Also mir hat der Anwalt meiner RS-VS erklärt, dass ein Insolvenzverwalter zum jetzigen Zeitpunkt aus insolvenzrechtlichen Gründen nicht auf Rückforderungsschreiben reagieren wird, was mir logisch erscheint. Allerdings meinte er auch, wenn ich mich recht entsinne, dass man als Gläubiger trotz Chargeback auch mit zukünftigen Rückforderungen durch den Insolvenzverwalter rechnen müsste. Denke die Banken wollen sich da nur jede Menge bürokratischem Aufwand vom Hals halten.
Ohne Ihrem RA (Rechtsanwalt) zu Nahe treten zu wollen, findet man doch recht widersprüchliche Angaben verschiedener RA zu diesem ganzen Thema. Je nachdem, auf welchem Gebiet die jeweiligen RA spezialisiert sind (z.B. Insolvenzrecht, Vertragsrecht, Kreditkartenrecht), werden Sie unterschiedliche Sichtweisen hören, die durch das jeweilige Spezialgebiet des RA geprägt sein werden. Dies unterstreicht, dass hier spezielle Umstände vorliegen, die aktuell nicht ausreichend klar geregelt sind bzw. einen zu hohen Auslegungsspielraum ermöglichen, im Alltag wohl üblicherweise als „Grauzone“ bezeichnet. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass auch bei anderen Fluglinieninsolvenzen sehr viele Kunden ihr Geld über Chargeback zurückbekommen haben (auch ohne nachträgliche Forderungen), und das m.E. zu Recht:
Nach meinen Recherchen habe ich folgende Ansicht:
In dem Moment, wo ich einen Flug bei der Germania gebucht habe, entstehen Erfüllungspflichten meinerseits (z.B. Bezahlung meiner Tickets) und Erfüllungspflichten von Germania (z.B. meine gebuchte Flugleistung durchzuführen). Es ist entscheidend zu verstehen, dass es sich beim Chargeback Verfahren NICHT um eine einseitige Rückabwicklung des gesamten Geschäfts (d.h. die Flugbuchung bzw. den Ticketkauf) handelt, sondern vielmehr nur um eine Rückabwicklung meines Erfüllungsvorgangs mit meiner Kreditkarte (d.h. die Erfüllung meiner Zahlungspflicht gegenüber Germania).
Diese Rückabwicklung MUSS die Bank für mich durchführen, sofern ich die erforderlichen Nachweise gemäß VISA Vorschriften vorlege (d.h. Nachweise, aus denen hervorgeht, dass die bezahlte Leistung nicht erbracht wird). Als Folge der ausgelösten Rückabwicklung erhalte ich unverzüglich eine Wiedergutschrift des belasteten Betrags.
Sollte der Aquisiteur (d.h. die Bank der Germania) mit der Rückabwicklung nicht einverstanden sein, so kann er als Reaktion darauf ein Schiedsverfahren einleiten, indem über die Berechtigung des Chargebacks entschieden wird. Eine erfolge Wiedergutschrift steht daher IMMER erstmal unter dem Vorbehalt, dass der Aquisiteur entweder der Rückabwicklung nicht widerspricht ODER im Schiedsverfahren unterliegt. Der entscheidende Punkt dabei ist, dass im Schiedsverfahren die Beweislast dann beim Aquisiteur liegt. Dieser muss nachweisen, dass die ursprüngliche Belastung berechtigt war, für den konkreten Fall einer Flugleistung einen Nachweis darüber vorlegen, dass der Flug stattfindet und der Name des Passagiers gemäß Ticket im Passagierverzeichnis von Germania gelistet ist (was so ziemlich ein Ding der Unmöglichkeit ist, wenn die Airline insolvent ist und der gebuchte Flug von ihr nicht mehr stattfindet).Als Folge dessen kann der Aquisiteur keinen gültigen Nachweis darüber vorlegen, dass die Leistung erbracht wird, und der Chargeback fällt schließlich erfolgreich für den Karteninhaber aus.
Ist dieser Prozess abgeschlossen, haben wir also einen Zustand erreicht, indem sowohl der Kunde als auch Germania ihre Erfüllungspflichten aus der ursprünglichen Buchung beide nicht erfüllt haben.
Die Bezahlung mit Kreditkarte und Nutzbarkeit des Chargeback Verfahrens z.B. von VISA hat also den entscheidenden Vorteil gegenüber anderen Zahlungsmitteln, dass sie (theoretisch) einen klar geregelten Weg gehen können, um einen Zustand herzustellen, bei dem nicht nur Germania sondern auch sie ihre Erfüllungspflichten noch nicht geleistet haben.
Eine ggf. erneute Belastung ihrer Kreditkarte (nach o.g. erfolgreichem Chargeback) durch Germania können sie sehr leicht widerrufen. Nicht mehr über die Begründung "nicht erbrachte Leistung" sondern über die Begründung "nicht autorisierte Zahlung". Das geht dann sicher auch deutlich schneller als beim ersten Mal
Germania oder ein Vertreter Germanias (z.B. Insolvenzverwalter) könnte sie natürlich im Anschluss daran auf Nichterfüllung verklagen, was aber vor keinem Gericht standhalten würde, da sie ihre Nichterfüllung stets mit der Nichterfüllung durch Germania begründen werden. Bedenken Sie zudem den Klageaufwand, der entstünde, wenn der Insolvenzverwalter diesen Weg gegenüber hunderten (tausenden?) Germania-Kunden, die ihr Geld über Chargeback zurückgeholt haben, in Einzelverfahren gehen müsste.