LH stellt bei Nichteinhaltung der Couponreihenfolge nachträglich Differenz in Rechnung

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rcs

Gründungsmitglied
Teammitglied
06.03.2009
27.568
4.718
München
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So, um jetzt etwas Licht ins Dunkel zu bringen was die Rolle der Reisebüros betrifft:

Grundlage der Zusammenarbeit zwischen Airline und Reisebüro sind eine etwaige Verkaufsvereinbarung zwischen Airline und Reisebüro, die einschlägigen IATA Resolutionen sowie die von der Airline veröffentlichte Booking Policy. Auf dieser Basis lässt die Airline Reisebüros Flüge buchen (egal ob NON-IATA Reisebüro ohne Ticketausstellungsmöglichkeit oder IATA-Reisebüro mit Ticketausstellungsmöglichkeit). Diese Regelungen gelten für alle Marktteilnehmer gleichermaßen.

Gängig ist hier, dass die Airline das Reisebüro verpflichtet, die Flüge entsprechend der Beförderungsbedingungen zu vermitteln und das Tarifmodell der Airlines nicht bewusst zu unterlaufen. Dies ist in der IATA Resolution 830a festgelegt:

IATA Res 830a meinte:
All Agents be reminded that practices such as those listed herein, in other applicable Resolutions, or in Carriers written instructions, but not limited thereto, violate the governing conditions referred to above. They harm Members’ legitimate interests and can accordingly result in action being taken under the provisions of the Sales Agency Rules and Passenger Sales Agency Agreement. e.g. charging the Agent with the difference between the fare applied and the fare applicable to the service in accordance with Members' tariffs.

...
1.12 issuing/selling a ticket with a fictitious point of origin or destination in order to undercut the applicable fare (cross border selling)
...

Lufthansa Group Airlines Booking & Ticketing policy for Business Partners meinte:
Incomplete Usage & Out of Sequence

It is not permitted to make reservations different from the passenger’s real itinerary including fictitious segments with the aim to undercut the applicable fare. This includes booking and issuing round-trips for the purpose of one-way use or partial travel only as well as amending itineraries without passenger request.

Should the customer change their travel plans for return flight(s) at their destination, and the original ticket does not allow rebooking/rerouting, a Lufthansa Group ticket should be bought and issued in same PNR to avoid ADM. IATA Resolution 830 as well as Selling Agreements between CRS users and CRS providers do not allow any reservation without a specific customer request. Thus, speculative/fictitious bookings (entire fictitious bookings or single fictitious segments) violate contractual agreements as well as fare rules, paragraph SR (Sales Restriction).

Da die Airlines wissen, das sie nur schwer oder schlecht an den Endkunden des Reisebüros herankommen, bzw. die Endkundendaten teilweise gar nicht vorliegen haben, erfolgt die Abrechnung solcher vermeintlicher Verletzungen der Booking Policy über ein sogenanntes "Agent Debit Memo" - kurz ADM.

Lufthansa hat sich hier in der Vergangenheit dann immer auf folgenden Standpunkt gegenüber den Reisebüros gestellt:

Ticket 220-9********7 was used incompletely.

We debit you on base of itinerary actually flown as you were aware of passenger's travel plans and missed to recalculate fare according to actual itinerary flown....

Damit fängt für die Reisebüros dann der Spaß an, da Lufthansa die Einsprüche gegen diese Nachbelastungen in aller Regel kategorisch ablehnt - und ähnlich dem Finanzamt im IATA BSP Abrechnungssystem am längeren Hebel sitzt und den Reisebüros die ADM einfach mal vom Agenturkonto einziehen lässt.

Von daher - ja, in der Theorie alles ein Unding, aber in der Praxis für die Reisebüros eine harte Nuss. Ein mir bekanntes Reisebüro hatte vor ein paar Jahren einmal die ADMs erstmal nicht gezahlt und per Eskalation bei der IATA wegen Missbrauch des ADM-Systems dann eine Rückbuchung erreichen können - in der Folge hat Lufthansa dieses Reisebüro dann halt vorübergehend einfach für weitere Buchungen gesperrt. Im deutschen Heimatmarkt ist das natürlich dann stark geschäftsschädigend - das kann sich hier kaum ein Reisebüro leisten, und Lufthansa weiß das natürlich auch.

Von daher ist es im Zweifelsfall erst einmal eine Art Selbstbedienungsladen, wenn die Airline sich entscheidet, die ADMs erst einmal einfach einzuziehen. Das Reisebüro kann dann erstmal schauen, wie es wieder an sein Geld kommt...

Ich teile an sich die Meinung von Airsicknessbag, dass eine Airline nicht das Reisebüro für Vertragsverletzungen des Passagiers haftbar machen sollte. Vor einiger Zeit hätte ich auch noch draufgesetzt, dass Reisebüros wettbewerbswidrig benachteiligt werden, da man im Direktvertrieb nicht an die Endkunden herangegangen ist - wobei sich das mittlerweile ja relativiert hat...

Das Problem an sich stellt sich nach meiner Erfahrung in der Realität nicht, wenn man wirklich mal ein Ticket aus einem guten Grund nicht vollständig ausnutzen kann. In Österreich gab es dazu ja im März 2013 auch bereits ein höchstrichterliches Urteil des Obersten Gerichtshofs, wonach die Airline keinerlei Couponreihenfolge vorschreiben darf, wenn zum Zeitpunkt des Ticketkaufs nicht bereits die Absicht bestand, dass Tarifsystem der Fluggesellschaften bewusst zu umgehen. Mit einem entsprechenden ärztlichen Attest beispielsweise kann dann die Couponreihenfolge aufgehoben werden. In der Praxis habe ich auch in Deutschland noch keine Kenntnis einer Nachbelastung durch die Airline, sofern nicht entweder ein unglücklicher Eingriff des Reisebüros in die Buchung vorlag - oder eben seitens der Airline ein Verhaltensmuster nachweisbar ist, dass ein Fluggast eben regelmäßig seine Tickets nicht vollständig ausnutzt.

Bei uns im Reisebüro sorgen wir in jedem Fall dafür, dass wir unsere Kunden zum Thema Couponreihenfolge aufklären. Losgelöst vom Thema einer Nachbelastung gibt es ja auch noch das Thema Flugunregelmäßigkeiten - hier besteht der Beförderungsvertrag ja in aller Regel zum gebuchten Endziel, und nicht zu einem mehr oder weniger zufällig gewählten Transferpunkt. Nicht jeder Airline-Mitarbeiter ist im Irreg-Fall dann so kulant, zum Transferpunkt zu rerouten - manche gehen hier ganz strikt zum Endziel. Auch vor diesem Hintergrund sollte der Fluggast, der ein Ticket von/nach dem (günstigeren) Startpunkt im EU-Ausland erwirbt, über das Thema informiert sein.

Ich denke ich kann hier für alle Reisebüro-Kollegen sprechen, dass wir Reisebüros sehr wohl auf der Seite der Kunden stehen. Wir sind Dienstleister im Auftrag der Kunden, und versuchen unsere Kunden nach bestem Wissen und Gewissen bei ihren Reisen zu unterstützen.

Dass wir als Reisebüros aber sicherlich nicht dafür da sind, im Zweifelsfall für alle Maximierer dieser Welt etwaige Rechtsstreitigkeiten für ein paar überschaubare Euro Service-Entgelt auszufechten, müsste aber auf der anderen Seite auch einleuchtend sein. Müsste man dies universell mit in die Service-Entgelte mit einpreisen, wäre dies sicherlich den Kunden gegenüber nicht fair, die das Tarifsystem der Airlines nicht bewusst unterlaufen (bzw. als Reisebüro in der Summe gar nicht tragbar).

Man darf nicht unter den Tisch fallen lassen, dass wir als Reisebüros eben gerade für unsere (guten) Kunden auch ein gutes Verhältnis zu den Airlines brauchen. Damit man in den Fällen, wo man eben auch einmal für einen Kunden eine Kulanz benötigt, eine Warteliste bestätigt haben möchte oder etwas Anderes außer der Reihe braucht, eben auch auf ein offenes Ohr bei den Airlines stößt.
 

Rambuster

Guru
09.03.2009
19.551
238
Point Place, Wisconsin
Angesprochen auf solche Fälle (ADM an das Reisebüro) sagte mir mein Reisebüro, dass sie jeden Tag einen riesigen Stapel an Tickets haben, die von Kunden nicht zu Ende geflogen werden. Der Klassiker ist dann Hinflug angetreten, Rückflug Verfällen lassen - aus welchen Gründen auch immer, meist Terminänderungen. Für solche Fälle kann das Reisebüro wirklich nichts.

Problematisch ist dann eher, wenn wissentlich Konstrukte gebucht werden, bei dem man annehmen kann, dass das Reisebüro wusste, was die eigentliche Intention war.

Beim Spezialthema ex-CAI Tickets (non EU recht) würde mir damals jedoch ausdrücklich gesagt, dass ich diese bitte zu Ende fliegen soll, da LH hier sehr genau hinschaut. (Das CAI Thema hat sich ja mittlerweile so gut wie erledigt). Diese Tickets habe ich immer zu Ende geflogen. BA hat übrigens auch weiterhin teilweise gut ex-CAI Tarife!

User ThorstenCGN oder auch rcs können hier sicherlich auch Stories zu CAI erzählen - oder vielleicht auch besser nicht. :eek:
 

XT600

Erfahrenes Mitglied
16.03.2009
21.887
1.493
deshalb: einfach alles direkt bei der Airlinewebsite buchen - dann kann man machen was man will und "die Airlines" können sich direkt an den Kunden wenden und dort nachbelasten. Es geht hier im übrigen nicht um das Wegfallen-lassens oder das irre Tarifsystem (das Flüge mit anderen Endzielen günstiger macht) sondern allein um das völlig intransparente Nachbelasten von XXX€. Sollten "die Airlines" zukünftig ein transparentes System entwickeln, welches eine zuverlässige Aussage über die monetären Folgen des Weglassens machen kann, stellt sich die Situation wieder anders dar!

... dass eine Airline nicht das Reisebüro für Vertragsverletzungen des Passagiers haftbar machen sollte.
Vertragsverletzung ist schon ein ziemlicher hartes Wort dafür, dass ich mich "laut Vertrag" nicht selber entscheiden darf ob ich eine bezahlte Leistung nicht nutzen möchte? Oder ob ich gar nichts dazu kann.

Ja wenn ich in München wohne und den Weiterflug nach Stockholm verfallen lasse, kann man annehmen, dass die Absicht von Anfang an bestand. Und wie will das "die Airline" denn nachweisen? Ist der Aufwand wert, die 200€ mehr reinzuholen?

Ja es soll Nachahmer abschrecken, wie die Strafzettel Rechtshilfe der Holländer bei deutschen Autobesitzern....
 
Zuletzt bearbeitet:

XT600

Erfahrenes Mitglied
16.03.2009
21.887
1.493
Angesprochen auf solche Fälle (ADM an das Reisebüro) sagte mir mein Reisebüro, dass sie jeden Tag einen riesigen Stapel an Tickets haben, die von Kunden nicht zu Ende geflogen werden. Der Klassiker ist dann Hinflug angetreten, Rückflug Verfällen lassen - aus welchen Gründen auch immer, meist Terminänderungen. Für solche Fälle kann das Reisebüro wirklich nichts.

Problematisch ist dann eher, wenn wissentlich Konstrukte gebucht werden, bei dem man annehmen kann, dass das Reisebüro wusste, was die eigentliche Intention war.

Genau, lieber RCS, wie erklärst du denn die jahrelang gängigen Cross-Tickets "den Airlines"? da stehen die übrigen legs wochen, monatelang ungenutzt und oft verfallen die nach 1 Jahr
 
Zuletzt bearbeitet:

XT600

Erfahrenes Mitglied
16.03.2009
21.887
1.493
Ich denke er muss hier gar nichts erklären!
Wir sind hier nicht vor Gericht Herr Staatsanwalt XT5,99!

RCS erklärt uns doch oben ausführlich die Situation für die armen offline Reisebüros wie sie in "Haft" genommen werden von "den Airlines" (gemeint ist höchstwahrscheinlich "die Lufthansa Group") - das ist verständlich aber wie du Rambuster schreibst, gibt's täglich tausende ADMs wegen nicht geflogener legs und die klassichen Crosstickets schon alleine die Ausstellung eigentlich nicht zulässig waren (Ausstellung Ticket im Ausland)

- ich kenne Fälle so ca. 1995 wo VDO (oder war es Siemens VDO) den Mitarbeitern in Deutschland one-way Tickets nach Korea ausgestellt hat und dann die örtliche Gesellschaft für den Mitarbeiter eine neues one-way Ticket zurück kaufen musste, weil das RB in DE es nicht ausstellen konnte (durfte)...
 

nevek

Erfahrenes Mitglied
02.01.2013
2.782
6
SHA/MUC
Von daher - ja, in der Theorie alles ein Unding, aber in der Praxis für die Reisebüros eine harte Nuss. Ein mir bekanntes Reisebüro hatte vor ein paar Jahren einmal die ADMs erstmal nicht gezahlt und per Eskalation bei der IATA wegen Missbrauch des ADM-Systems dann eine Rückbuchung erreichen können - in der Folge hat Lufthansa dieses Reisebüro dann halt vorübergehend einfach für weitere Buchungen gesperrt. Im deutschen Heimatmarkt ist das natürlich dann stark geschäftsschädigend - das kann sich hier kaum ein Reisebüro leisten, und Lufthansa weiß das natürlich auch.

Von daher ist es im Zweifelsfall erst einmal eine Art Selbstbedienungsladen, wenn die Airline sich entscheidet, die ADMs erst einmal einfach einzuziehen. Das Reisebüro kann dann erstmal schauen, wie es wieder an sein Geld kommt...

Bei uns im Reisebüro sorgen wir in jedem Fall dafür, dass wir unsere Kunden zum Thema Couponreihenfolge aufklären. Losgelöst vom Thema einer Nachbelastung gibt es ja auch noch das Thema Flugunregelmäßigkeiten - hier besteht der Beförderungsvertrag ja in aller Regel zum gebuchten Endziel, und nicht zu einem mehr oder weniger zufällig gewählten Transferpunkt. Nicht jeder Airline-Mitarbeiter ist im Irreg-Fall dann so kulant, zum Transferpunkt zu rerouten - manche gehen hier ganz strikt zum Endziel. Auch vor diesem Hintergrund sollte der Fluggast, der ein Ticket von/nach dem (günstigeren) Startpunkt im EU-Ausland erwirbt, über das Thema informiert sein.

Ich denke ich kann hier für alle Reisebüro-Kollegen sprechen, dass wir Reisebüros sehr wohl auf der Seite der Kunden stehen. Wir sind Dienstleister im Auftrag der Kunden, und versuchen unsere Kunden nach bestem Wissen und Gewissen bei ihren Reisen zu unterstützen.

Dass wir als Reisebüros aber sicherlich nicht dafür da sind, im Zweifelsfall für alle Maximierer dieser Welt etwaige Rechtsstreitigkeiten für ein paar überschaubare Euro Service-Entgelt auszufechten, müsste aber auf der anderen Seite auch einleuchtend sein. Müsste man dies universell mit in die Service-Entgelte mit einpreisen, wäre dies sicherlich den Kunden gegenüber nicht fair, die das Tarifsystem der Airlines nicht bewusst unterlaufen (bzw. als Reisebüro in der Summe gar nicht tragbar).

Man darf nicht unter den Tisch fallen lassen, dass wir als Reisebüros eben gerade für unsere (guten) Kunden auch ein gutes Verhältnis zu den Airlines brauchen. Damit man in den Fällen, wo man eben auch einmal für einen Kunden eine Kulanz benötigt, eine Warteliste bestätigt haben möchte oder etwas Anderes außer der Reihe braucht, eben auch auf ein offenes Ohr bei den Airlines stößt.

Angesprochen auf solche Fälle (ADM an das Reisebüro) sagte mir mein Reisebüro, dass sie jeden Tag einen riesigen Stapel an Tickets haben, die von Kunden nicht zu Ende geflogen werden. Der Klassiker ist dann Hinflug angetreten, Rückflug Verfällen lassen - aus welchen Gründen auch immer, meist Terminänderungen. Für solche Fälle kann das Reisebüro wirklich nichts.


Versteh ich es richtig dass die meisten Reisebüro dann auf die Kosten von den ADMs sitzen bleiben müssen?
 

XT600

Erfahrenes Mitglied
16.03.2009
21.887
1.493
Versteh ich es richtig dass die meisten Reisebüro dann auf die Kosten von den ADMs sitzen bleiben müssen?

gute Frage, so verstehe ich das auch und so will es uns die Comunity hier wohl weiss machen... glauben kann ich es ehrlch gesagt nicht!
 

rcs

Gründungsmitglied
Teammitglied
06.03.2009
27.568
4.718
München
Angesprochen auf solche Fälle (ADM an das Reisebüro) sagte mir mein Reisebüro, dass sie jeden Tag einen riesigen Stapel an Tickets haben, die von Kunden nicht zu Ende geflogen werden. Der Klassiker ist dann Hinflug angetreten, Rückflug Verfällen lassen - aus welchen Gründen auch immer, meist Terminänderungen. Für solche Fälle kann das Reisebüro wirklich nichts.
Im Europa-Verkehr hat sich das ja mittlerweile durch die Einführung der One-Way-Tarifstruktur relativiert, da dort der One-Way heutzutage in den meisten Fällen nicht mehr teurer ist als der Return. Das "Problem" haben wir letztlich nur noch auf der Langstrecke, wo ein kundenfreundliches One-Way-Tarifmodell bis dato nur von der TAP als "Major Airline" flächendeckend eingeführt wurde.

Beim Spezialthema ex-CAI Tickets (non EU recht) würde mir damals jedoch ausdrücklich gesagt, dass ich diese bitte zu Ende fliegen soll, da LH hier sehr genau hinschaut. (Das CAI Thema hat sich ja mittlerweile so gut wie erledigt). Diese Tickets habe ich immer zu Ende geflogen. BA hat übrigens auch weiterhin teilweise gut ex-CAI Tarife!

User ThorstenCGN oder auch rcs können hier sicherlich auch Stories zu CAI erzählen - oder vielleicht auch besser nicht. :eek:
Highlight war definitiv die eine ADM, bei der dem Kunden das Rerouting via ZRH auf LX in First verweigert wurde... woraufhin der Kunde folglich darauf verzichtet hat, in Business auf Kont-Fluggerät statt First auf Langstrecken-Fluggerät von FRA nach CAI zu fliegen. Die ADM wurde dann auch nach einiger Diskussion zurückgenommen.
 

haraldw

Erfahrenes Mitglied
20.03.2012
898
395
VIE
So, um jetzt etwas Licht ins Dunkel zu bringen was die Rolle der Reisebüros betrifft:

Grundlage der Zusammenarbeit zwischen Airline und Reisebüro sind eine etwaige Verkaufsvereinbarung zwischen Airline und Reisebüro, die einschlägigen IATA Resolutionen sowie die von der Airline veröffentlichte Booking Policy. Auf dieser Basis lässt die Airline Reisebüros Flüge buchen (egal ob NON-IATA Reisebüro ohne Ticketausstellungsmöglichkeit oder IATA-Reisebüro mit Ticketausstellungsmöglichkeit). Diese Regelungen gelten für alle Marktteilnehmer gleichermaßen.

Gängig ist hier, dass die Airline das Reisebüro verpflichtet, die Flüge entsprechend der Beförderungsbedingungen zu vermitteln und das Tarifmodell der Airlines nicht bewusst zu unterlaufen. Dies ist in der IATA Resolution 830a festgelegt:





Da die Airlines wissen, das sie nur schwer oder schlecht an den Endkunden des Reisebüros herankommen, bzw. die Endkundendaten teilweise gar nicht vorliegen haben, erfolgt die Abrechnung solcher vermeintlicher Verletzungen der Booking Policy über ein sogenanntes "Agent Debit Memo" - kurz ADM.

Lufthansa hat sich hier in der Vergangenheit dann immer auf folgenden Standpunkt gegenüber den Reisebüros gestellt:



Damit fängt für die Reisebüros dann der Spaß an, da Lufthansa die Einsprüche gegen diese Nachbelastungen in aller Regel kategorisch ablehnt - und ähnlich dem Finanzamt im IATA BSP Abrechnungssystem am längeren Hebel sitzt und den Reisebüros die ADM einfach mal vom Agenturkonto einziehen lässt.

Von daher - ja, in der Theorie alles ein Unding, aber in der Praxis für die Reisebüros eine harte Nuss. Ein mir bekanntes Reisebüro hatte vor ein paar Jahren einmal die ADMs erstmal nicht gezahlt und per Eskalation bei der IATA wegen Missbrauch des ADM-Systems dann eine Rückbuchung erreichen können - in der Folge hat Lufthansa dieses Reisebüro dann halt vorübergehend einfach für weitere Buchungen gesperrt. Im deutschen Heimatmarkt ist das natürlich dann stark geschäftsschädigend - das kann sich hier kaum ein Reisebüro leisten, und Lufthansa weiß das natürlich auch.

Von daher ist es im Zweifelsfall erst einmal eine Art Selbstbedienungsladen, wenn die Airline sich entscheidet, die ADMs erst einmal einfach einzuziehen. Das Reisebüro kann dann erstmal schauen, wie es wieder an sein Geld kommt...

Ich teile an sich die Meinung von Airsicknessbag, dass eine Airline nicht das Reisebüro für Vertragsverletzungen des Passagiers haftbar machen sollte. Vor einiger Zeit hätte ich auch noch draufgesetzt, dass Reisebüros wettbewerbswidrig benachteiligt werden, da man im Direktvertrieb nicht an die Endkunden herangegangen ist - wobei sich das mittlerweile ja relativiert hat...

Das Problem an sich stellt sich nach meiner Erfahrung in der Realität nicht, wenn man wirklich mal ein Ticket aus einem guten Grund nicht vollständig ausnutzen kann. In Österreich gab es dazu ja im März 2013 auch bereits ein höchstrichterliches Urteil des Obersten Gerichtshofs, wonach die Airline keinerlei Couponreihenfolge vorschreiben darf, wenn zum Zeitpunkt des Ticketkaufs nicht bereits die Absicht bestand, dass Tarifsystem der Fluggesellschaften bewusst zu umgehen. Mit einem entsprechenden ärztlichen Attest beispielsweise kann dann die Couponreihenfolge aufgehoben werden. In der Praxis habe ich auch in Deutschland noch keine Kenntnis einer Nachbelastung durch die Airline, sofern nicht entweder ein unglücklicher Eingriff des Reisebüros in die Buchung vorlag - oder eben seitens der Airline ein Verhaltensmuster nachweisbar ist, dass ein Fluggast eben regelmäßig seine Tickets nicht vollständig ausnutzt.

Bei uns im Reisebüro sorgen wir in jedem Fall dafür, dass wir unsere Kunden zum Thema Couponreihenfolge aufklären. Losgelöst vom Thema einer Nachbelastung gibt es ja auch noch das Thema Flugunregelmäßigkeiten - hier besteht der Beförderungsvertrag ja in aller Regel zum gebuchten Endziel, und nicht zu einem mehr oder weniger zufällig gewählten Transferpunkt. Nicht jeder Airline-Mitarbeiter ist im Irreg-Fall dann so kulant, zum Transferpunkt zu rerouten - manche gehen hier ganz strikt zum Endziel. Auch vor diesem Hintergrund sollte der Fluggast, der ein Ticket von/nach dem (günstigeren) Startpunkt im EU-Ausland erwirbt, über das Thema informiert sein.

Ich denke ich kann hier für alle Reisebüro-Kollegen sprechen, dass wir Reisebüros sehr wohl auf der Seite der Kunden stehen. Wir sind Dienstleister im Auftrag der Kunden, und versuchen unsere Kunden nach bestem Wissen und Gewissen bei ihren Reisen zu unterstützen.

Dass wir als Reisebüros aber sicherlich nicht dafür da sind, im Zweifelsfall für alle Maximierer dieser Welt etwaige Rechtsstreitigkeiten für ein paar überschaubare Euro Service-Entgelt auszufechten, müsste aber auf der anderen Seite auch einleuchtend sein. Müsste man dies universell mit in die Service-Entgelte mit einpreisen, wäre dies sicherlich den Kunden gegenüber nicht fair, die das Tarifsystem der Airlines nicht bewusst unterlaufen (bzw. als Reisebüro in der Summe gar nicht tragbar).

Man darf nicht unter den Tisch fallen lassen, dass wir als Reisebüros eben gerade für unsere (guten) Kunden auch ein gutes Verhältnis zu den Airlines brauchen. Damit man in den Fällen, wo man eben auch einmal für einen Kunden eine Kulanz benötigt, eine Warteliste bestätigt haben möchte oder etwas Anderes außer der Reihe braucht, eben auch auf ein offenes Ohr bei den Airlines stößt.
Kartellrecht, ich hör dich trapsen.

Solche Vorgänge (ADM), insbesondere ungerechtfertigte, gehören dokumentiert und als Konvolut an die EU Kommission geschickt, vor allem, wenn ein ADM bei Staatsangehörigen versucht wird, bei denen nach nationaler Lage sehr wahrscheinlich nix seitens des Reisebüros bei einer Weiterverrechnung zu holen sein wird. Das würde ich aus einem ersten Reflex als Marktmißbrauch einstufen.

Die Frage ist eher, ob die Kommission dann was tut.
 
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bluesaturn

Erfahrenes Mitglied
27.05.2014
3.738
351
Von daher - ja, in der Theorie alles ein Unding, aber in der Praxis für die Reisebüros eine harte Nuss. Ein mir bekanntes Reisebüro hatte vor ein paar Jahren einmal die ADMs erstmal nicht gezahlt und per Eskalation bei der IATA wegen Missbrauch des ADM-Systems dann eine Rückbuchung erreichen können - in der Folge hat Lufthansa dieses Reisebüro dann halt vorübergehend einfach für weitere Buchungen gesperrt. Im deutschen Heimatmarkt ist das natürlich dann stark geschäftsschädigend - das kann sich hier kaum ein Reisebüro leisten, und Lufthansa weiß das natürlich auch.
Ist das ueberhaupt legal und kein Ausnutzen der Marktstellung?
 
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rcs

Gründungsmitglied
Teammitglied
06.03.2009
27.568
4.718
München
deshalb: einfach alles direkt bei der Airlinewebsite buchen - dann kann man machen was man will und "die Airlines" können sich direkt an den Kunden wenden und dort nachbelasten. ns machen kann, stellt sich die Situation wieder anders dar!
Es soll aber halt auch Leute geben, die persönlichen Service bevorzugen... Oder die dank eben einer Wartelisten-Anfrage des Reisebüros Verfügbarkeiten bekommen, die es auf der Website nicht gibt...

...gemeint ist höchstwahrscheinlich "die Lufthansa Group"...
Naja, darum geht es hier gerade primär. Aber wenn Du Dir den Thread vollständig durchgelesen hättest, wäre Dir aufgefallen, das z.B. auch BA referenziert wurde.

QR macht es rechtlich am Elegantesten: Am Transferpunkt händigt man kategorisch kein Gepäck aus, außer man zahlt nachträglich auf. Damit hat QR der Praxis vieler in Doha Ansässigen, einfach mal einen Schwanzflug in ein Nachbarland mitzubuchen, quasi einen Riegel vorgeschoben - da sind jetzt nur noch die Handgepäck-Flieger übrig...

Versteh ich es richtig dass die meisten Reisebüro dann auf die Kosten von den ADMs sitzen bleiben müssen?
Im Zweifelsfall wenn es blöd läuft: Ja.
 

FREDatNET

Erfahrenes Mitglied
11.07.2010
8.301
9
VIE
Danke rcs für deine ausführliche Erklärung.

Trotzdem sehe ich nicht, dass ich den status quo falsch dargestellt hätte. Die Airlines erhöhen den Druck auf die Reisebüros und mangels Hebel versuchen diese das Risiko mit ihren Bedingungen auf den Kunden abzuwälzen. Nicht mehr und nicht weniger. Ich schrieb auch schon mehrmals, das mein Einwurf in keiner Weise ein Vorwurf an dich oder auch andere RBs ist.

Was mich an der ganzen Sache gestört hat, bzw. stört ist, dass man mit dem expliziten zustimmen zu einer möglichen Nachberechnung (auf den € genau angeführt) sich weitestgehend der Möglichkeit beraubt, sich gegen benachteiligende Nachforderungen vernünftig wehren zu können. Denn damit fällt das Argument der Intransparenz weg. Ich glaube dir, dass du auf der Seite des Kunden stehst, deshalb buche ich auch gerne und öfters bei dir, auch in Zukunft. Aber wie du schreibst, LH kann dich existenzbedrohend schikanieren, der einzelne Kunde nicht... und am Ende des Tages wäre wohl das Hemd näher als der Rock. Auch wenn man nicht „Maximierer“ sein muss, dass das einen betreffen kann...

Ich denke trotzdem dass die Diskussion gut ist, denn jeder der wirklich mal bewusst etwas zwielichtiges buchen möchte, kann aus den Ausführungen hier seine Lehren ziehen und entsprechend agieren.
 
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A

Anonym38428

Guest
deshalb: einfach alles direkt bei der Airlinewebsite buchen - dann kann man machen was man will

Das kann man als „Tipp“ nicht so unkommentiert stehen lassen. Wer möchte, dass die AGB und ABB (ob sie nun statthaft sind oder nicht ...) der Airline wirksam einbezogen werden, der mag das tun. Wer bewusst das Tarifsystem unterlaufen will, wird sich besser ein OTA für die Buchung suchen.
 

bNNddd?!

Erfahrenes Mitglied
03.01.2017
987
458
Das kann man als „Tipp“ nicht so unkommentiert stehen lassen. Wer möchte, dass die AGB und ABB (ob sie nun statthaft sind oder nicht ...) der Airline wirksam einbezogen werden, der mag das tun. Wer bewusst das Tarifsystem unterlaufen will, wird sich besser ein OTA für die Buchung suchen.

Das ist doch zumindest momentan völlig egal, zumindest was das Auslassen des letzten Legs angeht. Das Nachberechnen dieser Praxis scheitert ja nicht an irgendwelchen AGBs sondern an der fehlenden Transparenz des endgültigen Preises.
 

kexbox

Erfahrenes Mitglied
04.02.2010
6.431
3.059
Neuss
www.drboese.de
Das ist doch zumindest momentan völlig egal, zumindest was das Auslassen des letzten Legs angeht. Das Nachberechnen dieser Praxis scheitert ja nicht an irgendwelchen AGBs sondern an der fehlenden Transparenz des endgültigen Preises.

Es geht ja auch um so Dinge wie Ausschluss der Kündbarkeit nach § 649 BGB. Das kriegen viele OTAs nicht (wirksam) einbezogen, wie ich meine. In Kürze dürfte ich da eine Entscheidung des AG FFM präsentieren können. Die Airline wehrt sich mit ihren Tarifbestimmungen, legt aber nicht da, wie sie bei $OTAWieJederAndere einbezogen worden sein soll (was tatsächlich nicht der Fall war).
 

schlauberger

Erfahrenes Mitglied
17.02.2013
2.427
202
Ticket 220-9********7 was used incompletely.

We debit you on base of itinerary actually flown as you were aware of passenger's travel plans and missed to recalculate fare according to actual itinerary flown....

Interessehalber: wie berechnet dann LH konkret? Auf Basis damaliger Preise? Oder gibt es da interne (vertragliche) Rechnungsgrundlagen?
 

nevek

Erfahrenes Mitglied
02.01.2013
2.782
6
SHA/MUC
Interessehalber: wie berechnet dann LH konkret? Auf Basis damaliger Preise? Oder gibt es da interne (vertragliche) Rechnungsgrundlagen?

Das würde mich auch interessieren:eek:

Was passiert wenn jemand einen MXP-JFK 800 Euro nicht zu Ende fliegt und ich FRA aussteigt? Wie wird da die Tarifdifferenz auf dem Rückflug berechnet?

Wir da ein One-way JFK-FRA dazugerechnet wenn in diesem Fall die Tarifregeln MXP-FRA-JFK JFK-FRA als RT-Kombination nicht zulassen?
 

kexbox

Erfahrenes Mitglied
04.02.2010
6.431
3.059
Neuss
www.drboese.de
Es wird Dir MXP-FRA-JFK-FRA berechnet zum Preis, der bei Buchung gegolten hätte. Und dann machen wir hier einen neuen Thread auf.
TipP: Besser bei deutschsprachigem OTA buchen, der Tarifbestimmungen nicht / nicht richtig (nur auf englisch) einbezieht, alles schön dokumentieren mit Screenshots. Aber das Risiko, dass LH zuschnappt, halte ich für eher gering.
 

Rambuster

Guru
09.03.2009
19.551
238
Point Place, Wisconsin
Das würde mich auch interessieren:eek:

Was passiert wenn jemand einen MXP-JFK 800 Euro nicht zu Ende fliegt und ich FRA aussteigt? Wie wird da die Tarifdifferenz auf dem Rückflug berechnet?

Wir da ein One-way JFK-FRA dazugerechnet wenn in diesem Fall die Tarifregeln MXP-FRA-JFK JFK-FRA als RT-Kombination nicht zulassen?

Ich denke LH berechnet dann FRA-JFK-FRA - mit Full fare, da zu diesem geflogenen Zeitraum nur noch Y verfügbar war.
(Dass zum Buchungszeitpunkt auch günstige Klassen verfügbar gewesen wären, wird ausgeblendet).

So hat LH zumindest argumentiert als ich freiwillig auf einen anderen Flug gewechselt bin.
Plötzlich hatte ich dann am Gate nur noch einen Y BP anstelle von C.
Da ich freiwillig gewechselt bin (ohne dass man mir sagte, dass es ein downgraded gibt) hatte ich schlecht Karten. Man hat mir dann die Differenz von meinem Z Ticket zu Full fare Y gezahlt. (€80!).

Lesson learned!
Mache ich nie wieder.
 

wideroe

Erfahrenes Mitglied
13.01.2011
2.379
887
So hat LH zumindest argumentiert als ich freiwillig auf einen anderen Flug gewechselt bin.
Plötzlich hatte ich dann am Gate nur noch einen Y BP anstelle von C.
Da ich freiwillig gewechselt bin (ohne dass man mir sagte, dass es ein downgraded gibt) hatte ich schlecht Karten. Man hat mir dann die Differenz von meinem Z Ticket zu Full fare Y gezahlt. (€80!).

Wie geil ist das denn? Die suchen einen Freiwilligen in der Business, der zum Dank dann auf dem anderen Flug in der Eco landet und dafür auch noch eine Full Fare angerechnet bekommt? Oder verstehe ich hier etwas falsch? So dreist kann ja eigentlich noch nicht mal Lufthansa sein...
 
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flyglobal

Erfahrenes Mitglied
25.12.2009
5.617
519
- ich kenne Fälle so ca. 1995 wo VDO (oder war es Siemens VDO) den Mitarbeitern in Deutschland one-way Tickets nach Korea ausgestellt hat und dann die örtliche Gesellschaft für den Mitarbeiter eine neues one-way Ticket zurück kaufen musste, weil das RB in DE es nicht ausstellen konnte (durfte)...

weiteres Beispiel: ich selber wurde Anfang 20ß6 auf mein fast 4 Jähriges Expat Assignment auch mit zu verfallendem Return ticket auf Reise geschickt - mit der Maßgabe: verfallen lassen wegen der kosten, unabhängig von Dienstreisen. Und das vom Großkunden Vertrag aus. Das war Standard und hat keinen gekratzt.
das kann inzwischen anders sein. Dafür noch vergleichsweise fette Meilen damals.