München – Die Condor-Schwester-Airline hat seit ihrem Start Ende Mai für viele Negativ-Schlagzeilen gesorgt. Jetzt hat sich ein Pilot bei BILD gemeldet. Seine Befürchtung: „Ich habe Angst, dass was Schlimmes passieren könnte.“
Der Flieger will seinen Arbeitsplatz nicht verlieren, möchte deswegen anonym bleiben. Wir nennen ihn hier Günter Wendt. Der Mann ist seit über zehn Jahren Pilot, flog davor für andere Airlines. Er arbeitet in der ersten Saison für Marabu.
Nach etwas mehr als zwei Monaten hat er nun eine Meldung an das Deutsche Luftfahrtbundesamt (LBA) eingereicht. Das Dokument liegt BILD vor.
Darin schreibt Wendt unter anderem: „Ich habe in meiner Karriere noch nie eine gefährlichere oder chaotischere Operation gesehen und möchte, dass das LBA mit der Untersuchung von Marabu beginnt.“
Das LBA darf aus Datenschutzgründen nicht bestätigen, dass die Meldung eingegangen ist. Das Amt zu BILD: „Das LBA überwacht ausländische Luftfahrtunternehmen wie zum Beispiel Marabu regelmäßig im Rahmen von Stichprobenkontrollen auf deutschen Flughäfen.“ Dabei würden auch Ereignismeldungen von Personal und Passagieren berücksichtigt.
Sein größtes Bedenken: die Vertragslage. Wo Marabu draufsteht, ist nicht viel Marabu drin. „Wir arbeiten im sogenannten Wet-Lease. Heißt: Ich bin bei einer Firma unter Vertrag, die mich bei Nordica anstellt. Meine Uniform ist von Nordica, meine Homebase in Sofia, Bulgarien, obwohl ich dort noch nie war. Das Flugzeug ist in Estland gemeldet. Marabu ist eine Deutsche Airline.“ Das klingt nicht nur für Außenstehende verwirrend. Der Pilot sagt besorgt zu BILD: „Ich weiß nie, wer für welche Belange zuständig ist. Und wer ist verantwortlich, wenn was schiefläuft?“
Dann bekommt er Gänsehaut und fügt an: „Alle innerhalb der Airline reden darüber. Wir wären nicht verwundert, wenn was passiert.“
Wendt zeichnet ein Bild von Crew-Mitgliedern am Anschlag. Pausenzeiten, die nicht eingehalten werden. Piloten, die in letzter Minute übermüdet einspringen. „Marabu macht Dinge, die nicht in Ordnung sind.“
Weiteres Beispiel: die Dienstpläne. Piloten, die über Nacht in einer fremden Stadt bleiben, können auch mal nur 10 Stunden Ruhezeit haben. „Da meine Homebase vertraglich gesehen Sofia ist, können sie mir in München immer nur 10 Stunden Ruhezeit geben, obwohl ich immer von München aus fliege.“
Und auch bei den Dienstplänen werde getrickst. BILD liegen Screenshots vor, auf denen die Arbeitszeiten von Wendt im Nachhinein verändert wurden. Eigentlich hätte er seine maximale Arbeitszeit von zwölf Stunden wegen Verspätungen überschritten.
„Dann wird der Dienstbeginn eben mal um eine halbe Stunde verschoben und die Verspätung ist nicht berücksichtigt.“
Auf BILD-Anfrage sagt eine Sprecherin von Marabu: „Die Dienstpläne von Marabu-Besatzungen sowie unseren Partner-Airlines fußen allesamt auf der geltenden Gesetzgebung. Sollten Arbeitszeiten rechnerisch überschritten werden, greifen Präventionsmaßnahmen, wie beispielsweise die Aktivierung einer Standby-Crew.“