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Bemerkt der geschädigte Kunde den Betrug zeitnah, besteht die Möglichkeit, das Empfängerkonto entsprechend zu sperren und eine Verfügung zu verhindern, wobei es sich bei den Empfängern häufig um Finanzagenten handelt.
Die Sperrung der Guthaben bzw. die Rücküberweisung können durch einen Rückruf des Auftraggeberinstituts mit einer Haftungsfreistellung gegenüber dem Empfängerinstitut vereinfacht werden. Die Haftungsfreistellung schützt das Empfängerinstitut vor eventuellen Regressansprüchen des Begünstigten, da ein Rückruf nach Gutschrift auf dem Empfängerkonto grundsätzlich nicht mehr möglich ist und der Empfänger einen Herausgabeanspruch hat.
Eine rechtliche Verpflichtung des Empfängerinstituts zur Herausgabe der Gelder an das Auftraggeberinstitut besteht nicht. Auf jeden Fall sollte die Erstattung einer Verdachtsanzeige nach § 11 GwG durch das Empfängerinstitut geprüft werden. Dem Geschädigten ist die Erstattung einer Strafanzeige zu empfehlen. Diese erleichtert den Ermittlungsbehörden die Zuordnung und Weiterverfolgung des Vorgangs erheblich. Ausländische Empfängerkreditinstitute sollten per SWIFT-Message auf derartige Vorgänge hingewiesen werden, um ihnen die Möglichkeit der Sperrung von Guthaben zu geben. Das Prozedere ist dann abhängig vom Einzelfall zu klären."
http://anti-betrug.de/Sonstiges/Hilfsdokumente/Finanzbetrug Manuskript Uli Schmid.pdf
Der Autor ist vermutlich jemand, der auch im Sparkassenverlag 2007 mal ein Buch zu Geldwäsche veröffentlicht hat.
Hier haben wir also eine quasi autoritative Quelle, dass die Empfängerbank gerade in diesen Konstellationen das Geld eben nicht einfach so herausrücken muss. Auch eine Anzeige durch das Empfängerinstitut ist nicht verpflichtend. Die Empfängerbank hat den jeweiligen Einzelfall zu entscheiden. (Wenn eine Behörde entgegen der Rechtslage so täte, als könnte sie nur so und nicht anders, wäre das Ermessensnichtgebrauch.)
Diese mysteriöse Haftungsfreistellung kann ausschließlich zwischen den beiden Banken wirken und der Zahlungsempfänger nicht auf das Institut des Zahlers verwiesen werden. Denn eine Schuldübernahme gegenüber dem Fidor-Kunden (bei dem der Anspruch auf Auszahlung von Fidor auf die Postbank überginge) wäre natürlich nur dann wirksam, wenn der Fidor-Kunde als Gläubiger dem zugestimmt hätte.
Zur "Rücküberweisung mit Haftungsfreistellung" findet man verdammt wenig. Denkbar wäre, dass dies ein Gentlemen's Agreement zwischen deutschen Banken jenseits des SEPA Recall/SCT Recall ist, das noch nicht auf die Gerichtsfestigkeit geprüft wurde, weil das allen Beteiligten unangenehm wäre und man auch kein Institut verklagt, mit dem man später noch zusammenarbeiten möchte. Geschäftsbanken müssen verstehen, dass es jenseits von "Finanzagenten" und "Phishing" eben auch "Friendly fraud" gibt, und auch mal der Zahler und nicht der Zahlungsempfänger möglicherweise unehrlich ist.
Vielleicht ist das ja ein Grund, vermehrt auf ausländische europäische Acquirer und Institute zu setzen, denen man auch vertraut. Da weiß man dann, dass die nackten SEPA-Regeln gelten (und genau das ist ja auch ein Grund für die Existenz von SEPA - dass es Wettbewerb in Europa gibt, dass Regeln klar sind und dass man auch wechseln kann).
Gentlemen's Agreements gibt es im Geschäftsleben häufiger, als der Durchschnittsverbraucher denkt, so etwa auch im ÖPNV.