So, jetzt kommt mein Bericht über fast 1 Monat Talfahrt von meinem achso lebenswichtigen SCHUFA-Score. Angefangen hat es mit dem vorbildlichen Quartalscore
99,17% (Auskunft laut kostenloser Datenkopie). Eingetragen waren das DKB Konto und die nun kostenpflichtige Kreditkarte, beides vom 2010, außerdem zwei Anfragen von Tibber zwecks Zahlungsmetode Rechnung.
Am
Tag 1 habe ich dann den Schufa-Zugang bestellt, durfte ihn aber weitere 6 Tage (20% der Zeit) nicht nutzen, weil ich auf die langsame Post wegen des Super-PINs warten musste. Scharlatanismus pur. Ich bat um telefonische Klärung und es wurden ernst beantwortet, dass ich zwar noch keine Daten einsehen kann, aber doch schon den Online-Zugang testen kann.
Gleich am Tag 1 habe ich die Kreditkarte von Norwegian beantragt, die derzeit alles vereinigt, was ich wollte: rund um und weltweit kostenlos inkl. ATM und auch mit Lastschrift. Der Score war perfekt, die Norwegian hat die Anschriftenermittlung und Bonitätseinschätzung angefragt. Im Norwegian Vertrag, den man in der App unterschreiben musste, aber nicht speichern konnte (unseriös), wurde anhand meiner Angaben ein sehr guter Kreditrahmen vorgeschlagen. Die Unterlagen aus der App konnte man nicht herunterladen. Am
Tag 2 wurde ich dann aufgefordert, 3 letzte Kontoauszüge zu schicken. Innerhalb von 40 Minuten kam dann die Absage - wohl deswegen, weil ich nicht angestellt bin. Daraufhin habe ich die Geschäftsbeziehung vollständig widerrufen, inkl. Tagesgeldkonto.
Am
Tag 2 gleich danach habe ich die TF Mastercard Kreditkarte beantragt und die Entscheidung kam gleich online. Am
Tag 3 wollte die Bank per Mail nochmal die Anmeldebestätigung. Die Karte war am
Tag 4 im Briefkasten. Während der nächsten Woche wollten sie noch 2-3x "ein
e FOTO" von der Meldebescheinigung, die PDF Datei war unzulässig. Die Karte wurde erst am
Tag 10 nach ewigem hin und her freigeschaltet, 6 Tage nach deren Erhalt. Wichtig ist da, die Nerven nicht zu verlieren und stets freundlich aber bestimmt zurück zu antworten.
Am
Tag 7 konnte ich erstmalig meinen Score sehen: er lag noch bei hervorragendem 98,51%. Dann habe ich gewartet, bis ich die TF Karte nutzen konnte, da es hier auch die Fälle gab, dass die Solaris Bank nicht mitmachen wollte. Die Karte wurde am
Tag 13 eingetragen, der Score sank auf 98,35%. Am selben Tag habe ich die Löschung von den Datensätzen von der Norwegian Bank beantragt und den Widerruf angehängt.
Am
Tag 12 habe ich die Kreditkarte von der DKB gekündigt und am
Tag 14 deren Löschung beantragt. Mein Score FIEL daraufhin
am
Tag 15 fast um 2 Prozentpunkte und ich habe die beste Gruppe endgültig verlassen - 96,64%. In diesem Moment war es mir endgültig egal, was mit meinem Score passiert. Bzw.noch präziser formuliert - das komische System hat mich erst dazu motiviert, den Score nun endgültig auf einen Schlag in den Keller zu fahren und möglichst viele Produkte zu bestellen und miteinander zu vergleichen. Am selben Tag gab es die einzige faire Bonitätsanfrage - von der Hanseatic wegen der Deutschland Kreditkarte - diese hatte laut Schufa keine Auswirkungen auf den Score. Technisch geht es also, nur die Banken wollen es nicht nutzen.
Am
Tag 16 ging´s dann weiter mit dem ING Konto OHNE Dispo und Advanzia Kreditkarte - Fall in die nächste Gruppe auf 93,52%. Hierbei fängt die Schufa mit der Beleidigung an, formuliert es aber so, dass es vom Gericht keinen Bestand hätte:
"In Ausnahmefällen kann es zu Zahlungsausfällen gekommen sein." Inzwischen hat die Hanseatic die Kreditkarte eingetragen, woraufhin der Score auf 91,89% fiel. Dann hat die ING das Konto eingetragen - fast keine Änderung: 91,87%.
Am
Tag 20 habe ich ein Girokonto bei der Sparda Nürnberg angefragt: Verlust von über 3% Punkten - 88,24%. Das Girokonto wurde am
Tag 21 auch eingetragen: 88,17%. Am
Tag 22 hat auch die Advanzia die Kreditkarte eingetragen: Fall auf 86,32% und somit ganz kurz vor dem nächsten Verfall. Dieser wurde am
Tag 24 vollzogen, weil ich es mir erlaubte, ein Girokonto bei der Sparkasse Karlsruhe anzufragen:
83,46%. Die Beleidigungen erreichen ein neues Grad:
"In dieser Scoreklasse sind Personen mit eher kürzeren Geschäftsbeziehungen, die noch nicht sehr aussagekräftig sind. Es kann höhere finanzielle Belastungen geben, z.B. durch Ratenkredite oder Rechnungskäufe. Zudem kann es bereits zu Zahlungsausfällen gekommen sein." Einzig der letzte Satz trifft auf mich hierzulande zu:
"Offene Beträge wurden aber beglichen." Am
Tag 25 hat dann die Sparkasse ein Konto gelöscht, weil sie bei mir aufgrund eines technischen Problems zwei geöffnet hatte. Keine Änderung beim Score.
Fazit: Die Schufa speichert irrelevante Daten und die relevanten Daten hingegen nicht. Bereits eine ANFRAGE, ein Interesse an einem Produkt ohne zu wissen, ob es zum Vertragsabschluss kommt oder nicht, drückt den Score erheblich nach unten. Ein Paar Klicks bei den Vergleichsportalen und schon ist der Score futsch. In den 60ern war so etwas vielleicht logisch - es gab kein Internet und es war nur unterwegs möglich, viele Anfragen zu machen. Wenn es dann nicht zu einem Vertragsabschluss kommt, speichert die Schufa die Daten trotzdem und das für willkürlich gesetzt ein Jahr. Das ist pure Willkür und eine Ignoranz des Widerrufsrechts, das jedem zusteht. Ich verstehe nicht, warum es in diesem Land offensichtlich vielen egal ist oder sich die Institutionen, die auf der Kundenseite stehen, nicht zusammentun und nicht eine Sammelklage einreichen.
Die relevanten Daten wie Dauer einer Geschäftsbeziehung speichert die Schufa nach der Kündigung jedoch eben nicht. Ich möchte mir es gar nicht ausmalen, wie weit sehr nach unten mein Score nach unten gedrückt würde, wenn ich die mittlerweile katastrophale DKB gekündigt hätte. Dann sehe ich mich erstmal gezwungen, einen unnötigen Vertrag erstmal weiterzuführen, sonst fällt mein Score auf einen Wert von neu ankommenden Bürgern - alle neue Produkte wurden in den letzten drei Wochen abgeschlossen. Meine Adresse wurde 2020 eingetragen. Dass die alten Daten komplett gelöscht werden und nicht irgendwie anonymisiert weitergeführt werden, stellt eigentlich auch bei dem bestehenden Verfahren eine Diskriminierung dar, da ohne diesen Datensatz mein Score so berechnet wird, als wäre ich ins Land neu angekommen. Natürlich schwierig vor Gericht, weil anhand des scharlatanmäßigen mathematisch-statistischen Verfahren ist eine Vergleichsperson nicht nachweisbar.
Nun bin ich im Modus "ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ungeniert" und möchte so viele Prämien wie möglich absahnen und die Vorteile des perfiden Systems nutzen. Allerdings lese ich auch von Fraud-Meldungen an die Schufa. Das macht einem richtig Angst, wie mächtig die Banken sind und da fürchte ich natürlich auch um meine Existenz. Schließlich möchte ich meine Kreditkarten behalten, weil ich tatsächlich Vielflieger bin und nicht irgendwo auf einem anderen Kontinent ohne Zahlungsmittel sein möchte, wenn eine Karte geklaut oder nicht rechtmäßig gesperrt wird.
Übrigens waren in meinem Datensatz drei alte Adressen: alle älter als 5 Jahren. Ich habe alle löschen lassen und es wirkte sich auf den Score gar nicht aus. Dann habe ich die Eintragungen von der Norwegian löschen lassen und bin damit vorerst gescheitert.
Ich bedanke mich an alle Leute, die hier und in anderen Threads ihr Wissen weitergeben, es hat mich sehr viel geholfen. Ich komme auch immer wieder nicht aus dem Staunen, wenn es hier verständnisvolle Kommentare Richtung Schufa gibt, mal ausgenommen, wenn Ihr für die Schufa/eine Bank arbeitet... Meiner Meinung macht das System Sinn bei Eintragungen von Schulden und bei nicht bezahlten Angelegenheiten. Aber weitreichende Schlüsse nur aufgrund einer Kontenanzahl (auch im Guthaben geführt!), finde ich übertrieben und nicht zeitgemäß. Es ist natürlich ein Schutz vor der Konkurrenz, dass ein Bankenwechsel schwierig sein kann. Und ja: der einfachste Kunde für die Banken ist derjenige, der ein einziges Konto sein ganzes Leben hat, sich gar nicht informiert, fleißig zahlt und niemals wegzieht. Also schön gehorsam auf die Institutionen hören, egal ob in staatlicher oder privater Hand. Der "kleine Mann" pur, wie die Politik (un)schön sagt. Und derjenige, der gerne (für sich!) testet, sich über den neuesten Stand informiert und anhanddessen seine Entscheidungen trifft, wird bei dem geheimnisvollen Scoreverfahren benachteiligt. Eigentlich gehört das Verfahren so konzipiert m.E.nach komplett verboten, die bestehenden Gesetze reichen aus, aber natürlich ist die Bankenlobby sehr stark und es wird noch etwas dauern. Das Problem ist aber wie auch hier immer wieder diskutiert - auch ich werde es nicht durchziehen, weil ich mein Leben habe und nach der Testphase wieder arbeiten muss und schlicht keine Zeit auf die Verfahren habe, um Geld zu verdienen. Ein Teufelskreis.