Ich bin ehrlich gesagt etwas irritiert über diverse Posts zu dem Interview, allen voran denen der User mayrhuber und niemals_in_new_york. Für mich schwingt hier mit, dass das Interview nur gut gewesen wäre, wenn es die Interviewpartner bei Miles&More "in die Pfanne" gehauen hätte und Oliver2002 als auch ich als die Robin Hoods der durch die Programmänderungen negativ Betroffenen gespielt hätten.
Natürlich gab es im Verlauf der Interviews kritische Nachfragen, Maßstab für mich z.B. war, ob für die LH das Kalkül der Programmänderungen in 2012 nun rund ein Jahr nach deren Inkrafttreten auch aufgegangen ist. Die klare Antwort hierzu war "ja" - man habe im Prinzip keine HONs verloren, die vor der Programmänderung bereits HON waren und die aus Sicht von Miles&More auch weiterhin diesen Status haben sollen. Dass diese Aussage mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit zutreffend sein wird, bestätigt die Aussage z.B. meiner Kontakte bei der SWISS, dass man mittlerweile zwar deutlich weniger Business Saver verkaufen würde, bei den treuen Kunden aber seit September 2012 nun deutlich mehr Tickets in der D-Klasse.
So blöd es jetzt klingen mag - aber die Rechnung in Hinblick auf die Programmänderungen in 2012 scheint für Miles&More aufzugehen. Selbstverständlich fühlen sich die Programmverantwortlichen in ihrer Strategie bestätigt, und sie werden folglich - egal wie kritisch man nachfragt - wohl kaum etwas anderes auf zu dieser Runde an Programmänderungen sagen.
Selbstverständlich hat z.B. west-cushing mit seiner Aussage Recht, dass Miles&More sicherstellen möchte, dass Passagiere mit günstigeren Tickets zukünftig weniger Meilen erhalten, aber so viel Anstand und Respekt gegenüber einem Interviewpartner gebietet sich schon, dass man akzeptiert dass man es als Programmverantwortlicher natürlich anders herum formuliert.
Genauso wenig werden sich die Programmverantwortlichen an anderer Stelle Worte in den Mund legen lassen, die sie so auch nie gesagt haben - Andreas Koch als auch Harald Deprosse wissen sehr genau, was sie mit welcher Motivation tun, und stehen nunmal zu 100% hinter den Programmänderungen. Zweifel, dass etwas hier nicht wie geplant funktionieren könnte, waren während des Gesprächs an keiner Stelle zu erkennen.
Was im Gesprächsverlauf relativ klar herausgekommen ist - seitens Miles&More gibt es zwei Programme, mit denen man sich primär im Wettbewerb sieht, und dies sind AF/KL Flying Blue als auch BA Executive Club. Die Strategie von BA, in Hinblick auf die gezahlten Tarife innerhalb der jeweiligen Beförderungsklasse (zumindest auf dem Metall der Joint Venture Partner) nicht zu differenzieren, möchte man keinesfalls bei Miles&More wieder einführen - im Gegenteil, man blickt hier eher auf Flying Blue und die ziehen das Schema mit 25% Meilengutschrift auf günstige Tarife nunmehr seit über 4 Jahren hemmungslos durch.
Damit wäre auch die hier gestellte Nachfrage beantwortet, warum denn die Kunden weiterhin LH & Co. fliegen sollen. Im Interview wäre (wenn man diese Frage mit aufgenommen hätte) mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit dann nur die aus 2012 bereits bekannten Aussagen zu Produktverbesserungen, Flottenerneuerung, Non-Stop-You & der LH-Qualität zu finden gewesen (egal ob man diese jetzt als Kunde teilt oder nicht).
Nur weil die Antworten seitens Miles&More manchen Usern hier "aalglatt" erscheinen, bedeutet noch lange nicht, dass das Interview wertlos ist - im Gegenteil. Da aber einige User hier Probleme haben, sich selbst ihr Executive Summary zusammenzustellen, reiche ich dieses gerne nach:
- Genauso wie in der Business Class gilt künftig auch in der Economy Class eiskalt: Wer mehr zahlt, bekommt mehr. Wer wenig zahlt als den Punkt bei dem LH&Co. Geld verdienen (=zukünftig definiert als H-Klasse auf der Langstrecke) muss mit einer deutlich schlechteren Meilengutschrift (=Rabattierung seines Flugtickets) auskommen.
- Die Änderungen bei Miles&More betreffen nicht nur Lufthansa, sondern auch die restlichen Partnerairlines (wenn auch schrittweise). Wer also mit preisgünstigeren Tickets unterwegs ist, sollte sich mit einem Wechsel des Vielfliegerprogramms auseinandersetzen.
- Genauso ist im Rahmen der Vertragsanpassungen zwischen LH und deren Partnern zu erwarten, dass die Meilengutschriften für Flüge der LH-Group auch in den Partnerprogrammen wie z.B. A3 Miles&Bonus, TK Miles&Smiles, AC Aeroplan, UA Mileage Plus & Co. innerhalb der nächsten 3-6 Monate eine Anpassung nach unten erfahren werden. Wer nach einem neuen Vielfliegerprogramm sucht, da die Programmänderungen bei Miles&More nicht gefallen, sollte sich also auch damit auseinandersetzen, mit welcher Airline man künftig fliegen möchte.
- Wer HON, SEN und FTL ist und eher mit teureren Tickets auf den vollintegrierten Partnern unterwegs ist (=F, A, J, C, D, Y, B, M, H) dürfte bei Miles&More weiterhin gut aufgehoben sein. Mit den ab 2014 kommenden weiteren Statusbenefits wird zu Gunsten dieser Kunden umverteilt, zu Lasten der Kunden die auf günstigeren Tickets nun weniger Meilen bekommen.
- Das Interview liefert einen guten Ausblick, was in 2014 mit Einführung der Premium Economy in Hinblick auf Miles&More zu erwarten ist.
- Bis auf die T-Klasse im Europaverkehr bleibt zumindest die Upgradefähigkeit der Tarife unverändert gegeben.
- Prämien in der LH First Class bleiben für alle M&M Mitglieder weiterhin buchbar
Damit sehe ich genau den Zweck des Forums (egal ob Vielfliegertreff und Flyertalk) erfüllt, nämlich dass man als Vielflieger eine informierte Entscheidung treffen kann, die notwendigen Hintergrundinfos dafür hat und somit dann seine Reisen weiterhin möglichst angenehm gestalten kann bzw. die Weichen für die Zukunft richtig stellen kann (indem man sich sofern notwendig auch mal mit den anderen Programmen auseinandersetzt, wenn einem nicht gefällt, was Miles&More dort macht).
P.S.: Was das Thema nachträgliche Meilengutschrift bei vor dem 19.09.2013 ausgestellten Tickets betrifft: So wie es im Interview steht, wird es auch gelten - ungeachtet falscher Aussagen des Kundendialogs.