Nachdem es mich in der heißen Jahreszeit in den letzten Jahren eher in nördliche Gefilde zog, da ich die Temperaturen dort angenehmer finde und ich außerdem den in manchen Ländern weit verbreiteten Klimatisierungswahn als haarsträubende Ressourcenverschwendung empfinde (man könnte ja auch mal über passive Maßnahmen nachdenken, um die Temperaturen erträglich zu halten, anstatt jedes Gebäude zu einem stromfressenden Kühlschrank umzubauen...), war ich in diesem Jahr seit längerem mal wieder im Süden, auf den Kanaren, speziell Lanzarote und Fuerteventura. Wie erhofft, waren auch dort die Temperaturen während meines Aufenthalts in meinem persönlichen Wohlfühlbereich (deutlich unter 30 °C). Keine Sorge: Gleich geht es um Kreditkarten!
Da die Kanaren zwar eigentlich schon Afrika sind, geopolitisch aber zu Spanien gehören, musste ich während meiner Reise unweigerlich das eine oder andere Mal an so manches Statement eines ganz bestimmten Nutzers hier denken, der nicht müde wird, Spanien immer wieder als so viel fortschrittlicher und moderner im Vergleich zu "de" zu lobpreisen. Nun, wie wenig man von den Zahlungsgepflogenheiten allein auf die Fortschrittlichkeit eines Landes im Allgemeinen schließen kann, zeigte sich mir bereits am ersten Tag in Anbetracht der Unmengen an Einweg-Plastik-Wasserflaschen, auf die noch nicht einmal ein Pfand erhoben wird, um zumindest einen minimalen Anreiz für eine geordnete Rückführung zu setzen. Auch Bierflaschen aus Glas: Verbreitet Einweg und ohne Pfand. Da kam ich mir als Einwohner des hier als solches bezeichneten "Freilichtmuseums" Deutschland aber tatsächlich mal wie in einem Freilichtmuseum vor, da ich solche Dinge nun tatsächlich für ein Relikt des vergangenen Jahrtausends gehalten hatte. Und es komme mir nun bitte niemand mit den Schwächen des deutschen Recycling-Systems: Die sind mir bewusst und ich finde es auch nicht in Ordnung, wenn deutscher Plastikmüll einfach in andere Länder verklappt wird. Aber es ist mit dem Pfandsystem allemal besser als von vorn herein "gar nichts" zu machen. Und gerade Glasflaschen gehören nach einmaliger Verwendung nun echt nicht in den Müll. (Ich bin Biertrinker. Die Gepflogenheiten der Weinsäufer beim Umgang mit deren Leergut sind nun echt nicht mein Bier. Ich hoffe allerdings immer, dass die ihre Tetrapaks artig in der Gelben Tonne entsorgen.
)
Nun zu den Kreditkarten: Mastercard und Visa werden nahezu flächendeckend akzeptiert, Amex und Konsorten wohl deutlich weniger, was mir aber egal ist, weil ich einfach nur bezahlen will und auf das ganze Drumherum gerne verzichten kann. Überall dort, wo ich auch auch in Deutschland (ggf. mit der Einschränkung: mittlerweile) per Kreditkarte zahlen kann (Supermarkt, Tankstelle, Hotel, Mietwagen...), ging das (erwartungsgemäß) auch auf den Kanaren.
Einen gewissen Bonus könnte es im Gastronomiebereich geben: In ein oder vielleicht auch zwei Restaurationen konnte ich mit Karte zahlen, bei denen man in vergleichbaren Fällen in Deutschland die Kartenakzeptanz zumindest nicht hätte voraussetzen können. Das war es aber auch schon in puncto "mehr Modernität beim Bezahlen".
Verschiedentlich wurde hier von dem bereits weiter oben erwähnten Nutzer berichtet, dass er in Spanien in jedem x-beliebigen Straßenlokal seinen Wein für 1,50 Euro mit Karte bezahlen kann. Ob mir das auch gelungen wäre, wollte ich als Bietrinker nicht ausprobieren.
Mein (kleines) Bier für 3,xx Euro wie auch alle anderen Speisen und Getränke musste ich jedenfalls in bar bezahlen (stationärer Strandkiosk auf Fuerteventura etwas südlich von Corralejo; durchaus touristische Gegend und kein exotisches "Hinterland").
Auch den Eintritt in den Nationalpark Timanfaya auf Lanzarote, bei dem für eine Familie leicht 30 Euro oder mehr fällig werden, kann man ausschließlich bar entrichten. Begründet wird dies damit, dass der Mobilfunkempfang so schlecht und deswegen keine Kartenzahlung möglich sei. Nun, mein eigenes Mobilfunkgerät hatte zumindest exzellenten 3G-Empfang, wahrscheinlich sogar 4G. Da man sich dort im modernen Spanien und nicht etwa im Freilichtmuseum Deutschland befindet, müssen die hier sonst üblichen Mutmaßungen hinsichtlich "Steueroptimierung" als Begründung wohl leider ausscheiden. Der vorgebliche schlechte Mobilfunkempfang taugt aber nachweislich auch nicht als Begründung.
Und noch ein paar andere "Cash only"-Erlebnisse. Der Vollständigkeit halber darf aber nicht unerwähnt bleiben, dass das alles Orte bzw. Geschäfte waren, bei denen man sich in Deutschland auch nicht auf die Karte hätte verlassen können. Ich kann eben nur nicht recht erkennen, wo genau jetzt der große zahlungstechnische Qualitätsunterschied sein soll. Mit Ausnahme der ein oder zwei Restaurants, die ich bereits erwähnt habe, hätte ich in Deutschland an vergleichbaren Stellen auch anstandslos per Kreditkarte bezahlen können. (Einen Bäcker habe ich nicht aufgesucht; der wäre ggf. noch ein Bonus für Spanien geworden, sofern er Karten akzeptiert hätte.)
Jedenfalls waren meine 70-80 Euro Bargeldreserve doch deutlich schneller erschöpft als gedacht. Und folglich empfand ich es als sehr "modern" in dem Sinne, dass ich das in diesem Ausmaß noch nicht gesehen habe, dass man in Spanien offenbar an so ziemlich jedem Geldautomaten zusätzlich zu den Gebühren, die die eigene Bank berechnet, auch noch eine direkte Gebühr berappen soll, die, soweit ich das gesehen habe, ab 1,80 Euro über 2 Euro und 2,50 Euro bis hin zu oberdreisten 3,95 Euro (Euronet) beträgt. In der Gegend, in der ich mich hauptsächlich aufgehalten habe, gab es wahrscheinlich 50 Geldautomaten, von denen exakt einer keine Extra-Gebühr verlangte (Caixa). Das empfand ich in Anbetracht der Tatsache, dass es ohne Bargeld dann eben doch nicht geht und ich nur ungern größere Bargeldbeträge mit mir rumschleppe, dann doch als etwas unangenehm.
Mein ganz persönliches Fazit lautet daher: Wenn ich wieder einmal nach Spanien reisen sollte, wird meine sonst übliche Bargeldreserve auf mindestens 300 Euro aufgestockt. Dann muss ich mir nämlich nicht gleich am zweiten Tag Gedanken darüber machen, wie ich diese beknackte Automatengebühr umgehen kann und ob das überhaupt möglich sein wird. Ich empfinde es zwar nun gerade nicht als sonderlich "modern", mit so viel Bargeld unterwegs zu sein, aber man muss sich eben auf die lokalen Gepflogenheiten des Reiseziels einlassen und entsprechend vorbereitet sein...