Tag 35 - Sterneküche in Bangkok 1/2
Nach dem Ausflug in den tiefen Süden fühlte sich die erste Nacht in einem hochwertigen Bett wieder sehr gut an, sodass ich gut geschlafen hatte. Am Morgen realisierte ich nochmal richtig, dass dies wohl unser erster Aufenthalt im Le Méridien Bangkok war, bei dem wir ein Zimmer mit Ausblick Richtung Norden erhalten hatten, was mal eine willkommene Abwechslung war, zumal ich den Blick auf den Tempel Wat Hua Lamphong sehr mag.
Auch wenn wir erst gegen 9:15 im Frühstücksrestaurant auftauchten, hatten wir Glück, trotz vieler Gäste einen ruhigen Platz an der Seite an den erhöhten Tischen zu erhalten.
+1 orderte mal wieder Kokosnüsse, die für Statusgäste kostenfrei waren, wohingegen normalsterbliche Gäste dafür extra zahlen mussten.
+1 hatte wieder verschiedene Termine, sodass wir uns getrennt voneinander aufmachten. So spazierte ich später zur BTS-Station Sala Daeng in Silom. Hier war leider die Rolltreppe nach oben außer Betrieb, wobei man wenigstens einen Blick in das Innenleben der Rolltreppentechnik bekommen konnte.
Die BTS verkehrte unabhängig davon gewöhnlich.
Etwas außerhalb des touristischen Zentrums suchte ich erstmal einen Friseur auf, nachdem meine Haare während der längeren Reise außer Form geraten waren.
Nachdem die beiden Friseure und die eine Friseurin bereits Kunden hatten, musste ich fast eine halbe Stunde warten, bis ich an der Reihe war. Tatsächlich nahm man sich hier viel Zeit, was etwas später auch durchaus in einem akuraten Schnitt meiner Haare resultierte.
Am Nachmittag trafen +1 und ich uns wieder am Hotel, von wo wir wenig später mit der U-Bahn Richtung Chinatown aufbrachen, denn hatte ich für den frühen Abend einen Tisch
im Potong reserviert.
Das Potong ist ein relativ gehyptes Restaurant.
Die Inhaberin und Chefköchin "Chef Pam" ist in Thailand keine Unbekannte. Sie wurde letztes Jahr zur besten Köchin Asiens gekürt und hatte sich bereits 2023 ihren ersten Michelin-Stern erkocht und wurde vom Guide Michelin mit dem "Opening of the Year Award" ausgezeichnet. Dies sicherlich u.a. auch dadurch, dass sie das historische Gebäude der ehemaligen Apotheke ihrer Familie (Ende des 19. Jahrhunderts aus Südchina nach Thailand ausgewandert) in ein stilvolles Restaurant mit starkem Bezug zur traditionellen chinesischen Medizin bzw. den Kräutern und Zutaten dieser verwandelt hat. Dazu ist sie als Jurorin diverser Fernsehsendung in Thailand bekannt.
Entsprechend schwer ist es, hier einen Tisch zu bekommen. Mit fast genau vier Monaten Vorlauf wurden Plätze im Reservierungssystem freigegeben, die allerdings für die meisten Tage auch binnen weniger Stunden wieder ausgebucht waren. Ich hatte Glück, und konnte uns Mitte September letzten Jahres dann zwei Plätze für heute sichern. Dafür musste pro Person eine nicht erstattbare Anzahlung von ca. 28 Euro gezahlt werden. Entsprechend gespannt war ich auf den heutigen Abend.
Von der MRT-Haltestelle Wat Mangkon ließen wir uns von Google Maps zu Fuß quer durch Chinatown leiten.
An einem Stand entdeckte +1 neben zahllosen Umschlägen für die (Geld)Geschenke zum chinesischen Neujahr chinesisch-thailändische Kalender, für die er sich interessierte.
Gute zwanzig Minuten vor der reservierten Zeit trafen wir dann am schmalen Gebäude des Potong in einer Seitenstraße ein.
Die Nachbarschaft schien bodenständig geblieben zu sein.
Am Empfang wurde unsere Reservierung geprüft, um anschließend in den Begrüßungsraum im Erdgeschoss geführt zu werden.
Hier gab es mehrere Sitzbänke an illumierten kleinen Tischchen, in denen verschiedene Erinnerungsstücke ausgestellt wurden, die an die gut 100-jährige Geschichte des Gebäudes und der darin befindlichen chinesischen Apotheke erinnern sollten.
Wir erhielten ein Heftchen mit zahlreichen Erklärungen zum Gebäude und dem Restaurant. Dazu sollten wir einen QR-Code scannen, um eine App zu installieren, mit der man später irgendwas scannen sollte, um weitere Hintergrundinformationen zu erhalten. Leider fehlten dazu ein paar genauere Erläuterungen.
Wenig später wurde aber der erste Welcome-Drink serviert, ein selbst fermentierter Kombucha, der mit vor unseren Augen gefriergetrockneten Blüten verziert wurde.
Tatsächlich schien hier, wo vermutlich früher der eigentliche Verkaufsraum der Apotheke war, nun die Kombucha-Bar zu sein.
Auch schauten wir uns den Inhalt des Glaskasten in unserem Tischchen genauer an. Das Herstellungs- und Ablaufdatum der "Phor Khun Ae Por" Medizin suggerierte, dass diese immernoch erhältlich sei.
Ca. zehn Minuten nach unserer Ankunft wurden wir gefragt, ob wir für den eigentlichen Willkommenstrunk nun in die Roof-Top-Bar wechseln wollten. Hierzu wurden wir zu einem extrem kleinen Fahrstuhl geführt, der offenbar zur Vermeidung von klaustrophobischen Attacken gläsern war. Dazu war die breite Front offen, sodass man aufpassen musste, nicht mit den Händen oder seitlich hinauszuragen, denn dann blieb der Fahrstuhl sofort stehen. Da die Auffahrt relativ langsam erfolgte, konnte man in Ruhe durch die Glaswände Eindrücke von allen Etagen dieses historischen und liebevoll renovierten Hauses gewinnen. Dabei konnten wir Chef Pam in der Küche sehen, wie sie ihre Küchenbrigade für den Abend einschwor bzw. briefte.
Auf der obersten Etage wurden wir freundlichst begrüßt und erhielten bequeme Plätze.
Man fragte, ob wir in Thailand leben würden, und war überrascht, dass wir Touristen seien. Tatsächlich schien das Potong aufgrund der sehr langen Vorlauffristen für Reservierungen wohl eher von Einheimischen als Touristen frequentiert zu sein.
Als Nächstes stand zur Wahl, ob wir den alkoholischen oder nicht-alkoholischen kostenlosen Begrüßungstrunk haben wollten, wobei wir uns für erstere Variante entschieden. Dies sollte ein thailändischer Chenin Blanc aus dem Khao Yai Nationalpark sein.
Einerseits bin ich nicht der Weißweintyp andererseits war dieser (gut gekühlte) Tropfen leider nicht nur sehr trocken sondern auch recht säurelastig. Nichtsdestotrotz genossen wir den thailändischen Wein bei schönen Aussichten auf u.a. das Mahanakorn-Gebäude und das Pullman G Hotel, das Anfang Dezember 2005 damals noch als Sofitel Silom meine überhaupt erste Unterkunft in Thailand war.
Dazu wurde uns ein Gruß aus der Küche serviert, die als "Charcuterie", also Aufschnitt, vorgestellet wurde. Die Bällchen enthielten Schinken und die Mürbeteigbecher chinesische Süßwurst. Die weiteren Zutaten sind leider aufgrund mangelnder Notizen und der mittlerweile vergangenen Zeit nicht wirklich in Erinnerung geblieben, wenngleich Beides sehr gut schmeckte.
Man sagte, dass wir uns melden sollten, wenn wir bereit für unser Abendessen seien. Gute zehn Minuten später passierten wir dann die Bar, um auf den kleinen Fahrstuhl zu warten.
Wir wurden zu einem Platz in dem leicht dunklen Raum des Restaurants gebracht und direkt gefragt, ob wir stilles oder sprudelndes Wasser wünschten. Die Wahl des Letzteren resultierte in einer Flasche San Pellegrino, was mich nicht glücklich machte. Wasser, um die halbe Welt zu schiffen, wirkt auf mich so sinnlos, außer dass man halt mit dem importierten Wasser einer bekannten europäischen Marke mehr verlangen kann als mit selbst gefiltertem und gesprudeltem Wasser, was mir im Endeffekt lieber gewesen wäre.
Wir hatten gerade die Getränkekarte und zahlreiche weitere Informationen wie den Link zur Speisekarte erhalten, da wurden uns drei Karten überreicht, mit denen man wohl wählen konnte, ob man zu den Gängen detaillierte Erklärungen zu den Hintergründen des Essens oder zum Gebäude wünscht oder einfach nur kurz wissen wolle, was serviert würde. Man vergaß allerdings zu erklären, was man mit den Karten genau machen sollte. Ich legte die Karte nach oben, die für allein die Erklärungen des Essens (ohne Hintergründe) stehen sollte. Tatsächlich finde ich in Fine-Dining-Restaurants die langen Erklärugen, die das Personal jeden Abend unzählige Mal aufsagen muss, teilweise anstrengend, zumal die genauen Details da auch oft untergehen, wenn man im nicht deutsch- oder englischsprachigen Ausland ist und das Personal wie man selbst nicht alle Feinheiten der Gourmetküche auf Englisch perfekt beherrscht.
Ich hatte noch nichtmal die Speisekarte studieren und auch nicht die Getränkekarte durcharbeiten können, da wurde schon der erste Gang serviert. Neben dem eigentlichen Essen wurden die Zutaten serviert, aus denen die Brühe gekocht wurde.
Erst hatte ich gedacht, dass das schwarz-grün gestreifte Ding links von der Brühe ein Utensil wäre, um die Suppe damit zu schlürfen, aber handelte es sich um ein sensationell leckeres knuspriges Gebäck, das u.a. von der Knusprigkeit ein wenig an ein Croissant erinnerte, und mit "schwarzem Hähnchen" gefüllt war. Die Brühe war unheimlich aromatisch und harmonierte.
Nachdem wir den ersten Gang sehr zufrieden verzehrt hatten, hatte ich endlich Zeit, mir eine Übersicht über das Getränkeangebot zu verschaffen. Aufgrund der 375% Steuer auf Wein in Thailand und des Chenin Blancs, der uns nicht so richtig gefallen hatte, schlossen wir die kostspielige Weinbegleitung aus. Stattdessen entschieden wir uns für thailändisches Craft Beer.
Wir erhielten vorgekühlte Becher, in die das gewählte Raven IPA eingefüllt wurde. Nachdem der Inhalt der 0,33l-Flaschen nicht komplett in die Becher passte, wollte man die Flaschen von unserem Tisch entfernen und neben den Wein- und Wasserflaschen der anderen Tische an einem zentralen Ort aufbewahren. Nicht nur, weil ich ein Foto für die Bier-App, in der ich alle probierten Biere mit Bewertung erfasse (und dort einen Wettbewerb mit meiner Schwerster habe, wer mehr Biersorten probiert), bat ich jedoch darum, uns die Flaschen auf dem Tisch zu lassen.
Anschließend studierte ich endlich die Speisekarte, die ich eigentlich schon vorab vor dem Besuch für sehr interessant befunden hatte, und machte einen Screensaver davon.
Wenige Minuten später kam dann auch schon der zweite Gang an den Tisch. Guay Jab sollte es sein. Dies ist eigentlich jene Nudelsuppe, die ich am Tag zuvor mit ArFr zum Frühstück hatte, und die aus gerollten Nudeln in einer Suppe mit chinesischer Fünf-Gewürz-Mischung besteht. Die Variante hier bestand aus drei gerollten Nudeln, die mit Stücken von Schweinezunge gefüllt waren, und sich in einer sehr feinen super aromatischen Brühe befanden. Verfeinert wurde das Ganze dann mit einem Klecks Kaviar.