Ich unterstelle mal deine Zahlen stimmen, wie soll ein unverheirateter Selbständiger das schaffen? 750 Euro pro Monat in der GKV?
Bin jetzt etwas überrascht.
Die Zahlen stimmen so. Zu den 750 Euro kommt dann noch der Beitrag für das Krankentagegeld. Bei z.b. 100 Euro ab dem 43. Tag sind das nochmal ca. 25 Euro on top.
Da die Beitragsbemessungsgrenze jedes Jahr steigt, steigt natürlich auch der Beitrag jedes Jahr. Ein Selbstständiger zahlt ab 01.01.2017 in der GKV folgenden Beitrag:
BBG 2017: 4350 Euro
allgemeiner Beitragssatz: 14%: 609,00 Euro
Zusatzbeitrag: 1,3%: 56,55 Euro
Pflegepflicht: 2,55%: 110,93 Euro
Zusatzbeitrag Pflege: 0,25%: 10,88 Euro
Zusammen macht das dann: 787,36 Euro.
Dazu kommt wie gesagt noch der Beitrag für das KTG von ca. 25 Euro oder mehr, je nach Absicherungshöhe und Art.
(Als Angestellter zahlt man ja in etwa die Hälfte, da hier ja der AG in etwa die Hälfte des Beitrags übernimmt)
Für die Selbständige Reinigungskraft, den Kioskbesitzer, den Backshop um die Ecke, den IT-Consultant, den Psychologen in der Niederlassung oder den Existenzgründer sind das natürlich sehr hohe Beiträge, die einen Selbständigen quasi geradezu zwingen in die PKV zu wechseln.
Gerade für diese Gruppe, also die Existenzgründer
bietet die PKV spezielle Existenzgründertarife mit niedrigeren Leistungen und Erhöhungsoptionen, damit man in der Existenzgründungsphase, nicht so stark von Beiträgen zur Krankenversicherung belastet ist.
Man mag von diesen Existenzgrüdertarifen halten was man will, es ermöglicht dem Existenzgrüdern zumindest die Ausgabenlast in der Gründungsphase niedrig zu halten.
Politisch möchte man vermutlich die Selbständigen gar nicht in der GKV haben, denn diese bringen ja später als Rentner auch häufig keine signifikanten Beiträge zur GKV.
Beim Angestellten ist das anders. Er zahlt später Beiträge auf die
gesetzliche Rente und vor allem auf die bAV Rente. Während der pflichtige Rentner nur den halben Satz GKV Beitrag auf seine gesetzliche Rente, den vollen Beitrag Pflegepflichtversicherung zahlt. Auf die
bAV-Rente zahlt er jedoch den vollen Beitrag für die Krankenversicherung und die Pflege. Bei 20% Gesamtbeitrag (Kranken und Pflege) kommt da schon was zusammen.
Daher hat die
Politik auch ein starkes Interesse die bAV zu fördern. In der Beitragsphase werden AG und AN entlastet (Beiträge sind sozialabgabenfrei). Davon profitiert der AG, den die Lohnkosten sinken. Auch der AN spart, aber er senkt damit auch sein Jahresbrutto, sprich die Hürde zur Versicherungspflichtgrenze wird größer, er kann folglich erst später in die PKV wechseln oder gar nicht. Im Gegenzug ist die bAV im Rentenalter steuerpflichtig und muss voll in der GKV verbeitragt werden. (PKV Versicherte müssen überigens auf die bAV Rente keine Krankenversicherungsbeiträge aubführen.) An den Beiträgen der bAV Rente in die GKV beteiligt sich aber weder der frühere AG noch der Staat oder die gesetzliche Rentenversicherung.
Überspitzt könnte man sagen, die
bAV ist ein wichtiges Mittel zur Beitragseinnahem der GKV in dreißig Jahren.
Das könnte auch
ein Grund dafür sein, das es die
Versicherungspflichtgrenze als Hürde zum Wechsel in die PKV
nur bei Angestellten gibt. Selbständige, Beamte, Freiberufler haben diese Hürde ja nicht. Das sind aber auch gleichzeitig Berufsgruppen ohne eine bAV, sprich ohne zusätzliche Einnahmequellen für die GKV in 30 Jahren.
Wenn man nun diese Versicherungspflichtgrenze künstlich hoch hält, fällt es Angestellten schwer in die PKV in den ersten Berufsjahren zu wechsen. Später als freiwillig Versicherte sind diese Angestellten älter, womöglich gerade in der Familiengründungsphase. Hier hemmt dann die beitragsfreie Familienversicherung die Motivation zum Wechsel in die PKV. Und auch hier greift die Politik ein, in dem sie die beitragsfeie Versicherung aus steuermitteln nur in der GKV finanziert. Die Politik könnte ja die beitragsfreie Versicherung von Kindern auch in der PKV anbieten. Wenn dann der Partner nach der Elternzeit wieder arbeitet ist man nochmals ein paar Jahr älter und der Beitrag in der PKV entsprechend höher, denn der Beitrag rechnet sich ja nach Eintrittsalter. Oder der Wechsel in die PKV ist aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr möglich. Hat dann der Arbeitnehmer zusätzlich noch die bAV abgeschlossen ist die Hürde für ihn nochmals höher, da sein Jahresbruttao gesunken ist.
Nicht umsonst schlägt die Politik das Thema Renten und Altersarmut an, denn die Politik möchte, dass jeder AN eine bAV abschließt. Vielleicht kommt diese sogar irgendwann einmal verpflichtend. Denn damit stabilisiert sie auch gleichzeitig die Beitragseinnahmen in der GKV in 30 Jahren.