10. März 2019: Ethiopian 737 MAX crash

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Brainpool

Erfahrenes Mitglied
15.03.2014
2.801
126
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Für mich spiegeln die unterschiedlichen Vorgehensweisen vor allem den Zeitgeist wieder. In den 80ern waren bei Airbus Ingenieure am Ruder, die die Luftfahrt voranbringen wollten. Mit durchaus ähnlichem Durchsetzungswillen und Eigensinn wie heute bei Boeing. Bis heute sind ja bei weitem nicht 100% der Piloten der Meinung, das sich ein Airbus angenehm fliegt, fühlen sich bevormundet und entkoppelt.
Das sehe ich als das normale Problem wenn irgendetwas neu eingeführt wird. Erstmal alles ablehnen, meckern und dann den Spruch raushauen: Das machen wir schon immer so...
Sich auf neue Technik einlassen, Vertrauen in die Technik zu haben und den Computer seine Arbeit machen lassen ist oftmals bei Anfängern leichter.
 

offtherecord

Erfahrenes Mitglied
13.11.2009
1.484
432
Die Airbusse (und die 777 und 787) sind Fly-by-wire, das ist völlig anders als die mechanische Steuerung einer 737 (bei der MAX mit aufgesetzten elektronischen Elementen für die Spoiler). Trimmen muss man auch ein elektronisch gesteuertes Flugzeug.
Und "Force Feedback" baut Airbus nicht ein, weil man da nur ein künstliches Gefühl mit Störungspotenzial einspeist und eben keine echte Rückkopplung gibt. Deswegen bewegen sich auch die Schubhebel (Mode Selectors) bei Airbus nicht mit, analog zum Schub. Den liest man auf den zuständigen Instrumenten ab.


Wie läuft das mit den Schubhebeln dann? Der Pilot schiebt sie nach ganz vorne (100% Stellung) zum Abheben. Später aktiviert er den Autopiloten. Dieser lässt die Schubhebel jetzt dort, wo sie sind? Was passiert dann, wenn der AP abgeschaltet wird, greift dann wieder die vorherige Stellung der Schubhebel (100%), die Triebwerke geben Vollgas und der Flieger brennt Gummi auf die Straße?

Wahrscheinlich sind das ja nicht wirklich 100% und genauso würden die Schubhebel vorher schon irgendwo in der Mitte stehen, aber trotzdem, wie ist das mit dem Übergang gelöst?
 

ollifast

Erfahrenes Mitglied
04.07.2018
842
0
Plädierst du jetzt also auch dafür, unnötige weitere AoA Sensoren wegzulassen?
Ja, wenn Du ein paar Beiträge von mir zurückschaust, hatte ich damals auch schon was von unnötigen Löchern in der Außenhaut geschrieben.

Ganz konkret, wie ich es machen täte (Beraterhonorar bitte auf meine IBAN :D ) :

a) Den "dritten" AoA kann man virtualisieren oder durch eine gute Plausibilitätskontrolle ersetzen (s.u.).

b) Bei nur einem Stellmotor für die Stabilizer Spindel hätte ich nach den Erfahrungen dieses Ethopian Flugs echt Bauchweh. Weil wenn das Ding bei geringer Flughöhe und hoher IAS ausfällt, hat man ein Problem bzw. einen Absturz. Zwei sind ok.

Dazu: Das aktuelle Teil kann wohl nur mit voller Geschwindigkeit drehen oder gar nicht. Das ist aber vom Handling her nicht gut, warum: s.u. Ich würde daher zwei elektronisch kommutierte Motoren mit den üblichen Magneten auf dem Rotor einsetzen, fällt einer aus, dann dreht man dem ganz den Strom ab und er leistet keinen Widerstand mehr.

c) Die FCC (Flugrechner) sind wohl nach den gemachten Erfahrungen (Zurückweisung erstes Update seitens FAA und EASA, da zeitverzögerte Reaktion) echt am Limit. Da jetzt noch die Crosschecks und Regelung und Plausibilitätskontrollen draufzuwerfen dürfte wieder Murks sein. Rechner sind billig, im Airbus sind PowerPC verbaut, die kann man kaufen. Wegen Diversität ggf. noch ein anderes Modell. Die Platinen tauschen, es braucht eh nach hinten eine andere Ansteuerung und gut ist.

d) Jetzt zur Regelung: Ich halte wenig davon, bei Annäherung an den Stall hart den Stellmotor für n Sekunden auf Fullspeed zu schalten. Ich hätte es so gemacht, dass wenn der Pilot durch langsames Ziehen am Steuerhorn sich dem kritischen Bereich nähert, erstmal ein "nö" in Form langsamen Wegdrehens *und* einer deutlich wahrnehmbaren Warnung kommt. Nur wenn er dann noch mehr zieht, geht es Avanti. Das vermeidet Hektik und hektische Gegenreaktionen der Piloten, die sich zu Regelschwingungen aufschaukeln (wie man in den Flugschreiber-Daten gesehen hat).

Und dann sollte die Software zur Plausibilität die Wirkung prüfen, denn in dem Moment sollte sich was am AoA in Folge des Eingriffs ändern, wenn auch zeitlich etwas versetzt. Tut es das nicht, ist was faul. Gleichzeitig läßt sich die Plausibilität leicht anhand des Lots (INS System) und der IAS (entsteht vektoriell, kann man rückrechnen) ständig prüfen. Während eines solchen Flugs angefangen mit dem Start gibt es ständig Änderungen dieser Messwerte, die auch in den AoA eingehen, ändert sich da was, dann muss sich auch irgendwas am AoA ändern.

Das könnte man sogar rein statistisch erfassen, es braucht kein großartiges und womöglich fehlerbehaftetes Modell, es reicht erstmal zu wissen: Ja, dieser Sensor reagiert, ja, beide liefern normal die gleichen Werte. Der Hypothesetest ist erfunden. Alleine das hätte schon den Crash beider Flüge wirksam verhindert. Reagiert einer nicht, dann ist er "out" und die MCAS Regelung muss dann in ein verschärftes Programm gehen, das zwingend das Lot zur Erde mit einrechnet, weil der andere Sensor theoretisch zwar reagieren, aber vielleicht auch eine Abweichung aufweisen könnte. Und natürlich gehören im Normalfall die Sensorwerte miteinander verglichen.

Bei einem Eingriff wird dann die Wirksamkeit des Eingriffs geprüft.

Und dann würde ich noch einen "Direct Mode" einführen, der die Schalter am Horn unmittelbar und an den Rechnern vorbei auf die Stellmotoren leitet.

Soweit meine 2 Cent.

Und wenn sich Boeing, statt auf Geiz ist Geil und Inderprogrammierung rumzureiten, gleich hingesetzt und das gemacht hätte, würden die Teile heute bereits wieder fliegen.

Soweit korrekt, und eigentlich entgegen der Bauvorschriften, die Kraftgradienten verlangen, die der Pilot bewusst wegtrimmen muss, um sich dem Flugzustand bewusst zu sein. Eine Errungenschaft der 20er Jahre, bis dahin waren Flugzeuge bisweilen vom Kraftverlauf her instabil, und nur von echten Profis fliegbar.
Heute bei Hydraulischen Flugsteuerungen oder gar FBW weitestgehend überholt, aber formal immer noch Indikator für eine "gute" flugmechanische Gesamtauslegung.

Für mich spiegeln die unterschiedlichen Vorgehensweisen vor allem den Zeitgeist wieder. In den 80ern waren bei Airbus Ingenieure am Ruder, die die Luftfahrt voranbringen wollten. Mit durchaus ähnlichem Durchsetzngswillen und Eigensinn wie heute bei Boeing. Bis heute sind ja bei weitem nicht 100% der Piloten der Meinung, das sich ein Airbus angenehm fliegt, fühlen sich bevormundet und entkoppelt.
Heute sitzen überall BWLler und wollen vor allem das Geld ihrer Shareholder mehren (im besten Fall), oder bisweilen auch einfach nur ihr eigenes.
Und man kann es ihnen nicht vorwerfen, heute denkt "man" so. Aber dann sollen sie bitte in einer anderen Industrie reich werden, und nicht in der Luftfahrtbranche.

BWLer: Leider ja.

Zum Steuerkonzept: Ich kann mir beides gut vorstellen. 737 hatte ich mal im LH Simulator, alter Hongkong Anflug mit ILS am Ende, hab ihn heilgelassen, danach Durchstarten und Feuer im Triebwerk simuliert :D War schon machbar und grundsätzlich fand ich das "jetzt mach ich das inkl. Trimmung" nicht so verkehrt. Airbus-irgendwas im Simulator hatte ich noch nicht.

Ich kann mir aber vorstellen, dass es Leute gibt, die sagen, dass das narrensicherer zu fliegen ist. Ich denke, es ist eine ähnliche Diskussion wie Schaltgetriebe vs. Automatikgetriebe, da gibt es auch Stimmen, die das eine wie andere jeweils hart ablehnen.

Ich vermute, dass ein "Narrow Body New Aircraft" bei Boeing durchaus klassisch mit Steuerhorn zu fliegen sein sollte und sowas ein Markterfolg werden kann, weil es die Piloten der Kunden gewohnt sind, allerdings gehört die echt nicht mehr zeitgemäße Mechanik entsorgt. Dann kann man das ähnlich der Tiptronic oder ESP im Auto schon so machen, dass es "zu schalten" ist, aber die Rechner grobe Fehler unterdrücken. Das wäre dann richtig gut (y)

Aber davor sind wieder die BWLer (n)
 
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Luftikus

Megaposter
08.01.2010
24.341
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irdisch
Ja, böse BWLer. (bin keiner)
Kurzer Faktencheck: Sowohl bei Airbus als auch bei Boeing stehen Ingenieure an der Spitze der Konzerne.
 

ollifast

Erfahrenes Mitglied
04.07.2018
842
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Ja, böse BWLer. (bin keiner)
Kurzer Faktencheck: Sowohl bei Airbus als auch bei Boeing stehen Ingenieure an der Spitze der Konzerne.
Kurzer Faktencheck: Der eigentlich für das "GE"-Management-Desaster verantwortliche Vorgänger von Muilenburg war sehr wohl ein Waschmittel-verkaufender BWLer, der wohl meinte, Flugzeuge seien eben wie Waschmittel :rolleyes:

Muilenburg macht ein schlechtes Desaster-Management, das Desaster selber hat ihm sein Vorgänger und dessen Vorgänger eingebrockt.

Und zu Airbus: Die haben kein Problem, also hat der Hörr Ingeniör da wohl einiges richtig gemacht :)

Es gibt auch gute BWLer, die wissen, was sie können und was nicht.

Wenn da einer z.B. die Logistik oder den Einkauf dahingehend optimiert, dass die richtige Menge Teile zum günstigsten Preis am richtigen Ort ist, und das vielleicht noch mathematisch sauber belegt, dann ist das ok. Wenn der aber meint, der Entwicklung den ungeeigneten Rechner vorzuschreiben und die Senior Eng. alle rauszuwerfen und durch "Willige" zu ersetzen, dann kommt sowas wie Boeing dabei raus.
 

ek046

Erfahrenes Mitglied
29.05.2013
3.320
842
Ich vermute, dass ein "Narrow Body New Aircraft" bei Boeing durchaus klassisch mit Steuerhorn zu fliegen sein sollte und sowas ein Markterfolg werden kann, weil es die Piloten der Kunden gewohnt sind, allerdings gehört die echt nicht mehr zeitgemäße Mechanik entsorgt. Dann kann man das ähnlich der Tiptronic oder ESP im Auto schon so machen, dass es "zu schalten" ist, aber die Rechner grobe Fehler unterdrücken. Das wäre dann richtig gut (y)

Aber davor sind wieder die BWLer (n)

Mal schauen was der Kunde so will, Boeing scheint ja (die Schnapsidee?) NMA (vorerst?) begraben zu haben und nun auf eine neue SFA Schiene zu springen.

Bis das auf dem Markt ist, hat Airbus vermutlich schon alle 6000 NEOs rausgeschoben und ebenfalls ein neues „SFA“ am Start.

“... Auch die US-Regierung will aus den Abstürzen Konsequenzen ziehen und die Aufsichtsfunktion der FAA wieder herstellen. Laut Insidern hatte die FAA - wohl auch wegen Budgetkürzungen - bei Zulassung der 737 MAX rund 40 Prozent der Verfahrensdokumentation- und tests an den Konstrukteur und Hersteller Boeing ausgelagert.

Neuer 180-Sitzer?


Die Verschärfungen könnten sichtbar werden, wenn Boeing die Entwicklung eines neuen Flugzeugprogramms in Angriff nimmt. Die milliardenschwere Konstruktion eines New Mid-market Airplane (NMA) hat in Seattle inzwischen offenbar weitaus geringere Priorität als eine Nachfolgeregelung für die 737 MAX.

Laut "The Air Current" spricht Boeing mit Airlines und Leasingfirmen über ein "Future Small Airplane" (FSA) mit 180 bis 210 Sitzen, das später auch als Basis für einen 757-Nachfolger dienen könnte. ...“


Quelle: https://www.aero.de/news-32957/Boeing-Chef-737-MAX-ist-jetzt-sicherer.html
 
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ollifast

Erfahrenes Mitglied
04.07.2018
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Die "Future Small Airplane" werden sie brauchen, das ist halt die Brot- und Butterlinie, so wie der 3er für BMW, und inzwischen dürfte auch dem Letzten klargeworden sein, dass ohne Fly by Wire da nichts mehr geht. Und nur von "7ern" kann keiner leben, siehe A380.

Es geht ja nicht nur um die Sicherheit, die nächsten Innovationen im Bereich der Spriteinsparung dürften darauf hinauslaufen, die Flugsteuerung zusammen mit der Triebwerksansteuerung so intelligent anzusprechen, dass der Verbrauch optimiert wird. Da kommen dann nur noch die Vorgaben wie "climb to FL x" ins System und im Gegensatz zum alten Autopiloten, der es mit definierter Rate ausführt, setzt der Rechner das dann wirtschaftlich optimal per kombinierter Ansteuerung um.

Für Airbus wäre das dann einfach nur eine weitere Rechnerbox, braucht noch nicht mal viel Redundanz, da es ja nur ums Sparen geht, und Boeing hätte dann nach den neuen großen Triebwerken mit der altbackenen Mechanik gleich die nächste Baustelle.
 

cockpitvisit

Erfahrenes Mitglied
04.12.2009
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FRA
Da kommen dann nur noch die Vorgaben wie "climb to FL x" ins System und im Gegensatz zum alten Autopiloten, der es mit definierter Rate ausführt, setzt der Rechner das dann wirtschaftlich optimal per kombinierter Ansteuerung um.
Wozu braucht man hier FBW??? Der Autopilot kann den Flieger auch ohne FBW um alle drei Achsen steuern - egal ob mit konstanter Rate, oder optimal wirtschaftlich berechnet.

FBW wäre nur Pflicht, wenn man instabile Passagierflugzeuge bauen würde, um Sprit zu sparen. Bis es soweit ist, dürften noch einige Jahrzehnte vergehen - solche Maschinen wären nämlich prinzipiell nicht mehr per Hand steuerbar.
 
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ollifast

Erfahrenes Mitglied
04.07.2018
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Wozu braucht man hier FBW??? Der Autopilot kann den Flieger auch ohne FBW um alle drei Achsen steuern - egal ob mit konstanter Rate, oder optimal wirtschaftlich berechnet.

Nicht unbedingt. Schon die hier diskutierte 737MAX hat Spoiler, die Tatsache schon "by wire" sind, aber eben nur die.

Also zusätzliche anzusteuernde Flächen. Wenn jetzt die Hauptsteuerflächen komplett unter Rechnerkontrolle sind, dann kann der Rechner einen schlauen Algorithmus anwenden, um den Befehl des Piloten über diese oder jene Konstallation der Steuerflächen umzusetzen, und entweder diese oder jene wird in der Flugsituation womöglich aerodynamisch günstiger und somit spritsparender sein. Das sollte natürlich so in der Software angelegt sein, dass die Wirkung am Ende nahezu die gleiche ist, nämlich die vom Piloten (oder Autopiloten) gewollte.

Eine andere Möglichkeit wäre, den Zeitverlauf der Verstellung zu optimieren, das macht man ja beim Auto mit E-Gas auch, wo man zwar im Prinzip ein klassisches Gaspedal hat, aber wenn das Fahrzeug nicht gerade in den (R)audi-Modus :eek::D geschaltet ist, das Hochdrehen des Motors in Grenzen gehalten wird. Der Fahrer tritt auf das Pedal, entweder das Getriebe schaltet früh oder spät hoch, der Motor wird entsprechend angesteuert. So wird sehr viel Sprit gespart und das kann man beim Flieger im Grunde sehr ähnlich handhaben, braucht aber dann die direkte Eingriffsmöglichkeit.

Und bei den Triebwerken: Ich bin mir sicher, dass z.B. irgendwann auch nicht nur Getriebe Fans so wie aktuell mit z.B. fix 3:1 kommen werden, sondern dass auch da mehr geht, z.B. eine stufenlose Umsetzung. Und auch dafür hilft eine Eingriffsmöglichkeit.

Wenn man da etwas innovativ ist und denkt, dürfe noch einiges an Spielraum bestehen, um den Spritverbrauch der Flieger einzudämmen, und darüber sind doch am Ende alle dankbar und glücklich.
 
T

T.1

Guest
Ja, aber das bei Airbus der eine nicht visuell in der realen Welt sieht, was der andere macht halte ich für kritisch. Thema AF447

Hatte das auch mal im a330 Simulator. Ich hatte mit meinem Bein unbewusst den Stick Richting Steuerbord gelegt. Der PF konnte definitiv nicht mehr richtig steuern. Hatte bestimmt 2 Minuten gedauert bis der LH Captain mich als Schuldigen gefunden hatte.

Schon damals (vor AF447) fand ich dies bedenklich und dachte wirklich, dass Airbus hier noch nachbessern wird.


Habe ich das richtig oder falsch in Erinnerung, dass bei AF447 sowohl eine Anzeige am dashboard als auch eine Computerstimme „dual input“ meldete, als der eine Pilot den Stick nach vorne drückte während der andere weiter fleissig nach hinten zog?

Nur, dass keiner der 3 das irgendwie mitbekommen hat in dem Chaos, das da im Cockpit herrschte.

Das Airbus Konzept funktioniert an sich sehr gut und zuverlässig. Bei AF447 ist halt das ganze CRM im Cockpit zusammengebrochen und jeder hat da irgendwie sein Süppchen gekocht. Ich würde meinen Fokus eher auf das CRM und die Procedures legen, dann muss man nicht zig Displays und Lichter einbauern, die dann erst recht wieder ein falsches Sicherheitsgefühl erzeugen.

Wobei AF447 halt auch wirklich ein Sonderfall ist und mir ein Rätsel, wer den Piloten ins Cockpit gelassen hat. Ich hoffe, ich habe nie so jemanden vorne sitzen.

Grad ganz auf die Schnelle die Voice-Recorder Aufnahmen zusammengesucht, Quelle:
https://www.bea.aero/uploads/tx_elyextendttnews/annexe.01_04.pdf

2:10:30 Uhr sagt der pilot n.flying:
"tu redescendson est en train de monter selon lui
selon les trois tu montes donc tu redescends"

was der pilot flying mit d'accord, also okay quittiert.

Habe ich das komplett falsch verstanden oder wird hier ganz klar, Minuten vor dem Unglück gesagt, der Pilot soll sinken und dieser bestätigt das?

Genau das hilft auch in dem Moment weil es richtig ist, siehe Aussage Pilot 2:10:37
"c’est parti on (re)descend"

Das Problem geht dann aber wieder von neuem los:
"surtout essaye de toucher le moins possible les commandes en... en latéral hein"

Und um 2:11:38: "commandes à gauche"
Hier verlangt doch der Pilot n.flying das Steuer?! Danach Sekunden voller Schweigen, warum der Pilot flying der absolut nichts unter Kontrolle hat hier nicht abgibt werden wir wohl nie erfahren.

Noch schlimmer: 2:12:17 ertönt die Ansage: "VS : priority right"

Ab 2:13 gibt es laut Voice Recorder 6X die Dual-Input Ansage. Der Pilot flying gibt trotz kompletter Unkenntnis der Situation und mehrfacher Aufforderung das Steuer nicht aus der Hand.

2:13:43 macht mich wirklich traurig, der Kapitän und Copilot haben nun beide das Problem mit Sicherheit festgestellt: Kapitän: "non non non ne remonte plus là"
In meinen Augen hat der Copilot schon die ganze Zeit versucht, den Sinkflug einzuleiten aber der Pilot hat ihn schlicht nicht gelassen und ihm fehlte die nötige Sicherheit, sich entschiedener durchzusetzen. Nun aber sind sich Copilot und Kapitän sicher.


Bei 2:13:44 reagieren sie sogar explizit auf den Dual Input Alarm:
"alors descends"
und danach:
Copilot: "lors donne moi les commandes à moi les commandes"

Pilot bestätigt! das "vas-y tu as les commandes on est en TOGA toujours hein".

Bis hierhin ist das Flugzeug vermutlich noch zu retten, der Fehler erkannt und der CoPilot will übernehmen um zu sinken, aber dann:

2:14:03: dual input, und bei 2:14:22 noch schlimmer: "priority right", der Pilot der eigentlich das Steuer abgeben hat, gibt sich sogar noch die Priorität?!

Ich hoffe sehr jemand mit besseren Französischkenntnissen kann mir sagen, dass ich das nur falsch verstanden habe, denn ansonsten hat doch der Pilot ganz klar das Ding zum Absturz gebracht. Was sollen die anderen beiden da noch retten können? Gar nichts, einzige Rettung imho wäre gewesen dem Piloten bei 2:13:44 eins überzuziehen damit er das Steuer loslässt und ganz vielleicht hätte die knappe Minute noch gereicht, aber nicht so. Sehr trauriges Ereignis und zeigt auch die Schwächen auf, ich glaube bei einer Boeing wäre den Piloten das ganze a) schneller und b) prägnanter aufgefallen, dass der Pilot flying die ganze Zeit das Ding überzieht. Wobei sie es halt auch so bemerkt haben und trotzdem nichts machen konnten.
 
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MANAL

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29.05.2010
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Dahoam
Wie läuft das mit den Schubhebeln dann? Der Pilot schiebt sie nach ganz vorne (100% Stellung) zum Abheben. Später aktiviert er den Autopiloten. Dieser lässt die Schubhebel jetzt dort, wo sie sind? Was passiert dann, wenn der AP abgeschaltet wird, greift dann wieder die vorherige Stellung der Schubhebel (100%), die Triebwerke geben Vollgas und der Flieger brennt Gummi auf die Straße?

Wahrscheinlich sind das ja nicht wirklich 100% und genauso würden die Schubhebel vorher schon irgendwo in der Mitte stehen, aber trotzdem, wie ist das mit dem Übergang gelöst?

Mit den Schubhebeln gibt man im Airbus dem Flieger vor wieviel Schub er maximal bekommt. Nach dem Start werden die Lever in den CL (Climb-Raste) geschoben sollten sie sich nicht dort befinden (z.B. bei Start mit maximalen Schube) und der Autothrottle angeschaltet. Ab da regelt der Computer den Schub und die Hebel bleiben in der CL-Notch. Will der Pilot den Schub wieder manuell übernehmen muss er im Engine Warning Display schauen welche Drehzahl die Triebwerke liefern und er fährt die Schubhebel ungefähr dorthin (gibt Anzeigen welche Drehzahl die aktuelle Schubhebelstellung entsprechen würde). Dann schaltet er das Autothrustsystem aus und fliegt wieder mit Hand. Vergisst der Pilot die Hebel einigermaßen an den aktuellen Wert anzupassen fahren die Triebwerke auf dem entsprechenden Wert wo die Schubhebel gerade sind, so z.B. auf eine Leistung die der CL-Notch entspricht.

Im Flugalltag merkt man das wenn dass die Piloten die Schubhebel beim Ausschalten des Autothrust nicht nachjustiert haben. Kommt immer wieder im Landeanflug vor wenn nach dem Ausfahren des Fahrwerks der Autothrust ausgeschaltet wird und das Triebwerk ganz kurz hochfährt und sofort wieder runter...


Ja, böse BWLer. (bin keiner)
Kurzer Faktencheck: Sowohl bei Airbus als auch bei Boeing stehen Ingenieure an der Spitze der Konzerne.

Gibt auch genügend Ingenieure die eher an ihre Karriere denken, lieber Taktieren und zum eigenen Vorteil gegeneinander Ausspielen als von der Technik Ahnung zu haben. An der TU München gibt's da sogar noch die Spezies der TUMBWLer die meinen dass sie die Krönung von beiden Fachbereichen sind. In Wirklichkeit haben sie kaum Ahnung von der Technik, reden aber oberwichtig daher... Trifft sicher nicht auf alle zu, aber ein Großteil ist leider genau so.



Mein Beileid! :D
 
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kingair9

Megaposter
18.03.2009
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Unter TABUM und in BNJ
Im Flugalltag merkt man das wenn dass die Piloten die Schubhebel beim Ausschalten des Autothrust nicht nachjustiert haben. Kommt immer wieder im Landeanflug vor wenn nach dem Ausfahren des Fahrwerks der Autothrust ausgeschaltet wird und das Triebwerk ganz kurz hochfährt und sofort wieder runter...


Das wäre eigentlich einer für die "Technikfragen-Ecke"... =;
 

dya

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15.12.2016
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Mit den Schubhebeln gibt man im Airbus dem Flieger vor wieviel Schub er maximal bekommt. Nach dem Start werden die Lever in den CL (Climb-Raste) geschoben sollten sie sich nicht dort befinden (z.B. bei Start mit maximalen Schube) und der Autothrottle angeschaltet. Ab da regelt der Computer den Schub und die Hebel bleiben in der CL-Notch. Will der Pilot den Schub wieder manuell übernehmen muss er im Engine Warning Display schauen welche Drehzahl die Triebwerke liefern und er fährt die Schubhebel ungefähr dorthin (gibt Anzeigen welche Drehzahl die aktuelle Schubhebelstellung entsprechen würde). Dann schaltet er das Autothrustsystem aus und fliegt wieder mit Hand. Vergisst der Pilot die Hebel einigermaßen an den aktuellen Wert anzupassen fahren die Triebwerke auf dem entsprechenden Wert wo die Schubhebel gerade sind, so z.B. auf eine Leistung die der CL-Notch entspricht.

Im Flugalltag merkt man das wenn dass die Piloten die Schubhebel beim Ausschalten des Autothrust nicht nachjustiert haben. Kommt immer wieder im Landeanflug vor wenn nach dem Ausfahren des Fahrwerks der Autothrust ausgeschaltet wird und das Triebwerk ganz kurz hochfährt und sofort wieder runter...




Gibt auch genügend Ingenieure die eher an ihre Karriere denken, lieber Taktieren und zum eigenen Vorteil gegeneinander Ausspielen als von der Technik Ahnung zu haben. An der TU München gibt's da sogar noch die Spezies der TUMBWLer die meinen dass sie die Krönung von beiden Fachbereichen sind. In Wirklichkeit haben sie kaum Ahnung von der Technik, reden aber oberwichtig daher... Trifft sicher nicht auf alle zu, aber ein Großteil ist leider genau so.




Mein Beileid! :D


Ne der Job ist schon ok.
Das Steuern der Techniker und Ingenieure macht mir schon Spaß. Man muss sie allerdings sehr eng führen, sonst werden die nie fertig oder produzieren etwas was der Markt nicht will.
Zu dem verdiene ich mehr als das doppelte. Also brauchst Du kein Mitleid zu haben.
 
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longhaulgiant

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22.02.2015
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Das Steuern der Techniker und Ingenieure macht mir schon Spaß. Man muss sie allerdings sehr eng führen, sonst werden die nie fertig oder produzieren etwas was der Markt nicht will.

Das ist genau das gleiche wie das verallgemeinerte Schimpfen auf BWLer, nur in umgekehrter Richtung. Im Sinne deiner Mitarbeiter und deiner Firma hoffe ich, dass es nicht so ist wie du es beschreibst.

Zu dem verdiene ich mehr als das doppelte.

Schön für dich. Auch wenn ich offen gesagt nie verstanden habe wieso. Ab einer gewissen Führungsebene kann ich das nachvollziehen. Da ist es dann Schmerzensgeld und Entschädigung für den potentiellen Schleudersitz. Aber wenn der direkte Häuptling deutlich mehr verdient als der Indianer muss ich mich schon wundern.
 

Petz

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08.11.2009
5.747
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Ich hoffe sehr jemand mit besseren Französischkenntnissen kann mir sagen, dass ich das nur falsch verstanden habe, denn ansonsten hat doch der Pilot ganz klar das Ding zum Absturz gebracht.

Das hast Du richtig erkannt.
Der ganze Ablauf im Cockpit war Chaos pur.
Die Folge "Air Crash Investigations" (oder war es eine andere Serie?) zu AF447 trug nicht umsonst den Titel "Chaos in the Cockpit."
 
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dya

Gesperrt
15.12.2016
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1
Das ist genau das gleiche wie das verallgemeinerte Schimpfen auf BWLer, nur in umgekehrter Richtung. Im Sinne deiner Mitarbeiter und deiner Firma hoffe ich, dass es nicht so ist wie du es beschreibst.



Schön für dich. Auch wenn ich offen gesagt nie verstanden habe wieso. Ab einer gewissen Führungsebene kann ich das nachvollziehen. Da ist es dann Schmerzensgeld und Entschädigung für den potentiellen Schleudersitz. Aber wenn der direkte Häuptling deutlich mehr verdient als der Indianer muss ich mich schon wundern.
Genauso ist es. Und das ist gut so.
Der Firma geht es seid der Verantwortungübernahme von Kaufleuten vor 15 Jahren sehr gut und musste noch keinen entlassen. Alle bekommen am Jahresende üppige Boni.
Auch die Führungskultur ist mehr als akzeptiert. Die Techniker machen das, was sie am besten können. Entwickeln und betreiben. Und die Kaufleute sagen ihnen was die Kunden wollen.
Nur so geht es. Es gibt aber immer noch einige wenige Firmen, die dies noch nicht eingesehen haben. Deren Ende ist vorhersehbar.
 

dya

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15.12.2016
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Ich sehe die Situation ganz anders.
Die Kaufleute haben den Ingenieuren den Auftrag gegeben ein kompetitives Produkt zur A320neo bereitzustellen. Unter der Maßgabe, dass es eines der sichersten Flugzeug ist.

Dann habe die Ingenieure so lange rumgefickelt, bis die Max rauskam.

Hier fehlte bei Boeing definitiv mehr Kundenorientierung und enge Führung der Techniker. Niemals würde ein Kaufmann wollen, dass die eigenen Ingenieure einen Sarg bauen.
 

ollifast

Erfahrenes Mitglied
04.07.2018
842
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Ich sehe die Situation ganz anders.
Die Kaufleute haben den Ingenieuren den Auftrag gegeben ein kompetitives Produkt zur A320neo bereitzustellen. Unter der Maßgabe, dass es eines der sichersten Flugzeug ist.

Dann habe die Ingenieure so lange rumgefickelt, bis die Max rauskam.
Der Auftrag alleine reicht halt nicht, auch intern gehört zum Auftrag die Bezahlung per Budget.

Sie hätten eben die Ressourcen für die Entwicklung bereitstellen sollen und nicht umgekehrt jene Ingenieure vorab feuern, die wissen, wie das geht. Mit billigen Indern nämlich nicht. Von dem, was bisher bekannt wurde, liegt der Fehler im Fall Boeing schon bei den Kaufleuten.

Von Führung braucht man da gar nicht reden, von Kundenorientierung auch nicht, das war einfach nur dümmliches "stampf stampf ich will und ihr müsst buuuh euer Job ist gefährdet stampf stampf" auf billigstem Niveau.
 

dya

Gesperrt
15.12.2016
124
1
Der Auftrag alleine reicht halt nicht, auch intern gehört zum Auftrag die Bezahlung per Budget.

Sie hätten eben die Ressourcen für die Entwicklung bereitstellen sollen und nicht umgekehrt jene Ingenieure vorab feuern, die wissen, wie das geht. Mit billigen Indern nämlich nicht. Von dem, was bisher bekannt wurde, liegt der Fehler im Fall Boeing schon bei den Kaufleuten.

Von Führung braucht man da gar nicht reden, von Kundenorientierung auch nicht, das war einfach nur dümmliches "stampf stampf ich will und ihr müsst buuuh euer Job ist gefährdet stampf stampf" auf billigstem Niveau.
Ich stimme Dir zu, dass die Ingenieure unter deren Führungen es nicht hinbekommen haben ein den Anforderungen entsprechendes Flugzeug bereitzustellen.

Hier war die Verantwortung ganz klar bei dem leitenden Entwickler zu sagen, dass das Flugzeug nicht den Anforderungen entspricht und nicht fliegen darf. Das ist nicht erfolgt. Klar hätte das sein Kopf und den Kopf von vielen Ingenieuren gekostet.

Bessere Techniker hätten ein sicheres Flugzeug entwickelt. Also klar, hier wurden die Ingenieure nicht eng genug durch die Kaufleute geführt und gesteuert. Ein Ingenieur, der diesen Schrott produziert gehört gefeuert.
 

dya

Gesperrt
15.12.2016
124
1
Wie immer... Die BWLer stellen komplett unrealistische Zeitpläne auf weil sie keine Ahnung haben, machen entsprechend Druck und am Ende ist der Ingenieur schuld ..
So ist Die Welt mein Lieber.
Aber ich kann die Ingenieure nicht verstehen, die nicht den Mut haben zu sagen, dass das Ding nicht funktioniert oder sogar gefährlich ist.
Ich habe dies so oft erlebt.

Mit Bezug auf die Max. Hier hätte der leitende Ingenieur klar sagen müssen,.dass das Ding ein fliegender Sarg ist. Wenn der CEO es dennoch frei gibt, hätte er die Möglichkeit gehabt die Presse zu informieren. Das ist nicht erfolgt.

Bei allen Respekt zu euren technischen Erläuterungen. Ich bin mir aber sicher, dass die Techniker dieses und noch viel mehr beleuchtet haben. Auch, wenn sie nicht fähig waren ein anforderungsgerechtes Flugzeug zu bauen.

Also der leitende Entwickler gehört klar ins Gefängnis.
Wenn der CEO informiert war, dieser auch.
 

Tupolew

Erfahrenes Mitglied
27.09.2012
1.432
530
Hier war die Verantwortung ganz klar bei dem leitenden Entwickler zu sagen, dass das Flugzeug nicht den Anforderungen entspricht und nicht fliegen darf.

Normalerweise ist es dann so, dass sich der leitende Entwickler die Unterschrift holt, dass er die BWLer darüber in Kenntnis gesetzt hat und trotzdem pfuschen soll. Es gibt keinen Grund, warum ein Ingenieur freiweillig seinen Kopf dafür hinhalten würde.


Zu der moralischen Verantwortung die du ansprichst ("Whistleblowing"): Sowas zu bewerten ist nicht einfach. Wenn er durch's Whistleblowing seinen Job verliert oder vielleicht sogar dafür in den Knast geht (in Deutschland ist das eine Straftat), dann wird er sich das trotzdem zweimal überlegen. Da hilft nur eine gute Unternehmenskultur, in der kein Klima der Angst herrscht.
 
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