Finde ganz spannend, dass in den Artikeln steht, dass AB dem Tod geweiht wäre, weil sie sich auf Long-Haul konzentrieren werden und das ja noch umkämpfter wäre? Aus welchen Gründen sehen die das so? Weil der Wettbewerb noch internationaler ist? Ich dachte, dass LH deutlich mehr mit Langstrecke als mit Kurzstrecke verdient?
In der Tat verstehe ich diese Neuausrichtung seitens AB noch weniger als die vielen, planlosen Änderungen der letzten Jahre, die uns AB als zeitweise sogar einmal etwas bessere Alternative zur LH bereits genommen haben.
Soweit mir bekannt ist, sind die Langstrecken für die grossen Netzwerkcarrier tatsächlich lukrativ. Obwohl die Luft dünner geworden ist auf Grund neuer Wettbewerber wie WOW, Norwegian, im Grunde auch TK und den Wüstencarrieren. Man sieht das auch daran, dass die First fast durchgehend gestrichen oder reduziert wurde und nun auch LH (Jump) die Business verkleinert.
Dafür benötigen die grossen Airlines ein dichtes Netz an Zubringern. Nur mit Passagieren aus Frankfurt und München könnte LH kaum bestehen (die einzige Ausnahme scheint die Verbindung London-New York zu sein). AB streicht ihr Zubringernetz gerade radikal zusammen und hat demnächst kaum mehr Kurz- und Mittelstreckensitze, denn Langstreckensitze.
LH lebt aber auch vom Netz ihrer Partner in den Zielländern. AA dagegen hat gerade die Codeshares mit AB beendet und mit anderen Oneworld-Partnern hat AB dank Etihad ohnehin nie eine richtige Ko-Operation aufgebaut.
LH lebt auch von Internationalen Anschlussgästen auf der Langstrecke (wie auch die Wüstencarrier mit ihren Hubs), etwa von Fernost an die US-Ostküste. Dank Etihad hat AB aber ihre wenigen Destinationen östlich des Mittelmeeres (ausser natürlich Abu Dhabi) eingestellt.
AB mag ein paar Nischenmärkte, wie DUS-NYC, BER-NYC oder auch touristische Destinationen in der Karibik mit diesem Konzept bedienen können, ohne grössere Anschlussmöglichkeiten auf beiden Seiten. Die A330 ist im Laufe ihrer Bauzeit zu einem sehr guten und immer noch konkurrenzfähigen Flugzeug gereift. Die Maschinen von AB sind früheren Baujahres, also weniger effizient und mitunter vielleicht störanfälliger. Und die 200er Reihe verteilt die Kosten auf weniger Sitze, eine sehr gute Auslastung ist also zwingend zur Kostendeckung, kleinere Gewinne könnte bestenfalls die Business machen (die aber bei AB wirklich sehr klein ist). Wer regelmässig reist und die Business nicht nur als Komfortgewinn für den Urlaub weit im voraus und mit grosser Ermässigung bucht, legt aber wert auf Anschlussverbindungen auf beiden Seiten, höhere Frequenz auf den Routen (also Auswahl bei den Abflugzeiten), Pünktlichkeit und Alternativverbindungen, auf die er im Fall von Problemen umgebucht werden kann. Umbuchungen der Langstreckengäste innerhalb des reduzierten AB-Netzes ohne Partner sind fast unmöglich und Verspätungen werden auf Grund des dichten Flugplans (bisher z.B. die Mallorca-Umläufe der A330 zwischen den Langstrecken) mit durchgeschleppt. Und der ehemals wirklich beste Stammkundenservice der Branche funktioniert bei Problemen halt nicht mehr.
Eine Ausdehnung dieses Langstreckennetzes, nun ohne Zubringer und Partner, halte ich für einen Hirnfurz.
Das, was AB auf ihren wenigen, etablierten Langstrecken anbietet, macht sie sogar ganz gut (eingeschränkt auf ein touristisches Klientel). Sicher besser als Condor und die hat auch erfolgreich einige Nischen besetzt. Und LH scheint nach dem Langstreckenrückzug aus DUS AB diese Nische sogar lassen zu wollen.
Aber wenn z.B. Norwegian es mit dem Langstreckenangebot ab DUS wirklich ernst meint: die können AB jederzeit unterbieten und können doch alles gegen Bezahlung anbieten, was AB auch aus dem Service ohne Zuzahlung bereits ohne Not gestrichen hat. Dann ist selbst das heutige Langstreckennetz von AB ganz schnell eine neue Belastung.
Das kommt hier von jemandem, der seit vor der Übernahme von dba und LTU bereits gerne und viel AB geflogen ist, auch geschäftlich, auch Business-Langstrecke (die zu Beginn das Zeug gehabt hätte LH richtig herauszufordern, wenn man es richtig gemacht hätte).