Als Kunde kann man das freilich als Nachteil sehen, für ING was es bestimmt ein Teil von der Strategie mit dem Ziel, für möchlichst viele Kunden Hausbank zu werden. Die meisten Normalsterblichen werden sich nicht zwei oder mehr solche Apps zumuten und nur für eine entscheiden. Die von ING, wie die Bank hofft.
Wenn man - wie sicherlich einige - diverse Produkte der ING nutzt (z.B. das Depot) und dann regelmäßig pop-ups in der App bekommt, dass man doch das Depot eröffnen könnte... DAS sorgt nicht für erfolgreiches cross-selling, sondern für verärgerte Kunden und wird auch bei den Reviews in den App Stores immer wieder moniert. Die penetrante Werbung im Online Banking nervt mich auch jedes Mal. Ein bisschen künstliche Intelligenz (z.B. programmiere "Produkt A vorhanden = keine Werbung für Produkt A anzeigen") ist ja nicht zu viel verlangt.
Mag sein, dass die ING weiter auf Erfolgskurs bleibt wenn sie in manchen Bereichen (PSDII / API) eigenen Kram bastelt. Aber ein Konto oder Depot wechseln ist heute einfacher als je zuvor. Und wenn die ING wirklich Hausbankkunden möchte, dann wird sie sich auch solche an Bord ziehen, die nur Bargeld rausziehen und das Tagesgeldkonto zuschütten. Da es keine Kreditkarte gibt, wird man an der Front auch Geld verlieren (da der Kunde dafür sich woanders bedient und Umsätze abfließen). Andere Kunden, die z.B. das Konto als Ausgabenkonto nutzen, ausschließlich mit der Karte bezahlen und beim Depot Wertpapiere kaufen und verkaufen, ziehen dann möglicherweise ab. Die Entwicklung finde ich auf jeden Fall spannend, ob sich die Strategie auszahlt oder nicht.
Auch wenn in der Branche argumentiert wird, dass Kunden mit Gehaltseingang profitabler sind würde ich einfach mal mutmaßen, dass sich das rapide ändern wird und ein Gehaltseingang künftig nicht mehr als maßgebliches Kriterium einer profitablen Kundenbeziehung gesehen wird. Keine Bank möchte nur als "Umschlagplatz" leer ausgehen. Bei 11:FS UK (FinTech Dienstleister und Newsseite) wurde letztens auch im Podcast darüber diskutiert, dass die großen britischen Filialbanken darüber stöhnen, dass man letztlich beim Blick in die Konten ihrer Kunden nur noch Gehaltseingänge und die Verteilung an weitere Service-Dienstleister (z.B. Monzo für Ausgaben, digitale Trader für die Anlage, Sparkonten bei spezialisierten Anbietern) sieht. Und dann? Was ist der große Gewinn dieser Kundenbeziehungen?
Viel besser wäre es doch aus Sicht der Bank, gewisse Vorteile an die echte Nutzung des Kontos (z.B. bestimmte Anzahl an Kartentransaktionen, Trades im Depot etc.) oder Abschluss weiterer Produkte zu binden.