6. Tag / 5. Winterreise
Da wir den Sonnenaufgang über der Sahara erleben wollten, standen wir um 6 Uhr auf, sprangen unter die Dusche und stiegen hinauf auf die nächste Düne.
Und wir hatten Glück, fast kein Wind, keine Wolken.
Natürlich waren wir nicht gerade die einzigen, auch unsere Mitgäste, die Gäste der anderen Camps und Tagestouristen mit Geländewagen waren schon unterwegs.
Doch der Sonnenaufgang war traumhaft, sehr eindrucksvoll. So standen wir auf der Düne, liefen etwas herum, genossen den Ausblick und die herrliche Luft.
Lustig waren wieder die Chinesen, alle mit Profi-Fotoausrüstung inklusive Super-Teleobjektiv bewaffnet. Hier wurden Anweisungen gebrüllt, wie sich die Gattin in Pose zu schmeißen hätte, wann Sand geworfen werden sollte etc. Alles in einer Lautstärke als ob man sich bei einem Formel-1-Rennen verständlich machen müsste.
Nachdem wir genug durch die Dünenlandschaft gewandert waren,
gingen wir zum Frühstück ins Gemeinschaftszelt.
Zusätzlich zur niederschmetternden Atmosphäre war das Frühstück ein Graus! Brot vom Vortag, abgepackte Produkte und ein Kaffee, den selbst Amerikaner als ‚schwach’ bezeichnen würden.
Die beiden US-Amerikaner saßen am Nebentisch, fragten woher wir kämen. Wir antworteten ‚Ukraine’ – und das war die falsche Antwort, denn nun wurde es urplötzlich politisch. ‚Woher aus der Ukraine?’, ‚aus Odessa!’, ‚Oh, ihr Armen, das ist doch von Russland besetzt!’... So ging das lustig weiter, inkl. der Frage auf welcher Seite wir stehen würden. Wir aßen schneller als gewohnt (und weniger, weil nichts schmeckte), verabschiedeten uns freundlich und suchten nach dem Verantwortlichen, um uns nach der Wetterprognose zu erkundigen.
Dieser teilte uns mit, dass es bis 11 Uhr schön bleiben würde, dann der Sandsturm wieder einsetzten würde.
Man verstand unseren Abreisewunsch, erließ uns freundlicherweise die Bezahlung der 2. Nacht. Schnell die Taschen gepackt und schon saßen wir im Geländewagen auf dem Weg zurück zum unserem Auto.
Taschen umgepackt, verabschiedet und schon waren wir auf der Straße in Richtung Rissani.
Rissani ist eine Kleinstadt, welche vor allem für ihren Markt bekannt ist. Hierher kommen die Berber aus der Sahara auf ihren Eseln angeritten, um ihre Waren direkt oder an Zwischenhändler zu verkaufen. Im Gegensatz zu den Souks in Fes und Marrakesch ist hier noch alles ursprünglich, nicht auf Touristenmassen zugeschnitten.
Da donnerstags Markttag ist, wir eh einen gescheiten Kaffee trinken wollten, parkten wir unseren Geländewagenverschnitt auf dem zentralen Platz, ließen uns von einem – angeblich offiziellen – Guide überzeugen für US$ 4 seine Dienste in Anspruch zu nehmen.
Dieser führte uns durch den Gewürzteil des Souks
zum wohl bekanntesten Teil des Marktes, dem ‚Eselparkplatz’.
Dieser Platz ist in zwei Teile aufgeteilt, hinter einer niedrigen Mauer der Parkplatz, vor der Mauer der Eselmarkt, wo man für zwischen EUR 200 und 300 einen Esel erstehen kann (werden im Schnitt 25 Jahre alt).
Wir fanden diesen Platz sehr unlustig, denn die Esel sind an extrem kurzen Leinen am Bein angebunden, heulen die ganze Zeit, da sie sich bewegen, mit den anderen Eseln in Kontakt kommen wollen. Unser Guide fand es besonders lustig, uns dies vorzuführen, machte einen Esel regelrecht wild.
Uns tat das Ganze nur noch leid, wollten weg.
Vorbei am Kuh- und Ziegenmarkt, zurück in den alten Teil des Souks. Hier konnte man beobachten wie die Schuster Schuhe herstellen, statt diese aus China zu importieren. Hierzu werden alte Autoreifen verwendet, welche genagelt als Sohle herhalten müssen. Nachdem wir auch noch den Fleischmarkt gesehen hatten, wollte V. ihre Einkaufsliste abarbeiten. Unser Guide führte uns zu einem Zwischenhändler, welcher Teppiche und auch Antiquitäten von den Berbern ankauft. Hier wurde V. endlich fündig: sie erstand eine kleine, aber schwere, alte Teekanne für zuhause. An einem anderen Stand noch eine geflochtene Tasche und schon ging es zurück zum Auto.
Den Guide bezahlt und raus aus der Stadt. Wir entschlossen uns über die N12 in Richtung Westen zu fahren, die Landschaft wieder sehr eindrucksvoll, Wüste, Berge, so wie man sich die Weiten Arizonas vorstellt.
In Alnif bogen wir ab Richtung Norden auf die R113, kamen langsam wieder aus dem Tal in die Berge, die Straße noch immer sehr gut, die Gegend noch eindrucksvoller.
Östlich von Tinghir kamen wir aus den Bergen wieder hinunter ins Tal, es bot sich ein wunderbarer Ausblick.
Kurze Zeit später erreichten wir Tinghir,
folgten ab hier den Touristenbussen in Richtung Todgha Schlucht. Wir hatten Hunger, außer einem kleinen Stück Brot mit Marmelade und ein paar trockenen Keksen nichts im Magen. Aber die Touristenbusse vor den Restaurants machten keine Hoffnung auf ein gutes Essen.
Zum Glück hatte ich in TA bereits etwas herausgesucht, mit guten Reviews. Und so waren wir froh, dass der Parkplatz des Hotel/Restaurants ‚Le Petite Gorge’ zu klein für Busse war.
Schon beim Einparken wurden wir vom sehr freundlichen Eigentümer empfangen, zu einem Tisch auf der Terrasse mit wundervollem Blick in das grüne Tal geführt.
Wir waren die einzigen Gäste, laut Betreiber gibt es nämlich nur extrem wenige Individualtouristen, und auf Busse wäre er nicht ausgerichtet (dafür wäre das Restaurant, inklusive dem sehr hübsch gemachten Innenraum auch viel zu klein).
Wir bestellten aus der Speisekarte ‚Salat’ und ‚alles außer Tajine!’, also Huhn und Fleischbällchen vom Grill, für V. mit Pommes Frittes, für mich mit Gemüse (was sich als etwas Karotten, Bohnen und viel Kartoffeln herausstellte).
Der Salat war ordentlich, das Brot selbstgebacken.
Auch das Fleisch war essbar – aber wirklich nicht toll, das Huhn zu trocken, das Hackfleisch etwas zäh.
Ich musste mir noch die neuen Zimmer anschauen, falls wir für das nächste Mal eine Unterkunft suchten. Nachdem ich dieses Pflichtprogramm erledigt hatte, markierte ich mir, diese Unterkunft in Zukunft nicht zu buchen – neu, aber sehr, sehr simpel.
Weiter ging es zum touristischen Höhepunkt Tinghirs, der Schlucht.
Wirklich sehr eindrucksvoll – wenn auch von Menschen sehr überlaufen.
Nachdem wir dort 10 Minuten verweilt hatten, den Souvenirverkäufern so gut wie möglich ausgewichen waren, entschieden wir uns Richtung Norden die Schlucht entlangzufahren, um dann über eine Nebenstraße westlich zur ‚Gorges du Dades’ zu fahren.
Das erste Problem war, wir hatten dort eine Unterkunft für den Folgetag gebucht, zum Ändern oder Stornieren war es zu spät. So rief ich kurzerhand in der Unterkunft an, fragte ob ich nicht doch noch die Reservierung einen Tag vorziehen könnte – was positiv beschieden wurde.
Für ca. 20 Kilometer durch die nun sehr leere, hübsche Schlucht,
durch sehr ursprüngliche Dörfer – bis wir zur von Google Maps empfohlene Abzweigung in Richtung Westen kamen. Und hier staunten wir nicht schlecht, es handelte sich um eine Schotterpiste durch die Berge.
Nach ca. 3 Kilometern, ohne jeglichen anderen Verkehr, entschieden wir, dass diese Strecke zu gefährlich ist. Sollten wir hier ein Problem bekommen, wir wären ziemlich aufgeschmissen. Zu entschieden wir uns gegen die weiteren 35 Kilometer auf dieser ‚Straße’, kehrten wieder um und fuhren fast eine Stunde zurück nach Tinghir,
Unterwegs sahen wir das Schild eines Restaurants – lustiger Name, zum Glück hatte ich dies nicht ausgewählt.
In Tinghir auf die N10, östlich in Richtung Boumalne Dades fuhren. Diese Straße war dann auch wieder in hervorragendem Zustand, die Landschaft, wie immer, eindruckvoll – 100 km/h waren erlaubt.
In Boumalne Dades ab auf die R704 in Richtung Norden und Schlucht, sehr kurvig, wie üblich landschaftlich beeindruckend.
Marokko, das hatten wir nach knapp einer Woche für uns entschieden, ist ein Land, welches man wegen der sehr unterschiedlichen Landschaften besuchen solle – die Medinas waren bisher den Spanischen sehr unterlegen. Zudem sind die Menschen auf dem Land sehr freundlich & hilfsbereit – in den Medinas vom Tourismus komplett versaut, zu meiden wo es nur geht.
Nach weiteren 45 Minuten Fahrt erreichten wir unsere Unterkunft für die Nacht, den ‚Dar Jnan Tiouira’.
Auto auf dem kleinen Hotelparkplatz abgestellt und direkt vom Eigentümer empfangen wurden. Dieser erzählte uns, dass er den Dar in einer Bauzeit von 12 Jahren errichtet hatte, das Hotel seit 6 Jahren in Betrieb sei. Wir waren verwundert, denn alles sah aus als wäre es funkelnagelneu.
Wir bekamen zwei kleine Zimmer zur Auswahl gezeigt – bevor sich der Eigentümer entschloss uns doch ein größeres mit einem kleinen Erker mit Sitzecke und Talblick zu geben, sehr nett.
Der obligatorische Willkommenstee wurde im Patio serviert,
wir entschieden vor dem inkludierten Abendessen uns zu ‚entsanden’. Nachdem wir ausgiebig die wunderbar heiße Dusche & Shampoo benutzt hatten, wir uns wieder wie Menschen fühlten, gingen wir hinauf auf die Dachterrasse, genossen die frische Luft & den Ausblick.
Um 20:30 fanden wir uns im Speiseraum mit offenem Feuer ein,
ein absoluter Wahnsinn nach dem Vorabend im stickigen, dunklen Zelt. Schon beim Eintreten fiel der ganze Stress des Vortags von uns ab, konnten endlich entspannen.
Das Essen war so ganz anders als erwartet. Okay, es begann mit Oliven und Brot – aber dann kann eine leckere Pastila auf Salat,
gefolgt von Bio-Huhn mit Gemüse, Pilzsauce und Kartoffeln
und einer kleinen Apfel-Tarte.
Nach einem sehr guten, starken Kaffee und einem kleinen Plausch mit dem Eigentümer (welcher auf Wüstentouren gegen das Burn-Out-Syndrom spezialisiert ist), ging es ins Zimmer, wir waren einfach nur fertig.