Flugpreise sind gemacht um von A nach B zu kommen. Und nicht nach C.
Fiktives Beispiel: Bei Air France kommt man auf die Idee, ein sehr kundenfreundliches und simples Tarifsystem einzuführen; in einem Satz dem Kunden erklärbar:
"Flugpreis = 0,10 Euro je Entfernungskilometer Luftlinie zwischen Start und Zielort".
Dann zahle ich für Hamburg(-CDG-) Hannover also 15 Euro (für 150 km).
Das wird der BGH niemals kippen können, dass AF dann nachfakturieren darf, wenn ich schon in CDG aussteige (730 km = 73 Euro)
Dieses schöne Gedankenspiel habe ich während eines kleinen winterlichen Spaziergangs nicht aus dem Kopf bekommen. Warum ist das so einleuchtend, was Du schreibst?
Nun, was die ganze Geschichte so schwer greifbar macht, ist der absurde Umstand, dass für ein Mehr an Leistung ein Weniger an Geld verlangt wird. Für eine solche Absurdität fällt mir kein weiteres Beispiel ein, und man könnte es sich leicht machen und sagen: Wer sich so etwas ausdenkt, muss eben damit leben, dass jeder Kunde mit einem IQ jenseits der Frostgrenze klüger handelt.
Die Airlines aber sagen: nein, das ist nicht absurd, denn es gehe nicht um ein Mehr an Leistung (A-B plus B-C), sondern um eine ganz andere Leistung (A-C via B). Dieses Wortspiel ändert allerdings nichts daran, dass die zwei Segmente teilbar sind und für sich allein gesehen eine sinnvolle Leistung darstellen. Die Beförderung A-B bleibt eine Beförderung A-B, es kommt nur B-C noch hinzu.
Jetzt sagst Du,
rotanes, ohne Taschenspieler-Tricks: A-C via B kostet 15 € und A-B 73 €. Daran ist nichts Absurdes mehr, weil Du nicht am werkvertraglichen Leistungsgegenstand herumdefinierst, sondern schlicht den Berechnungsmodus für den Werklohn änderst: ein Mehr an Luftlinie zwischen Start und Ziel löst wieder ein Mehr an Beförderungspreis aus. Routing-Freaks kennen einen ähnlichen Dreh aus der verhassten HIP-Regel (higher intermediate point): Wer einen Stopover an einem Ort einlegen will, zu dem der Tarif höher wäre, muss diesen höheren Preis bis zum eigentlich günstigeren Endziel bezahlen.
Warum stößt uns dieser Berechnungsmodus nicht auf? Weil sowohl in Deinem Gedankenspiel als auch beim HIP check der Preis für die Routenänderung von vornherein klar ist. Der Fluggast kennt den Preis pro Kilometer Luftlinie und kann danach entscheiden, was er an Beförderung beansprucht.
So frei geben sich LH und Konsorten hingegen nicht. Sie wollen die tatsächlich geflogene Flugstrecke berechnen, gleichzeitig aber eine Vorleistung des Fluggasts auf die gebuchte Flugstrecke. Deshalb halten sie sich eine Nachberechnung offen, dies jedoch ohne auch nur ansatzweise über die möglichen Kosten bei einem ungeplanten Routenwechsel aufzuklären. Dabei spricht sehr viel dafür, dass der Fluggast einen anderen Flug gebucht hätte, wenn ihm zum Zeitpunkt der Buchung gesagt worden wäre, dass SEA-FRA allein 2.500 statt 250 € bis OSL kostet.
Soll heißen: LH müsste bei der Buchung angeben, wieviel die denkbaren abweichenden Routen kosten und sich auch insoweit das Einverständnis des Fluggasts abholen. Im einfachsten Fall hieße das also neben A-B-C auch noch A-B und B-C einzeln, bei einem RT neben OSL-FRA-SEA-FRA-OSL auch noch 1) OSL-FRA, 2) OSL-FRA-SEA, 3) OSL-FRA-SEA-FRA, 4) FRA-SEA, 5) FRA-SEA-FRA, 6) FRA-SEA-FRA-OSL, 7) SEA-FRA, 8) SEA-FRA-OSL und 8) FRA-OSL (hab ich eine Kombination vergessen?). Alles andere läuft auf eine einseitige Leistungsbestimmung hinsichtlich des nachberechneten Flugpreises hinaus – und kann mit den üblichen Mitteln abgeschossen werden.