10. März 2019: Ethiopian 737 MAX crash

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Erfahrenes Mitglied
01.06.2018
11.600
9.353
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Im Ernst: Jeder Sensor kann einen falschen Wert liefern. Es gibt auch ausserhalb von Flugzeugen kritische Systeme die solche "Probleme" haben können. Aus dem Grunde ist z.B. bei Sicherheitsbauteilen für Personenschutz etc z.B. im Maschinenbau auch eine mehrfach redundate Technik im Einsatz. Und genau dort werden die Sensoren auf plausibilität überprüft. Sprich: KANN der Wert sich überhaupt so schnell ändern. Gibts z.B. auch bei Autos. Hier mal das Gaspedal. Kann sich der Wert von beiden Sensoren von jetzt auf nachher innerhalb von 20ms von 0 auf unendlich ändern. Das ist zwar auch keine 100% Sicherheit...aber mir gings dabei um das oben genannte Beispiel.
Das ist aber erst die halbe Miete.

Was tust du den nun, wenn deine Superduper-Software sagt, die Sensorwerte sind unplausibel? Trimmung stillhalten und Stall riskieren, oder Trimmung loslaufen lassen und Sturzflug riskieren?
Motor stillegen wie beim Autogaspedal ist ja wohl nicht die Lösung- (obwohl, OT, wir genau deshalb schon mehrere Abstürze von Elektroflugzeugen hatten, weil die Leistungselektronik mit Industriesoftware tatsächlich allen Ernstes im Zweifelsfall den Motor abschaltet, um ihn vor Schaden zu schützen. Was dann kurz darauf dazu führt, dass ein 100% unbeschädigter Motor am Boden einschlägt...)
Und wenn du so oder so sagtst, dann lieber MCAS auslösen, Pilot kann es ja deaktivieren, dann kannst du auch gleich dem Sensor glauben.

altertümliche Programmiersprachen
Der Luftfahrer benutzt lieber Worte wie "bewährt", "sicher" oder "vorhersagbar". ;)
"moderne" Programmiersprachen mit ständig aktualisierten Bibliotheken kannst du in der Luftfahrt vergessen.
 
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drusnt

Erfahrenes Mitglied
02.12.2013
1.191
1.901
Das Problem scheint zu sein, dass die Software noch mit alter Hardware verarbeitet werden muss,
Das ist so pauschal weniger ein Problem und in der Luftfahrt eher üblich. Gerade in unserer Defence and Space Sparte Daily Business.
die altertümliche Programmiersprachen braucht
Ist auch eher weniger ein Problem, da Hochsprachen schon vor Ewigkeiten Einzug gefunden haben. Da findet sich jeder halbwegs erfahrene Entwickler recht schnell zurecht. Schwieriger wird es bei den Systemen, die noch Assembler nutzen. Gibt es aber kaum noch und auch da hat man in der Regel immer Leute im Team, die das System schon seit zig Jahren betreuen.

Viel mehr ist eher die mit den Jahren gestiegene Komplexität und der Umfang der Software mitunter ein Problem, da dies natürlich Seiteneffekte begünstigt, die so zunächst nicht absehbar waren und schlimmstenfalls erst sehr spät in der Entwicklung entdeckt werden. Das hat man aber immer bei Systemen, die über Jahrzehnte genutzt und regelmäßig erweitert werden.
und auch so schon voll ausgelastet ist.
Das ist dann schon eher ein Problem. Was es aber eigentlich auch nicht sein sollte, da es hier klare Vorgaben gibt. Vor allem wenn man sauber gemäß der gültigen Regularien entwickelt, dokumentiert und geprüft hat. Dies wird aber häufig versucht um jeden Preis zu umgehen, weil es unfassbar mehr Aufwand bedeutet. Hier liegt dann viel mehr der Knackpunkt, den ich nicht nur bei Boeing kritisch sehe. Da werden Änderungen so klassifiziert, dass weiterhin die alten Zulassungsregularien Anwendung finden können, obwohl der Impact der neuen Funktionalitäten das nicht immer hergeben dürfte. Das ist aber häufig ein schmaler Grat und keine Schwarz/Weiß Abgrenzung.
Der Luftfahrer benutzt lieber Worte wie "bewährt", "sicher" oder "vorhersagbar". ;)
"moderne" Programmiersprachen mit ständig aktualisierten Bibliotheken kannst du in der Luftfahrt vergessen.
Da würde mich mal interessieren, was bei dir als moderne Programmiersprache zählt? Denn die Nutzung von Bibliotheken ist auch bei "bewährten" Hochsprachen schon immer zurecht kritisch betrachtet und lässt sich auch bei anderen Sprachen gekonnt unterbinden. Nicht ohne Grund verlangt die DO-178C einen entsprechenden Coding Standard. Wäre dafür für mich jetzt kein Kriterium, was eine moderne Sprache ausmacht, bzw. für oder gegen diese spricht. Eher solche Dinge wie Typenstrenge bei Ada.
 
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cockpitvisit

Erfahrenes Mitglied
04.12.2009
5.069
2.488
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Wobei dieses System (sollte es wirklich so sein) absolut panne ist. Eine "gute Software" (und späterstens jetzt sind wir wieder bei der KI)
Bei KI kriegst Du aber prinzipiell nicht bewiesen, dass sie sicher und zuverlässig genug für eine kritische Funktion im Flugzeug ist. Ist ja im wesentlichen wie einen Hund zu trainieren.

Wobei ich mich schon wundere, dass für die Navigation oft iPads genutzt werden (mit wohl 1-2 Größenordnungen mehr Code drin als im eigentlichen Flugzeug). Wie wird da die Zuverlässigkeit der iPads berechnet, Charts auf Papier werden angeblich gar nicht mehr mitgenommen?
 

drusnt

Erfahrenes Mitglied
02.12.2013
1.191
1.901
Bei KI kriegst Du aber prinzipiell nicht bewiesen, dass sie sicher und zuverlässig genug für eine kritische Funktion im Flugzeug ist. Ist ja im wesentlichen wie einen Hund zu trainieren.
Man muss sich ja nur mal ansehen, wie schwer die Luftfahrt sich mit Multicore-Prozessoren im Bereich sicherheitskritischer Software getan hat und noch immer tut. KI ist da nochmal eine gänzlich andere Hausnummer. Gerade was die Avionik-Software angeht, sehe ich da wenig Spielraum für. Für Funktionen mit "No Safety Effect" oder auch gerade im Rüstungsbereich für Mission Critical Zeugs sicherlich ein anderes Thema mit viel Potential.

Wobei ich mich schon wundere, dass für die Navigation oft iPads genutzt werden (mit wohl 1-2 Größenordnungen mehr Code drin als im eigentlichen Flugzeug). Wie wird da die Zuverlässigkeit der iPads berechnet, Charts auf Papier werden angeblich gar nicht mehr mitgenommen?
Selber hatte ich mit der Zulassungsthematik keine Berührungspunkte, aber der Artikel fasst das eigentlich recht gut zusammen:

https://en.wikipedia.org/wiki/Cockpit_iPad

Ansonsten ist es wie mit allem. Versagt das iPad habe ich dann ein zweites/drittes/... verfügbar, auf das ich zurückgreifen kann? Wie einfach / lange dauert es, bis ich nen Recycle durchgeführt habe und es wieder läuft? Was ist der tatsächliche Impact, wenn alle ausfallen? Leichte Erhöhung der Work Load oder Absturz des Fliegers? Kann das System bei Versagen direkten Einfluss auf das Luftfahrzeug nehmen? Wie wahrscheinlich ist es, dass alle ausfallen UND nicht mehr gestartet werden können? Wie verhält es sich mit Impact / Wahrscheinlichkeiten ggü. dem aktuellen System? Usw. Letztendlich immer eine Frage des Impacts und wie wahrscheinlich dieser dann sein darf. Da sehe ich eigentlich nicht viel im Vergleich ggü. dem alten System mit (regelmäßig zu aktualisierenden) Karten, warum man die Thematik nicht entspannt sehen sollte. Natürlich vorausgesetzt, dass das iPad nicht bei einem plötzlichen Druckabfall explodiert. Aber da gehe ich (Edit: der Wiki Artikel auch) davon aus, dass entsprechende Themen betrachtet und Tests durchgeführt wurden.
 
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Erfahrenes Mitglied
01.06.2018
11.600
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Eine "gute Software" (und späterstens jetzt sind wir wieder bei der KI)

Bei KI kriegst Du aber prinzipiell nicht bewiesen, dass sie sicher und zuverlässig genug für eine kritische Funktion im Flugzeug ist. Ist ja im wesentlichen wie einen Hund zu trainieren.
Und sowohl bei dem Hund als auch bei der KI brauchst du ein Trainingsprogramm, also Datensätze an denen du sie trainieren kannst.
Wenn du aber alle Fehlerszenarien kennst (in der Lage bist, einen umfangreichen Datensatz zum trainieren zusammenzustellen) kannst du all diese Szenarien auch gleich mit einem diskreten Algorithmus abarbeiten.
KI macht nur Sinn, wenn du es dir leisten kannst an echten Beispielen zu trainieren. Das geht aber nicht, wenn diese Fälle in der Lernphase Menschenleben kosten.

Genauso wie heute KI ein Hype ist, war das exakte Gegenteil, Fuzzy Logik auch mal ein Paar Jahre total angesagt (da hatte plötzlich jedes Produkt Fuzzy Logik drin...).
Gute Software hängt weniger von der Technologie dahinter ab, als von guten Programmierern und einem gut identifizierten Problem, dass sie lösen soll. Wenn die Programmierer das Problem nicht verstehen, wird es auch mit KI nicht besser, die an schlechten Datensätzen trainiert wurde.

Wobei ich mich schon wundere, dass für die Navigation oft iPads genutzt werden
oder für mich noch unverständlicher, zur Berechnung von Startsrecken und Flex Schub zum Start mit reduzierter Leistung...

Eine Karte kann man kaum unmerklich falsch anzeigen, eine Powersetting aber für den Piloten unerkennbar falsch berechnen.
 
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Tupolew

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27.09.2012
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Oh nein, bitte kein KI Buzzwordbingo im Avionikbereich und dann auch noch für sicherheitsrelevante Elemente :doh: Wofür eine KI Blackbox wenn man die Probleme auch mit simplen Algorithmen lösen kann? Plausibilitätsprüfungen unter Einbeziehung vergangener Datenpunkte ist ja nun wirklich kein Hexenwerk...
 
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ek046

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29.05.2013
3.304
811
„Calhoun bekräftigte am Dienstag: "MCAS und Boeing sind verantwortlich für diese Abstürze."“

 

Volume

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01.06.2018
11.600
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Und täglich grüßt das Murmeltier...
Piloten wussten über Detail von Triebwerken der Boeing 737 Max nicht Bescheid
Nach zwei Vogelschlägen stellten Boeing-737-Max-Betreiber in den USA fest, dass es in den Triebwerken ein System gibt, von dem die Piloten nichts wussten.
[...]
Doch ein Detail ließ die Piloten aufhorchen. Denn Boeing erwähnt ein System, das in den Leap-Triebwerken verbaut ist, von dem die Crews nichts wussten. Es handelt sich um eine Sicherheitsfunktion, die starke Vibrationen am Triebwerk im Fall eines Schadens vermeiden soll.
Wenn eine Triebwerksschaufel während des Fluges schwer beschädigt wird – etwa durch einen Vogelschlag – bringen die beschädigten Fanschaufeln möglicherweise die rotierenden Bestandteile des Motors aus dem Gleichgewicht. Das bringt den kompletten Mechanismus aus dem Gleichgewicht, Vibrationen entstehen. Das System, welches «Load Reduction Device», kurz LRD heißt, soll das verhindern. Es trennt die Schaufeln vom Rotor.
Klingt nach einer weiteren Hau-Ruck Lösung für ein komplexeres Problem, die im Zweifelsfall zum Problem selbst werden kann... Und das nicht nur bei Boeing.
Je komplexer die Flugzeuge werden, desto mehr kann man den Piloten einfach nicht mehr im Detail erklären. Das ist keine gute Entwicklung.
 

ek046

Erfahrenes Mitglied
29.05.2013
3.304
811
Wenn ich dazu nun was schreibe droht mir eine lange Forensperre, daher lasse ich das glaube ich lieber mal so stehen:


Im Fall der Abstürze von zwei 737-Max-Maschinen mit insgesamt 346 Toten will das US-Justizministerium dem Flugzeugbauer Boeing die Aussetzung der Strafverfolgung vorschlagen.

Demnach halten hochrangige Vertreter des Ministeriums einen Prozess für "rechtlich zu riskant". Die Ministeriumsvertreter seien der Auffassung, dass die Ernennung einer unabhängigen Aufsichtsstelle ein "schnellerer und effektiverer" Weg sei, um sicherzustellen, dass Boeing seine Produktionsprozesse und die Qualitätskontrolle verbessere, berichtete die Zeitung weiter.

Das Ministerium lehnte eine Stellungnahme zu dem Bericht ab. Strafprozesse sorgen oft dafür, dass die beklagten Unternehmen Konkurs anmelden müssen. Boeing ist ein für die US-Wirtschaft sowie die nationale Sicherheit wichtiges Unternehmen.


 

heinz963

Erfahrenes Mitglied
05.05.2014
840
620
HAM
Wenn ich dazu nun was schreibe droht mir eine lange Forensperre, daher lasse ich das glaube ich lieber mal so stehen:


Im Fall der Abstürze von zwei 737-Max-Maschinen mit insgesamt 346 Toten will das US-Justizministerium dem Flugzeugbauer Boeing die Aussetzung der Strafverfolgung vorschlagen.

Demnach halten hochrangige Vertreter des Ministeriums einen Prozess für "rechtlich zu riskant". Die Ministeriumsvertreter seien der Auffassung, dass die Ernennung einer unabhängigen Aufsichtsstelle ein "schnellerer und effektiverer" Weg sei, um sicherzustellen, dass Boeing seine Produktionsprozesse und die Qualitätskontrolle verbessere, berichtete die Zeitung weiter.

Das Ministerium lehnte eine Stellungnahme zu dem Bericht ab. Strafprozesse sorgen oft dafür, dass die beklagten Unternehmen Konkurs anmelden müssen. Boeing ist ein für die US-Wirtschaft sowie die nationale Sicherheit wichtiges Unternehmen.


Too big to fail. Ist jetzt aufgrund Boeings wichtiger Rolle bei der Ausrüstung des Militärs aber auch nicht überraschend.
 

MANAL

Erfahrenes Mitglied
29.05.2010
14.636
9.644
Dahoam
Ich frage mich nur wie geht es bei Boeing weiter? Die Firma ist doch durch die grandiose Managementarbeit der letzten 20 Jahre komplett heruntergewirtschaftet. Wo funktioniert denn noch was? Wie sollen die aus diesem Zustand raus? Gutes Personal ist entweder schon in Rente oder woanders untergekommen. Mit dem aktuellen Personal bekommst du doch nichts mehr hin. Die mögen billige Arbeitskräfte haben, aber die Qualität die geliefert wird ist genauso. Und vieles ist vermutlich outgesourcet und gar nicht mehr in der Hand von Boeing.

In der Zivilluftfahrt wird nur noch gepfuscht mit der MAX, 787 und einer vielleicht irgendwann kommenden 777-9. In der Militärluftfahrt ist der Tanker eine Niete die sie nicht hinbekommen. Das Prestigeobjekt der neuen Air Force One kommt auch erst irgendwann und schreibt nur rote Zahlen. Und in der Raumfahrt stottert der Starliner auch permanent. Gerade in den Nachrichten, dass er auch nicht planmäßig von der ISS zurückkehrt...

 
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ek046

Erfahrenes Mitglied
29.05.2013
3.304
811
Und in der Raumfahrt stottert der Starliner auch permanent. Gerade in den Nachrichten, dass er auch nicht planmäßig von der ISS zurückkehrt...

Auf Tagesschau steht leider nicht der Grund.

Der ist nämlich nicht ohne.

Die wissen nämlich aktuell nicht, ob sie die Crew in der Kapsel wieder lebend runter bekommen.

Man hatte ja wegen Helium Lecks den Start zuvor Start abgesagt.

Dann hat man beim später erfolgten Start die Helium Lecks bewusst ignoriert und es als akzeptabel hingestellt.

Auf dem Weg zur ISS sind dann - oh Wunder - weitere Helium Lecks aufgetreten, sodass eine ganze Reihe Steuerdüsen deaktiviert werden mussten, um die Leckagen zu stoppen.

Beim Andocken haben dann die Triebwerke Probleme gemacht und es brauchte zwei Versuche. Das war schon ein erster heikler Moment.

Und nun sind wegen der Helium Lecks nur noch 17 von 25 Steuerdüsen einsatzbereit.

Fallen noch weitere Düsen aus, ist je nachdem welche ausfallen ab 14 Düsen die Lagenkontrolle der Kapsel gefährdet, die man ja zwingend zum Abdocken und vor allem für den Wiedereintritt in die Erdatmosphäre und die Landung benötigt.

Nun traut sich keiner die Mühle abzudocken, weil man sonst den Verlust der Crew riskiert.

Die Kapsel hat nämlich noch eine Schwachstelle: Keine Fernkontrolle fürs Abdocken und den Wiedereintritt. Die Kapsel leer runterschicken ist also auch nicht drin. Es muss zwingend jemand die Kapsel selbst steuern.

Sonst könnte man die Crew mit einer SpaceX Crew Dragon getrennt abholen und die Kapsel auf gut Glück abdocken.

Das Helium ist übrigens dazu da, dass man die Ventile für den eigentlichen Treibstoff der Steuerdüsen durchpusten und damit öffnen kann. Ohne Helium keine Steuerdüsen. Keine Ahnung wer sich sowas ausgedacht hat, statt die Ventile irgendwie anders mechanisch oder elektrisch zu öffnen.

Ergo sitzt der Metallhaufen nun da oben erst einmal inklusive Crew fest und man hat sich durch das absichtliche ignorieren und nicht-fixen der Helium Lecks vor dem Start mal wieder selbst ordentlich ins Knie geschossen.

Das Schiff hätte m.E. so nie abheben dürfen. Aber wie bei der 737 MAX war scheinbar genug Termin- und Lieferdruck auf dem Kessel. Der Ausgang bei Letzterer ist ja leider bestens bekannt.
 
Zuletzt bearbeitet:

MANAL

Erfahrenes Mitglied
29.05.2010
14.636
9.644
Dahoam
Danke für die detaillierte Erklärung der Probleme. War mir alles nicht bekannt. Eigentlich unglaublich dass man unter solchen Voraussetzungen gestartet ist. Aber scheinbar der übliche verantwortungslose Boeing-Weg.
 

Micha1976

Erfahrenes Mitglied
09.07.2012
5.858
3.808
Die Kapsel hat nämlich noch eine Schwachstelle: Keine Fernkontrolle fürs Abdocken und den Wiedereintritt. Die Kapsel leer runterschicken ist also auch nicht drin. Es muss zwingend jemand die Kapsel selbst steuern.
Das bedeutet, dass das Ding jetzt "unendlich lang" einen Docking-Port an der ISS belegt?
 

Tupolew

Erfahrenes Mitglied
27.09.2012
1.423
504
Auf Tagesschau steht leider nicht der Grund.
[...]
Mit anderen Worten: Eigentlich kann man es nicht mehr riskieren, die Crew damit zurückzuschicken, aber man möchte sich den Missionsfehlschlag (=abstürzende Kapsel) noch nicht eingestehen oder hat Angst vor dem weiteren Gesichtsverlust. Läuft bei Boing
 

chrigu81

Erfahrenes Mitglied
16.02.2016
1.333
1.277
Zürich
Auf Tagesschau steht leider nicht der Grund.

Der ist nämlich nicht ohne.

Die wissen nämlich aktuell nicht, ob sie die Crew in der Kapsel wieder lebend runter bekommen.

Man hatte ja wegen Helium Lecks den Start zuvor Start abgesagt.

Dann hat man beim später erfolgten Start die Helium Lecks bewusst ignoriert und es als akzeptabel hingestellt.

Auf dem Weg zur ISS sind dann - oh Wunder - weitere Helium Lecks aufgetreten, sodass eine ganze Reihe Steuerdüsen deaktiviert werden mussten, um die Leckagen zu stoppen.

Beim Andocken haben dann die Triebwerke Probleme gemacht und es brauchte zwei Versuche. Das war schon ein erster heikler Moment.

Und nun sind wegen der Helium Lecks nur noch 17 von 25 Steuerdüsen einsatzbereit.

Fallen noch weitere Düsen aus, ist je nachdem welche ausfallen ab 14 Düsen die Lagenkontrolle der Kapsel gefährdet, die man ja zwingend zum Abdocken und vor allem für den Wiedereintritt in die Erdatmosphäre und die Landung benötigt.

Nun traut sich keiner die Mühle abzudocken, weil man sonst den Verlust der Crew riskiert.

Die Kapsel hat nämlich noch eine Schwachstelle: Keine Fernkontrolle fürs Abdocken und den Wiedereintritt. Die Kapsel leer runterschicken ist also auch nicht drin. Es muss zwingend jemand die Kapsel selbst steuern.

Sonst könnte man die Crew mit einer SpaceX Crew Dragon getrennt abholen und die Kapsel auf gut Glück abdocken.

Das Helium ist übrigens dazu da, dass man die Ventile für den eigentlichen Treibstoff der Steuerdüsen durchpusten und damit öffnen kann. Ohne Helium keine Steuerdüsen. Keine Ahnung wer sich sowas ausgedacht hat, statt die Ventile irgendwie anders mechanisch oder elektrisch zu öffnen.

Ergo sitzt der Metallhaufen nun da oben erst einmal inklusive Crew fest und man hat sich durch das absichtliche ignorieren und nicht-fixen der Helium Lecks vor dem Start mal wieder selbst ordentlich ins Knie geschossen.

Das Schiff hätte m.E. so nie abheben dürfen. Aber wie bei der 737 MAX war scheinbar genug Termin- und Lieferdruck auf dem Kessel. Der Ausgang bei Letzterer ist ja leider bestens bekannt.
Das Problem mit den Steuerdüsen hat nichts mit dem Heliumleck zu tun. 2 getrennte Probleme. Auch kann Starliner Problemlos ohne Crew runtergeschickt werden. Die aktuell angedockte Kapsel ist dieselbe wie beim ersten Mannlosen Fehlersuch die ISS zu erreichen.
1000023013.jpg
Ansonsten hier eine gute Zusammenfassung zum aktuellen Stand: https://arstechnica.com/space/2024/...eturn-of-starliner-to-review-propulsion-data/

Bei der allgemeinen schlechten Boeing Qualität und die möglichen Risiken für die 2 Astronauten stimme ich zu.
 

chrigu81

Erfahrenes Mitglied
16.02.2016
1.333
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Zürich
Danke für die detaillierte Erklärung der Probleme. War mir alles nicht bekannt. Eigentlich unglaublich dass man unter solchen Voraussetzungen gestartet ist. Aber scheinbar der übliche verantwortungslose Boeing-Weg.
Es wurde wie in der Raumfahrt üblich ein LRR (Launch Readiness Review) unter Aufsicht der NASA durchgeführt. Die Entscheidung zu starten ist nicht die alleinige Verantwortung von Boeing. Ohne Zustimmung der NASA hätte Boeing nicht starten dürfen. Beim LRR wurden die Risiken der Heliumlecks bewertet und besprochen. Diese waren innerhalb der vordefinierten Limits. Das nach dem Start noch viele zusätzliche Lecks und andere Probleme aufgetreten sind, ist eine andere, sehr beunruhigende, Geschichte.
 

Volume

Erfahrenes Mitglied
01.06.2018
11.600
9.353
Das gleiche wie im VW-Skandal. Am Ende passiert viel zu wenig.
Wobei in den USA da deutlich mehr passiert ist, als bei uns! Inclusive bedingungsloser Rücknahme der Autos bei voller Erstattung des Kaufpreises und Gefängnisstrafen.

Wobei es bei uns vermutlich ähnlich gelaufen wäre, wenn Jeep einen Dieselskandal gehabt hätte...

Das Helium ist übrigens dazu da, dass man die Ventile für den eigentlichen Treibstoff der Steuerdüsen durchpusten und damit öffnen kann. Ohne Helium keine Steuerdüsen. Keine Ahnung wer sich sowas ausgedacht hat, statt die Ventile irgendwie anders mechanisch oder elektrisch zu öffnen.
Es geht dabei vor allem um die Zeit am Boden. Du must alle Leitungen inert spülen, bevor du Wasserstoff durchleiten kannst, sonst riskierst du eine Explosion.
Wenn man es am Boden sowieso braucht, kann man es auch im Weltraum so machen, und spart sich z.B. das (zusätzliche) elektrische System.
Ein weiter Punkt der Wasserstoff im Verkehrsflugzeugbereich komplex macht.
 
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