köln, Hamburg oder auch Erding so geurteilt würde.

Man sollte sich auch klar machen, dass das ausführende Luftfahrtunternehmen auf dem letzten Segment keine Möglichkeit hat, durch adäquate Maßnahmen zu verhindern, dass sich die entfernungsbedingte, höherere Ausgleichszahlung realisiert. Das ist einer der großen Unterschiede zur umgekehrten Konstellation, also etwa FRA-MUC-DEN mit Annullierung/Verspätung auf dem ersten Segment. Der Sanktionscharakter ginge weitgehend ins Leere.
 

Berlin_Lawyer

Erfahrenes Mitglied
10.10.2017
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Berlin
Wie schon geschrieben, @Berlin_Lawyer: gibt es diese Auffassung. Und es ist ja nicht ausgeschlossen, dass das auch mal so höchstrichterlich entschieden wird. Ich bleibe aber skeptisch und finde diese Auffassung auch falsch. So sehr sie mich für Fluggäste freuen würde.

Ich finde es befremdlich, so zu tun, als wäre es "eine" Auffassung. Wenn ich mir ansehe, dass 2 der 3 zur FluggastrechteVO verfügbaren Kommentare diese Ansicht vertreten (Nr. 3 schweigt zur Problematik) und außerdem eine nicht geringe Anzahl jüngerer Rspr hierzu vorliegt, die genau zu diesem Ergebnis kommt, dann kann ich nicht erkennen, dass eine andere Meinung - jedenfalls in vergleichbarer Art und Weise - vertreten wird (und nein, dieses Forum hat nicht dieselbe Wertigkeit wie die NJW). Mit anderen Worten: Ich fände es problematisch, einem Mandanten zu sagen, dass zwar Professor Staudinger und ersichtliche Literatur und Rspr der Meinung sind, dass die Gesamtstrecke heranzuziehen sind, aber ich nur die Geltendmachung von 41 Prozent dessen (d.h. EUR 250 statt EUR 600) empfehle, weil ich das irgendwie "skeptisch" bin.


Es sollte aus den zitierten Entscheidung aber nicht gefolgert werden, dass in Köln, Hamburg oder auch Erding so geurteilt würde.

Aber: es wurde. Nun sind wir uns vermutlich einig, dass in Small Money Cases der geneigte Amtsrichter gerne bei BeckOnline nachsieht, bevor er sich seine eigenen Gedanken macht - und wenn Köln, Hamburg und Erding es so sehen, dann kann es ja so ganz unvertretbar (wie hier mitunter - nicht von Dir! - behauptet) nicht sein.
 
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Erfahrenes Mitglied
22.01.2012
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Ich finde es befremdlich, so zu tun, als wäre es "eine" Auffassung. Wenn ich mir ansehe, dass 2 der 3 zur FluggastrechteVO verfügbaren Kommentare diese Ansicht vertreten (Nr. 3 schweigt zur Problematik) und außerdem eine nicht geringe Anzahl jüngerer Rspr hierzu vorliegt, die genau zu diesem Ergebnis kommt, dann kann ich nicht erkennen, dass eine andere Meinung - jedenfalls in vergleichbarer Art und Weise - vertreten wird (und nein, dieses Forum hat nicht dieselbe Wertigkeit wie die NJW). Mit anderen Worten: Ich fände es problematisch, einem Mandanten zu sagen, dass zwar Professor Staudinger und ersichtliche Literatur und Rspr der Meinung sind, dass die Gesamtstrecke heranzuziehen sind, aber ich nur die Geltendmachung von 41 Prozent dessen (d.h. EUR 250 statt EUR 600) empfehle, weil ich das irgendwie "skeptisch" bin.




Aber: es wurde. Nun sind wir uns vermutlich einig, dass in Small Money Cases der geneigte Amtsrichter gerne bei BeckOnline nachsieht, bevor er sich seine eigenen Gedanken macht - und wenn Köln, Hamburg und Erding es so sehen, dann kann es ja so ganz unvertretbar (wie hier mitunter - nicht von Dir! - behauptet) nicht sein.


Na ja,

das ist ja keine Frage, die ein Amtsrichter etc. groß nachschlagen müsste, wenn er häufig Fluggastrechts-Sachen macht.

Und bei allem Respekt, aber du machst dir das zu einfach. Wenn eine vierköpfige Familie 2400 Euro einklagt und lediglich 1000 Euro erhält, hat sie schnell 900 oder mehr Euro Prozesskosten, sodass fast nichts übrig bleibt oder gar draufgezahlt wird. Wenn der Mandant darauf besteht, das durchzuexerzieren, ist es ja ok. Aber häufig wirst du zu dem Ergebnis kommen, das einzuklagen, was du auch mit hoher Wahrscheinlichkeit erhalten wirst.


Letztlich ist das eine Rechtsfrage, die sicher irgendwann mal höchstrichterlich geklärt wird.

Aber ich bleibe dabei: systematisch wäre das nicht. Grundsätzlich geht die VO ja immer vom einzelnen Segment aus, das ob der Anwendbarkeit der VO auch jeweils zu prüfen ist. Bei der Berechnung der Ausgleichszahlung wird davon in Art. 7 insofern abgewichen, als die Strecke nach vorne erweitert wird, wenn dort der große Zeitverlust noch besteht. Das ist dem Umstand geschuldet, dass ja der Zeitverlust am Endziel maßgebend ist, was ja auch bedeuten kann, dass gar keine Ausgleichszahlung gezahlt wird, da das Endziel trotz großer Verspätung/Annullierung auf einem Segment rechtzeitig oder sehr zeitnah erreicht wird.

Eine Ausdehnung nach hinten hingegen wird nirgendwo erwähnt und macht aus den genannten Gründen auch wenig Sinn.
 

Berlin_Lawyer

Erfahrenes Mitglied
10.10.2017
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Berlin
Na ja,

das ist ja keine Frage, die ein Amtsrichter etc. groß nachschlagen müsste, wenn er häufig Fluggastrechts-Sachen macht.

Und bei allem Respekt, aber du machst dir das zu einfach. Wenn eine vierköpfige Familie 2400 Euro einklagt und lediglich 1000 Euro erhält, hat sie schnell 900 oder mehr Euro Prozesskosten, sodass fast nichts übrig bleibt oder gar draufgezahlt wird. Wenn der Mandant darauf besteht, das durchzuexerzieren, ist es ja ok. Aber häufig wirst du zu dem Ergebnis kommen, das einzuklagen, was du auch mit hoher Wahrscheinlichkeit erhalten wirst.

Und ich finde, es macht sich zu einfach, wer nicht die aktuellsten Entwicklungen in Literatur und Rspr verfolgt und im Rahmen seiner Beratungstätigkeit berücksichtigt. Ich persönlich kenne nicht viele Richter, die sich in solchen Fragen der bestehenden Rechtsmeinung widersetzen, vor allem nicht, wenn die Beklagte ein Luftfahrtunternehmen ist. Wenn Du Deinem Richter all das, was ich oben geschrieben habe, hinkippst, dann kann er seitenlang begründen, weshalb die Lehrstuhlinhaber, Praktiker und andere Amtsgerichte (oder gar gerichtseigene Abteilungen) das falsch sehen...


Grundsätzlich geht die VO ja immer vom einzelnen Segment aus, das ob der Anwendbarkeit der VO auch jeweils zu prüfen ist.

Auch im Lichte von Wegener/Air Royal Maroc? Ein Flug mit Anschlussflügen.

Eine Ausdehnung nach hinten hingegen wird nirgendwo erwähnt und macht aus den genannten Gründen auch wenig Sinn.

Die dreistündige Verspätung am Endziel als anspruchsauslösendes Ereignis wurde auch nirgendwo erwähnt. Und dass das Ganze sehr wohl Sinn ergibt, das zeigen die oben Zitierten allesamt auf. Einfach mal lesen.
 
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umsteiger

Erfahrenes Mitglied
22.01.2012
3.454
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Berlin
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Gibt ja auch das eine oder andere Urteil, das exakt Gegenteil besagt. Und wenn du mich fragst: eher mehr als weniger.

Was deine beiden anderen Argumente anbelangt, nämlich die beiden EuGH-Urteile. Dast ist ja genau das, was ich wiederholt schrieb: Insbesondere nach der letzten von dir genannten Entscheidung traue ich dem EuGH nämlich durchaus zu, das in deinem Sinne zu entscheiden - und damit abermals über den Wortlaut hinauszugehen.

Nur voraussetzen kannst du das eben nicht.
 
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paradox

Erfahrenes Mitglied
01.08.2017
376
122
Man sollte sich auch klar machen, dass das ausführende Luftfahrtunternehmen auf dem letzten Segment keine Möglichkeit hat, durch adäquate Maßnahmen zu verhindern, dass sich die entfernungsbedingte, höherere Ausgleichszahlung realisiert.

Vorweg: Schöne Diskussion. Auf die höchstrichterliche Entscheidung warte ich mit Spannung :)

@umsteiger: Die oben zitierte Argumentation verstehe ich nicht.

Es obliegt doch gerade dem ausführenden Luftfahrtunternehmen, durch adäquate Maßnahmen zu verhindern, dass eine Verspätung auf dem letzten Segment entsteht. Es liegt in der Hand es Luftfahtunernehmens eine Verzögerung oder Ausfall zu verhindern.

Wenn dies nicht gelingt entsteht eben ein Anspruch das Fluggastes auf Ausgleichszahlung gemäß der Flugstrecke (0 bis >3.500 km (oder wo auch immer die Obergrenze liegt)
 

umsteiger

Erfahrenes Mitglied
22.01.2012
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@umsteiger: Die oben zitierte Argumentation verstehe ich nicht.

Es obliegt doch gerade dem ausführenden Luftfahrtunternehmen, durch adäquate Maßnahmen zu verhindern, dass eine Verspätung auf dem letzten Segment entsteht. Es liegt in der Hand es Luftfahtunernehmens eine Verzögerung oder Ausfall zu verhindern.

Wenn dies nicht gelingt entsteht eben ein Anspruch das Fluggastes auf Ausgleichszahlung gemäß der Flugstrecke (0 bis >3.500 km (oder wo auch immer die Obergrenze liegt)


Klar. Aber einen Flug zu streichen etc., gesteht der Verordnungsgeber - rein fluggastrechtlich - Fluggesellschaften ja zu.

Das für das letzte Segment zuständige Unternehmen hat einfach weniger Möglichkeiten, die Konsequenz der höhen Ausgleichszahlung zu verhindern.

Bei FRA-MUC-DEN kann z.B. auf FRA-DEN, FRA-JFK-DEN usw. umgeswitcht werden. Umgekehrt hingegen wäre es dem Anliegen der VO gerade widrig, würde etwa das Unternehmen auf MUC-FRA für den Pax, der aus DEN kommt, einen größeren Aufwand betreiben, um ihn früher nach FRA zu bringen als bei seinen Mitreisenden, bloß um die hohe Ausgleichszahlung zu vermeiden.

Von den Folgeproblemen ganz zu schweigen: Nimm´ mal ne Annullierung von MAD-HAM auf DEN-MAD-HAM mit einem Zeitverlust in HAM v. 3:30 Uhr. Was dann? 400 Euro, weil letztes Segment (Mittelstrecke) maßgeblich ist? Oder bloß 300 Euro, weil die Gesamtdistanz (Langestrecke) zählt?

Da hätte also derjenige, der mit der langen Anreise nach MAD schon vorgeschädigt ist, plötzlich die schlechteren Karten. Passt doch alles nicht! Es wäre, sorry, der musste jetzt sein, PARADOX. :D
 

malschauen

Erfahrenes Mitglied
05.12.2016
2.602
1.664
In dem Zusammenhang auch einen noch kurioseren Fall, der hier so ähnlich auch schon diskutiert wurde. Pax auf EWR-MUC-FRA gebucht. In MUC ist ein längeres Layover. Der Flug MUC-FRA wird annulliert und der Pax, da rechtzeitig in München auf den 2 Stunden vorhergehenden Flug umgebucht. Betachtet man die Gesamtstrecke steht dem Pax auf einmal keine Ausgleichszahlung.
 

Berlin_Lawyer

Erfahrenes Mitglied
10.10.2017
810
99
Berlin
In dem Zusammenhang auch einen noch kurioseren Fall, der hier so ähnlich auch schon diskutiert wurde. Pax auf EWR-MUC-FRA gebucht. In MUC ist ein längeres Layover. Der Flug MUC-FRA wird annulliert und der Pax, da rechtzeitig in München auf den 2 Stunden vorhergehenden Flug umgebucht. Betachtet man die Gesamtstrecke steht dem Pax auf einmal keine Ausgleichszahlung.

Stimmt. Dann muss man sich am Wortlaut der VO stören, der den Anspruch vorsieht, aber Sinn und Zweck der VO sprechen dann doch sogar gegen eben diesen Anspruch? Keine Ärgernisse, keine Unannehmlichkeiten, früher zuhause - ergo: Wieso soll der Pax denn hier was bekommen? Es gibt doch keinen kompensationsfähigen Umstand.