11. Tag / 5. Winterreise
Nach 9 Tagen Sightseeing hatten wir genug von Wüste, Bergen, Moscheen, engen Gassen und Schleppern – unser Guide vom Vortag hatte schon gesagt, dass wir von Marokko mehr gesehen hätten als sie (ehrlichgesagt habe ich von Deutschland und der Ukraine einen kleineren Teil gesehen als von Marokko).
Einen Wecker brauchten wir im Riad jedenfalls nicht. Zwar wurden wir, da nach außen keine Fenster, nicht vom Straßenlärm geweckt, dafür aber von den Hotelangestellten, welche ab 7 Uhr den Innenhof fürs Frühstück vorbereiteten.
Einige Dinge waren im Zimmer schon etwas seltsam. So hatte z.B. die Toilette Türgriff und Riegel außen – aber nicht innen. Man konnte also problemlos im WC eingeschlossen werden, dieses aber nicht abschließen. Machte man die Türe zu, brauchte man schon gute Fingernägel um diese wieder zu öffnen. Auch der Bettvorleger, sehr hübsch anzusehen, aber mit scharfkantigen Pailletten versehen – keine gute Idee nachts barfuß aufzustehen.
Nachdem ich mal wieder unter dem eiskalten Wasserstrahl der Dusche stand, bis die Temperatur einreguliert war, ging es die enge, steile Treppe hinunter zum Frühstück.
Und, wie versprochen, es gab wirklich etwas Abwechslung, heute mal ‚Pizza’.
Noch während V. die letzten Happen aß, wurden uns die Teller weggezogen – ich war verwundert, V. sauer. Der Grund für dieses Verhalten war, dass es für den gesamten Riad nur 3 kleine Tische gab. Da eine Gruppe, bestehend aus 3 italienischen Pärchen, gemeinsam frühstücken wollte, brauchte man wohl dringend unseren Tisch. So macht man den guten Eindruck, den dieser Riad hinterlassen hatte, gleich wieder kaputt.
Noch schnell die Taschen gepackt, Rechnung beglichen (+3.5% bei Kartenzahlung) und das Gepäck zum Auto geschleppt - welches natürlich wieder in der hintersten Ecke zugeparkt war. Ich nehme fast an, dass man dies mit Absicht macht, um dem Kunden zu zeigen wie viel Arbeit das Bringen des Autos ist, ein höheres Trinkgeld zu kassieren.
Das Navigationssystem, bzw. das gesamte Multimedia-System mit dem schönen Namen ‚R-Link’ zeigte sich heute zickig, der Touch-Screen gab seine Funktion auf, Bedienung war nicht mehr möglich. Auch stimmte mal wieder etwas mit dem Hinterreifen nicht, dieser verlor Luft, wir mussten alle 300 Kilometer nachfüllen.
So verließen wir Marrakesch mit der Hilfe der Mobiltelefon-Navigation, kamen auf eine Bundesstraße in Richtung Autobahn. Kurz vor der Autobahn dann Gleichstand für V. und mich, ich rauschte in eine Radarfalle, hatte das 60 km/h-Limit-Schild übersehen. Der Polizist war megafreundlich, zeigte mit im Polizeiauto mein gestochen scharfes Foto, 102 km/h statt 60. Ein kurzer Plausch, ein bisschen Handeln – und schon wechselten 200 Dirham (statt 900) den Besitzer – ohne Quittung.
Auf der fantastisch ausgebauten Autobahn stellte ich dann den Tempomaten auf 124 km/h und ließ es in Richtung Süden laufen.
Dies wurde ganz schön langweilig, die monotone Landschaft half nicht gerade beim Wachbleiben.
(hier mal mit einer der seltenen Kurven)
Auch Parkplätze oder gar Raststätten gab es auf diesem Streckenabschnitt kaum – kein Wunder bei einem solch geringen Verkehrsaufkommen. So steuerte ich nach 50 Kilometern den ersten Rastplatz an, gönnte mir erstmal einen starken, doppelten Espresso.
Nun wurde es doch noch bergig, es ging steil hinunter. Man musste sehr aufpassen, denn trotz Tempomat beschleunigte der Wagen wegen des Gefälles über die eingestellte Geschwindigkeit. Und genau hier hatte die Marokkanische Polizei Starenkästen aufgebaut, schön unsichtbar hinter Verkehrsschildern versteckt, die einen von hinten blitzten.
So wunderte es mich doch, dass ich von der Polizei, direkt nach der Zahlstelle, durchgewunken wurde. Ich hatte wohl entweder immer rechtzeitig gebremst oder wirklich alle Blitzer erkannt.
Vor Agadir Staatsflaggen ohne Ende, an jedem der zig Kreisverkehre 20 km/h und Sicherheitsdienst. Der Grund wurde klar, als wir am Königspalast vorbeikamen, denn hier musste aktuell der König weilen.
Wir verließen Agadir in Richtung Norden, auf der N1.
Geschockt waren wir vom Wetter! Statt 40 Grad und knallende Sonne in Marrakesch erwarteten uns 21 Grad und Nebel ohne Ende. Und V. wollte sich in die Sonne legen.
Nach knapp 20 Kilometern erreichten wir die ‚Station Touristique Taghazout’, ein riesiges Neubauareal für Retortenhotels.
Allerdings ist hier noch alles im Bau, es gab nur wenig fertiggestellte Hotels, darunter das ‚Hyatt Place Taghazout’, in welchem ich uns für die nächsten drei Nächte einquartiert hatte.
Das Hyatt liegt nicht am Strand, sondern auf einem Hügel, mit Blick auf etwas Meer und viel mehr Baustellen, Baukräne ohne Ende (aber das wussten wir schon vorher).
Die Straße hinauf und auf den Hotelparkplatz eingebogen – recht leer das Ganze.
Hinein zur Rezeption, einchecken.
Ich hatte das günstigste Zimmer (mit Bergblick) als Prepaid reserviert, zu ca. EUR 85/Nacht inklusive Frühstück. Ohne Status bei Hyatt verwunderte es uns dann doch, dass uns aktiv ein Upgrade auf ein größeres Zimmer mit Meerblick angeboten wurde.
Wir gingen hinauf in unser Zimmer,
auf den sehr großen und kahlen Balkon (nur zwei Plastikstühle und ein Plastiktischchen), begutachteten die sehr große und hübsche Poolanlage.
Das Hotel ist recht neu – und dafür entsetzte der Zustand, man merkte sofort, dass dieses Hotel ‚günstig’ und sehr schnell hochgezogen wurde. So hatte es überall Risse, die Malerarbeiten waren schlecht ausgeführt, an den Möbeln ging schon der Lack ab und das Badezimmer war eine einzige Fehlkonstruktion, die Fugen teilweise schon verschimmelt. 4.5 Sterne? Wohl eher 3.
Lustig das Schild unter der Sprinkleranlage!
Da eh keine Sonne vorhanden, Bräunen also nicht möglich war, zogen wir uns um und gingen direkt ins Gym.
Dieses war etwas spartanisch ausgestattet,
aber wenigstens gab es Wasser, Handtücher und gutes Wi-Fi Internet. Da eh nur Cardio und Bauchmuskeltraining auf dem Programm stand, war somit alles okay.
Bei einem guten (alten) Tatort absolvierte ich mein Training, V. schaute ‚Roksolana’, eine in der Ukraine sehr populäre türkische Serie über die osmanische Zeit.
Nach 1 ½ Wochen ohne Training, obwohl wir viel gelaufen sind, war dies ganz schön anstrengend, auch weil die Klimaanlage im Gym nicht funktionierte.
Wieder ins Zimmer, etwas erholt und fürs Abendessen fein gemacht. Ich hatte TA genau studiert – dachte, dass es doch in Agadir, einen Touristenhochburg, etwas gescheites zu Essen geben müsste.
Ausgewählt hatte ich das ‚Pure Passion’, französisch, europäisch, in der Marina von Agadir gelegen.
Angekommen in der Marina erkannten wir, dass dies sozusagen die Luxusgegend von Agadir sein musste, europäische Ketten wie Zara hatten hier ihre Geschäfte.
Wir stellten das Auto ab, liefen um die Marina
zum Restaurant. Natürlich hatte ich nicht reserviert – ein Fehler. Und so bekamen wir statt eines Tisches auf der proppenvollen Terrasse
nur einen im Innenraum, aber auch ganz hübsch gemacht.
Zuerst kamen vier verschiedene Dips mit noch warmen Brötchen, gefolgt von einem ‚Amuse Gueule’, Gazpacho & eine leicht süße Mango-Mouse.
Als Vorspeise eine Kombination aus Gesund & Ungesund, Krevetten-Tartar auf Avocado und Palmherzen,
sowie Kroketten mit Krabben- und Krevettenfleisch.
WOW! Nach 1 ½ Wochen eher unterdurchschnittlichem Essen war dies ein Traum, guter europäischer Standard – wir aßen komplett auf.
Im Anschluss die Hauptgerichte, eine ‚Sole Meuniere’, also auf gut Deutsch gesagt eine Seezunge Müllerinnenart,
und Seeteufel mit Pilz-Krevetten-Sauce.
Seezunge und Seeteufel sind sowieso meine beiden Lieblingsfische – und hier waren sie perfekt zubereitet, sehr geschmackvoll und nicht trocken (was beim Seeteufel besonders schwierig ist).
Obwohl wir die Sättigungsbeilage komplett wegließen, waren wir sehr, sehr satt, ließen das Dessert, obwohl diese sehr gut aussahen, weg.
Inklusive einem Espresso, zwei Coke Zero und 10% Trinkgeld kam die Rechnung auf 60 Euro, wahrlich nicht zu viel für das Gebotene.
Wieder zurück zum Auto, die 20 Kilometer zum Hotel gefahren,
wo wir bei offenem Fenster, dem Rauschen der Wellen & dem Geruch des Ozeans den Abend ausklingen ließen.