OK, wollte erst was anderes scheiben, aber A321LR ist auch eine Diskussion wert.
Ich habe gestern erstaunt festgestellt, das Aer Lingus die ASL 757 auf der Route DUB-PHL jetzt mit einem A321neoLR ersetzt hat. Und gestern hatten wir sehr heftigen Gegenwind, LH hat das Sturmfeld südlich umflogen und trotzdem haben wir > 9h gebraucht, schon ohne XLR hat es der EI Airbus aber offenbar mitten durchs Sturmfeld gut über den Atlantik geschafft. Um die Amerikanische Ostküste an Westeuropa anzubinden, kann der A321neoLR durchaus zum Flugzeug der Wahl werden. Statt z.B. einen A330 nach EWR oder PHL zu schicken, schickt man einfach je einen A321, oder statt einem A330 am Tag zwei A321 im Abstand von 3-4 Stunden, das macht die Kunden glücklicher und erhöht die Variablität. Und mehr Komfort als 787/777 bietet der Flieger in der Eco auch noch.
Allein fehlt mir immer noch der Glaube, dass die DOCs tatsächlich geringer sind. Wenn ja, bin ich mit meinen Luftfahrtingenieurwissen am Ende. Moderne, extra für die Langstrecke optimierte Flügel müssen einfach deutlich besser sein, als ein 35 Jahre alter Kurzstreckenflügel mit dafür eigentlich zu großen Triebwerken. Oder ist der Trick einfach, dass für die "kurze Langstrecke" über den Atlantik die Flugzeuge die noch deutlich länger können einfach zu schwer sind? Mir ist immer noch ein Rätsel, wie man allein mit neuen Triebwerken und Zusatztanks ein offenbar so wirtschaftliches Flugzeug erschaffen kann.
So zurück zum eigentlichen Postgrund:
Boeing beginnt bei NMA von vorne
Interessant finde ich vor allem:
Calhoun erklärte nun, die Entwicklung des NMA müsste sich zuerst um die Flugsteuerung drehen und darum, wie die Piloten damit interagieren. Darauf aufbauend werde man weitere Entscheidungen über die Konstruktion des Fliegers treffen. Es gehe darum, einen Flieger für die Marktbedürfnisse der Zukunft zu entwickeln, so Boeing.
Bisher bin ich immer davon ausgegangen, das Kapazität, Reichweite und Kosten (meist DOCs) der Treiber bei der Konstruktion sind, Fly-by-Wire macht man nicht weil der Kunde Fly-by-Wire will, sondern weil es Gewicht spart und einen "schärferen" aerodynamischen Entwurf ermöglicht. Sozusagen "Form follows Function", jetzt einen Neuentwurf auf Detailwünsche der Kunden in Bezug auf die Flugsteuerung zu machen, ist ein völlig neuer Ansatz. Die Flugsteuerung sollte dem Kunden im Prozip herzlich egal sein, sie ist bestenfalls ein Mittel zum Zweck.
Noch interessanter finde ich
Das erinnert ... an Berichte, laut denen einige Kunden sich für die Zukunft ein NMA wünschen, das von nur einem Piloten gesteuert werden kann.
Wenn man so in die Industrie lauscht, ist für spätestens 2030 Single Pilot und für 2035 autonomes Fliegen geplant. Wobei ja genaugenommen Single Pilot bereits bedeutet, das das Flugzeug im Notfall auch autonom fliegen kann, der nächste Schritt ist daher in der Tat ein relativ schneller.
Wie viel Kosten spart man am Ende wohl mit Single Pilot? Vor ein Paar Jahren bezifferte man mal die Kosten für die Flight Crew mit 2% (weniger als Ticketing und deutlich weniger als Werbung...), ein Flugzeug das Single Pilot kann, dürfte aber sehr viel deutlich als 1% teurer sein. Die Wartung entsprechend ganz sicher auch, wenn man noch höhere Systemzuverlässigkeiten sicherstellen will.
Damit tritt man natürlich all die jahrzehntelange gute Erfahrung mit CRM in die Tonne, der Unfallgrund des von sich überzeugten Piloten wird damit zum neuen Ziel. Was das in Bezug auf Ausbildung und Auswahl angeht, ist kaum abzuschätzen. Wir brauchen wieder Einzelkämpfer statt Teamplayer, starke, entschlossene statt kommunikations- und integrationsfähige Piloten. Ausserdem würde das cross qualification und Umstieg extrem schwer machen, man wird schwerlich einen auf 2 Mann Cockpit trainierten Piloten mal eben allein in ein Flugzeug setzen können, und umgekehrt wohl auch nicht. Die Systemarchitektur des Cockpits müsste wohl ganz extrem anders werden.
Bin sehr gespannt, wo dieser Weg hinführt.
Und ob die Airlines da die Rechnung mit dem Kunden gemacht haben. Deren Vertrauen, insbesondere in die Boeing Systeme, dürfte aktuell wenig ausgeprägt sein. Genau wie bei der Max werden zwei Abstürze ausreichen, um das ganze Konzept jahrelang in Frage zu stellen...