Grundsätzlich ist es denke ich unbestritten, dass Überbuchungen in der Airline-Branche vielfach auf dem Rücken der Kunden ausgetragen werden - angefangen vom plumpen Stehenlassen in Ländern ohne Passagierrechte, bis hin zu zahlreichen Lügen und Taschenspielertricks was den Check-In anbelangt.
Dies ging so weit, dass das US DOT vor einiger Zeit den Airlines die Zahlung der geschuldeten Denied Boarding Compensation auferlegt hat, sofern sich der Passagier rechtzeitig zum Check-In angestellt hat - damit die Airlines eben nicht einfach im Trödel-Tempo die letzten paar Passagiere eines Fluges an den Außenstationen abarbeiten, um den allerletzten dann einfach zu sagen "Pech gehabt".
Die zahlreichen Selbstbedienungs-Terminals an den meisten Flughäfen haben das Thema mittlerweile aber sowieso relativiert, denn insbesondere der statuslose Passagier muss sowieso mit dem Zwangs-Check-In am Automaten leben, bevor er/sie das Gepäck abgeben kann. Hier gilt dann im Zweifelsfall ganz einfach der Zeitstempel im Reservierungssystem, ob der Passagier pünktlich war oder nicht.
In dem konkreten Fall hier liegt ja ausweislich der Schilderung des Vorfalls durch Robert Basic ein verspätetes Eintreffen am Flughafen seitens des Passagiers zu Grunde, der Automaten-Check-In war offensichtlich auch problemlos verfügbar - und offenbar hat der Automat halt doch noch eine Standby-Bordkarte ausgespuckt, anstatt ihn direkt wegen Zuspätkommens abzuweisen.
Wäre der Flieger also nicht überbucht gewesen, hätte Robert Basic sogar den Vorteil gehabt, dass ihn Lufthansa trotz der Nichteinhaltung der Annahmefrist noch auf dem Flieger mitbefördert hätte!
Wie es hier bereits ausführlich dargestellt wurde, ist die dann erfolgte kostenlose Umbuchung mehr als kulant gewesen - in ähnlichen Situationen als Senator bzw. auch als HON Circle Statuskunde durfte ich bereits eine nicht gerade preiswerte Umbuchung aus eigener Tasche bezahlen.
Davon unabhängig durfte auch ich (sogar als Statuskunde) bei diversen Airlines Momente erleben, in denen sich die Airline falsch verhalten und mir gewisse Rechte aus dem Beförderungsvertrag bzw. aus den EU-Passagierrechten vorenthalten hat. Dies schließt auch die Lufthansa mit ein. Der Fall von Robert Basic fällt aber wohl definitiv nicht in diese Kategorie.
Was mich an der Sache am meisten aufregt ist die Selbstherrlichkeit, mit der Robert Basic offenbar erwartet hat, ungeachtet seines Zuspätkommens noch mitgenommen zu werden oder dann neben der bereits erhaltenen Kulanz den Lounge-Zugang als zusätzliches Bonbon "on top" zu bekommen. Es liegt in der Natur des Menschen, zunächst die eigene Perspektive in den Vordergrund zu stellen ("ich will noch mit!") - aber gleichzeitig sollte man insbesondere bei einer Diskussion wie der von Robert Basic die Perspektive der restlichen Passagiere nicht einfach geflissentlich unerwähnt lassen.
Jeder von uns ist genervt, wenn ein Flieger Verspätung hat - sei es wegen der Gefahr, einen Termin nicht rechtzeitig wahrnehmen zu können, den Anschlussflug zu verpassen oder später als notwendig wieder zu Hause anzukommen. Dass man gegebenenfalls nicht über 100 andere Passagiere wegen einem Zuspätkommer warten lassen kann, müsste eigentlich einleuchtend sein - ergo: wer erst spät zu seinem Flug erscheint, hat im Falle von legitimen als auch nur subjektiv empfundenen Leistungsstörungen (in dem Fall hier trifft wohl Letzteres zu) nur noch wenig "Luft", um dies regeln zu können.
Jeder von uns ist genervt, wenn in der Lounge wieder mal kein Sitzplatz zu haben ist, weil diese überfüllt ist - würde die Einräumung des Lounge-Zugangs als Kompensations-Mittel für die Airport-Mitarbeiter zugelassen werden, könnte man die Lounges insbesondere an Flughäfen wie Frankfurt dann getrost vergessen.
Natürlich profitieren Premium-Kunden davon, dass durch Fast Track, Priority Check-In und besondere Aufmerksamkeit das eine oder andere noch möglich gemacht werden kann - was für die breite Masse der Passagiere aber einfach nicht geht, ohne die geordneten Abläufe und die Pünktlichkeit zu gefährden.