Der gesunde Menschenverstand sagt einem, dass einiges im Argen liegt:
Beispielsweise platzt der Andrang bei den Tafeln aus allen Nähten.
"Armut in Deutschland - Tafeln am Limit" - focus.de vom 16.07.2023
Ich stelle sicherlich nicht infrage, dass einiges im Argen liegt, sondern versuche gerne, die immer wieder vorgetragenen Statements ein wenig differenziert zu betrachten und den Sachverhalt nicht nur oberflächlich zu betrachten. Denn im Argen liegt schon immer etwas und viele dieser Aussagen höre ich eben schon 1:1 so seit ich denken kann. Das bedeutet aber sicherlich nicht, dass deswegen nichts schlecht läuft und vieles besser sein könnte. Aber gerade weil es diese Aussagen schon immer gab, interessiert mich, ob es messbar wirklich so viel spürbarer schlimmer geworden ist. Denn massive Einschränkungen in vielen Bereichen des Lebens für die Einkommensschwächsten der Gesellschaft hat es schon immer gegeben.
Daher danke für deinen Verweis auf die Tafeln, deren Zustrom sicherlich ein guter Indikator ist. Fällt mir in der Darstellung aber ein wenig schwierig, in dieser Absolutheit zu beurteilen. Denn ebenso findet man auch einen massiven Zustrom von ukrainischen Flüchtlingen bei den Tafeln, was in der Folge wieder schön aufzeigt, warum man Bürokratie abbauen und schnelleren Zugang zum Arbeitsmarkt vereinfachen sollte. Schaue hier bei Gelegenheit mal ein wenig genauer in die von den Tafeln veröffentlichten Zahlen.
Ich weiß, einige leben im feinen Einfamilienhaus am Waldrand von Kleinkleckersdorf und vermuten, deren heiles Dorfleben sei der Maßstab für ganz Deutschland. Hier schreiben ja teils sehr wohlsituierte Personen. Dutzende Immobilien im Besitz (der "fliegende Rechtsanwalt" als Beispiel), Unternehmer, Millionäre. dann kann man das Ganze aus einer anderen Perspektive betrachten. Ist schließlich gesellschaftlich auch sehr "in" für unbegrenzte Einwanderung zu stehen.
Ich wüsste nicht, warum ich keine Meinung zu Themen haben soll, nur weil ich mittlerweile gut situiert lebe. Nur weil ich meine Bildungsmöglichkeiten, die jeder andere auch hatte, über Jahre genutzt habe (und dabei massive Einschränkungen in Kauf nehmen musste), heißt das doch nicht, dass ich nicht trotzdem selber Eindrücke gesammelt habe oder über das Vereinsleben, Familie und unmittelbares Umfeld wie den Freundeskreis entsprechenden Einblick erhalte.
Verstehe auch nicht, was das auf einmal damit zu tun hat, für unbegrenzte Einwanderung zu stehen. Daher ist das für mich an der Stelle wieder mal nur ein polemisch er Einwurf. Und davon mal ab, wo ist es denn politisch und gesellschaftlich (d.h. bei einem Großteil) populär und unbegrenzte und unkontrollierte Einwanderung zu stehen?
Ich habe mal gelernt, in schlechten Zeiten muss man das Geld zusammenhalten. War das alles falsch? Scheinbar, denn wenn ich nach Berlin blicke kann ich nur noch kot***
Selbst mir als Nicht-Volkswirt ist klar, dass es auf dieser Ebene doch ein wenig komplexer ist, als das durchaus sinnvolle Verhalten einer Privatperson auf einen Staat zu übertragen. Sollte wohl auch klar sein, dass es beispielsweise in Zeiten einer Hochkonjunktur sinnvoll sein kann, Investitionen zurückzuhalten und die Wirtschaft machen zu lassen, um dann in einer Rezession mit vollen Händen zu auszugeben und zu investieren. Ja, auch das ist natürlich absurd vereinfacht dargestellt, aber ich verstehe immer nicht, wie man sich so undifferenziert zu so einfachen Logik-Verkettungen und Stammtischparolen hinreißen lassen kann, statt mal zu überlegen, ob da nicht noch ein wenig mehr dahinter stehen könnte als: Schlechte Zeiten -> Ich muss sparen -> Berlin gibt aus -> Ich kotze.
Sicherlich kann man die Ausgabepolitik der Regierung kritisieren. Mache ich auch, denn ich bin an vielen Stellen auch nicht damit einverstanden, für was das Geld geradezu rausgeblasen wird. Aber dann doch bitte ein wenig begründet.
Vielleicht liegt es daran dass Deutschland vor 20 Jahren auch schon nicht "wohlhabend" war?
Das hängt sicherlich auch damit zusammen, was man als wohlhabend definiert. Und in welcher Relation. Zeitlich gesehen im Vergleich zum Deutschland vor 30 Jahren? Zu unseren europäischen Nachbarn? Sind es die individuellen Vermögenswerte? Ist es die verfügbare Infrastruktur, das Bildungssystem, Sozialsystem, Aufstiegsmöglichkeiten, Wertesystem, usw.? Ist es die Lebensqualität und der Lebensstandard des Einzelnen? Ist es das verfügbare Einkommen im Vergleich zu den Lebenshaltungskosten?
Ich bleibe bei meinem persönlichen Eindruck der Tendenz der letzten Jahre. Die Lebensqualität und der Lebensstandard sowie das Konsumverhalten sind über alle Gruppen auf lange Sicht kontinuierlich gestiegen. Auch im Vergleich zu den europäischen Nachbarn sehe ich nicht, dass sich hier großartig etwas verschoben hat.
Und nochmal: Das heißt nicht, dass es deswegen keine großen Probleme gibt, die angegangen werden müssen. Aber die immer wieder vorgetragenen Untergangsszenarien gab es schon immer und bisher sehe ich keine Tendenz, dass es auf einmal so gravierend dramatischer wäre, als es das nicht sowieso schon immer war.
In Österreich und auch in Deutschland hat meiner Meinung nach jeder die Chance, dass aus ihm etwas wird, nur muss man die Chance halt nutzen...
Es ist immer einfach, dem Staat für sein eigenes Versagen die Schuld zu geben...
Volle Zustimmung!