Ist das neu?
Ich hatte im letzten Jahr eine etwa 3,5h Verspätung und da haben die gekürzt und mir EUGH Urteil C-402/07C‑432/07 geschickt
Ich halte das Vorbringen der Airline(s) für eine Überhöhung der Bedeutung und Bindungswirkung der Entscheidungs
begründung (nicht: des Tenors!) des
Sturgeon-Urteils (hier: „
Es ist darauf hinzuweisen, dass […]“). Das Ganze ist eben (noch) nicht höchstrichterlich entschieden. Auch in der deutschen Instanzrechtsprechung (nach
Sturgeon!) ist eine solche Kürzung gem. Art. 7 Abs. 2 VO nicht gelebte Praxis. Abgelehnt bspw. durch AG Köln, Urt. v. 26.6.2013 – 125 C 390/12; AG Rüsselsheim, Urt. v. 3.4.2014 – 3 C 4193/13 (38); für Österreich: HG Wien, Urt. v. 7.12.2016 – 1 R 82/16d („
Voraussetzung für die Kürzung der Ausgleichsleistung nach Art. 7 II VO ist nicht nur eine „anderweitige Beförderung zum Endziel unter vergleichbaren Bedingungen" (mit Ankunft innerhalb der vorgesehenen Zeitgrenzen), sondern darüber hinaus die Beförderung „mit einem Alternativflug".“)
Das AG Düsseldorf, Urt. v. 31.1.2019 – 51 C 505/18 hält bei Flugverspätungen grundsätzlich ein Kürzungsrecht gem. Art. 7 Abs. 2 VO für nicht gegeben, weil unmittelbar Art. 7 Abs. 2 (c) VO nicht zur Anwendung komme, da die Vorschrift eine Nichtbeförderung oder Annullierung voraussetze, die bei einer nur verspätet durchgeführten Beförderung nicht vorliege. Auch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift komme nicht in Betracht. Zwar stehen nach der
Sturgeon Entscheidung die Beeinträchtigungen eines Fluggastes bei einer Verspätung ab drei Stunden denen einer Annullierung gleich; dies rechtfertige aber nicht, den Anwendungsbereich der Vorschrift auf Fälle der großen Verspätung zu erweitern („
Soweit der EuGH in der zitierten Entscheidung eine analoge Anwendung Art. 7 Abs. 2 lit. c EG-VO 261/2004 auf die Fälle von großen Verspätungen angenommen hat, kann dies auch inhaltlich nicht überzeugen.“) Für eine analoge Anwendung sei kein Raum, weil es an einer planwidrigen Regelungslücke fehle. Denn die Regelungslücke sei nicht durch den Gesetzgeber, sondern durch die Entscheidung des EuGH entstanden. Der Gesetzgeber habe trotz der Entscheidung keine inhaltlichen Änderungen an der Fluggastrechte-VO vorgenommen.
Mal anders: Art. 7 Abs. 2 (a) VO hätte nie einen Anwendungsfall; Art. 7 Abs. 2 (b) VO ausschließlich, wenn die Verspätung EXAKT 180 Min. beträgt; aber Art. 7 Abs. 2 (c) VO fände plötzlich Berücksichtigung, wenn die tatsächliche Ankunftszeit zwar drei Std. oder mehr verspätet, aber nicht mehr als vier Stunden war. Wieso sollte die Airline nur bei einer bestimmten Art von Flügen eine Privilegierung genießen und im Umkehrschluss ein Pax eine Kürzung hinnehmen? Das ist doch nicht sachgerecht. uU stünden Pax, die von einer Drei-Std-Verspätung betroffen sind, nicht mehr gleich mit Reisenden, die von einer Annullierung bzw. Nichtbeförderung betroffen sind. Genau das wollte der EuGH ja gerade nicht.